Wenn Bahnkunden dringend Ersatzteile benötigen, fertigt sie Siemens Mobility immer öfter im 3D-Druck. Die Ulmer Straßenbahnen waren von einer optimierten Armlehne so begeistert, dass sie die FDM-Komponente auch in Neufahrzeugen nutzen wollen. ❧ Olaf Stauß
Für die Mobility Division der Siemens AG ist das Ersatzteilgeschäft von immenser Bedeutung – nicht zuletzt, um die Zufriedenheiten der Bahnkunden sicherzustellen. Schienenfahrzeuge haben eine Lebensdauer von 30 Jahren und mehr. Ersatzteile müssen sich wesentlich längere Zeit beschaffen lassen. Dies ist für beide Seiten problematisch: Die Teilevielfalt ist sehr hoch, der Bedarf entsteht sporadisch. Ist eigens ein Werkzeug herzustellen, schießen die Kosten in die Höhe und es dauert.
„Wie können wir bei plötzlichem Ersatzteilbedarf am besten behilflich sein?“, zitiert Kai-Uwe Mietzner von Siemens Mobility die Frage, die vor drei Jahren viel diskutiert wurde. Er ist Head of Business Innovations im Ersatzteilservice. Die Überlegungen führten zu dem Geschäftsmodell „Sparovation Part“. Das bedeutet so viel wie „Besserteil“, erklärt Mietzner. Seit anderthalb Jahren wird die Strategie in fahrenden Flotten umgesetzt: Fehlende Ersatzteile stellt Siemens Mobility additiv her. Bei Kunststoffteilen kommt ein 3D-Drucker Fortus 900mc von Stratasys zum Einsatz, der die Teile durch Fused Deposition Modeling (FDM) fertigt. Die Ersatzteile werden aber nicht nur nachgebaut. „Das plumpe Kopieren ist uns zu wenig“, sagt Mietzner – deswegen die Rede von „Sparovation“.
Entsteht ein Bedarf, setzen sich die Siemens-Spezialisten mit dem Bahnkunden zusammen und erörtern in einem „Customer Cocreation Process“, wie sich die benötigten Komponenten optimieren lassen. Dies könnten zum Beispiel Leichtbaumaßnahmen sein oder das Ausmerzen irgendwelcher Schwachstellen. Steht das neue Design, heißt es für das Bauteil fortan nur noch „print-on-demand“: Die Daten sind da, damit ist das Teil permanent verfügbar, ohne Lagerkosten. „In zehn Sekunden identifiziert, in drei Minuten bestellt und in 24 Stunden geliefert“, nennt Mietzner das Siemens-Motto.
Ersatzteil-Order als Chance: Gedruckt wird eine optimierte Variante
Ein aktuelles Beispiel sind Fahrersitz-Armlehnen für die SWU Verkehr GmbH, die in der Ulmer Innenstadt zehn Straßenbahnlinien betreibt. Die Armlehnen wurden kräftig optimiert. Sie erhielten Aussparungen für zusätzliche Schalter und Halter zum Anbringen von Kabelbindern. Weil die Lokführer sich gerne mit vollem Gewicht auf ihnen abstützen – was die Konstrukteure nicht voraussehen konnten – wurden sie so umgestaltet, dass sie nicht mehr so leicht brechen. Nach den gängigen Tests erhalten die FDM-Teile eine Lackierung und Siemens baut sie direkt in die Ulmer Straßenbahn ein.
Die gedruckten Armlehnen sind ein Präzedenzfall: Der Betreiber findet sie so gut, dass sie auch in neuen Fahrzeugen zum Einsatz kommen sollen – das FDM-Teil wird zum Serienteil.
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