Der Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württemberg profitiert derzeit stark von der Zunahme der weltweiten Investitionen und könnte laut dem Branchenverband VDMA 2017 einen Umsatz von mehr als 81 Mrd. Euro realisieren. „Die hohe Nachfrage nach unseren Produkten zeigt, dass die Unternehmen im Land vieles richtig machen, was die Erwartungen der Kunden angeht“, sagte der Vorsitzende des VDMA Baden-Württemberg, Dr. Mathias Kammüller, anlässlich der Vorstellung der jüngsten Konjunkturumfrage des Landesverbandes in Stuttgart.
Gute Auftragssituation der Unternehmen
Fast drei Viertel der Unternehmen beurteilen ihre Auftragseingangssituation als gut oder sehr gut. Für die nächsten Monate geht beinahe jedes dritte der an der Umfrage beteiligten Unternehmen von einer weiteren Verbesserung der Auftragseingänge aus. Die Impulse dazu kommen im Vergleich zum Vorjahr verstärkt aus dem Ausland. Entsprechend setzen 70 % der Unternehmen auf ein Exportwachstum in diesem Jahr.
Mehr Nachfrage aus China und USA
Fast jedes zweite Unternehmen zeigt sich zufrieden mit dem aktuellen Geschäftsverlauf in China – ein deutliches Plus gegenüber Vorjahr. „Die Umfrage zeigt einmal mehr: Der Maschinenbau stellt sich erfolgreich gegen den Abwärtstrend der vergangen zwei Jahre“, so Kammüller. Zugleich könne man nicht davon ausgehen, dass die dynamische Entwicklung des ersten Halbjahrs sich im weiteren Jahresverlauf mit gleich hohen Wachstumsraten fortsetzen werde.
Positiver bewertet als im Vorjahr werden auch die Absatzchancen in den USA. 44 % der befragten Unternehmen sind mit dem stärksten Exportmarkt der baden-württembergischen Maschinenbauer zufrieden – ein Plus von 5 % gegenüber 2016.
„Die Unternehmen haben nach wie vor Vertrauen in den amerikanischen Markt. Dieses Vertrauen in die Mechanismen der freien Marktwirtschaft durch Gespräche auf politischer und administrativer Ebene zu rechtfertigen, wird zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein“, betonte Kammüller.
Brexit kein Schreckensszenario
Den Auswirkungen des Brexit sehen die meisten Unternehmen mit Gelassenheit entgegen, einen Umsatzrückgang aufgrund des Ausscheidens Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt erwartet derzeit nur eine Minderheit. „Allerdings sind die langfristigen Konsequenzen für deutsche Unternehmen schwierig einzuschätzen“, sagte Kammüller. Die Maschinenbauer vertrauten auf eine vernünftige Verhandlungsführung der Austrittsgespräche, mit dem Ziel, die EU und ihren Binnenmarkt nicht zu schwächen, fügte er hinzu.
Umsatz 2017: Rekordwert von 81 Milliarden Euro erwartet
Die Erwartungen der an der Umfrage beteiligten Unternehmen lassen für das laufende Jahr auf einen Umsatzrekord hoffen. 84 % gehen derzeit von einem Umsatzanstieg aus, beinahe die Hälfte sogar von mehr als 5 Prozent. Im gewichteten Durchschnitt erwarten die Unternehmen damit einen Anstieg von nominal mindestens 6 %, dies entspricht einem realen Plus von derzeit 5 %.
Auf Basis dieser Erwartungen könnte der baden-württembergische Maschinenbau 2017 einen Umsatz von 81,2 Mrd. Euro realisieren. Im vergangenen Jahr setzten die Unternehmen insgesamt 76,3 Mrd. Euro um.
Personalaufbau auf hohem Niveau
Laut amtlicher Statistik beschäftigte der Maschinen- und Anlagenbau im vergangenen Jahr im Durchschnitt mehr als 308 000 Menschen. „Der Maschinen- und Anlagenbau ist damit weiter unangefochten der wichtigste industrielle Arbeitgeber im Land. An dieser positiven Beschäftigungslage erwarten wir keine Änderung“, so Kammüller. Über die Hälfte der Unternehmen will in den nächsten Monaten weiter Personal aufbauen, Personalabbau ist nur für 6 % ein Thema.
Betriebe vor weiterem Aufschwung trotz konjunktureller Belastungen
Die Betriebe sehen sich auch im kommenden Jahr weiter im Aufschwung. Für 2018 erwarten knapp 80 % der Unternehmen ein Umsatzwachstum. Trotz des großen Optimismus gibt es auch Warnsignale, die die Maschinenbaukonjunktur belasten könnte.
Deutlich stärker als im vergangenen Jahr tritt der Fachkräftemangel als Hindernis für Wachstum hervor. Die Suche nach Ingenieuren und Facharbeitern steht mit 42 % an erster Stelle der betrieblichen Hemmnisse. Entsprechend hoch ist mit 76 % die Zahl der Betriebe mit offenen Stellen für Ingenieure und Facharbeiter.
Zwischen digitalem Vorreiter und Findungsprozess
Die Digitalisierung ist die zentrale Herausforderung des technologischen Wandels, 80 % der Unternehmen sehen auf diesem Gebiet eine unmittelbare Herausforderung für ihr Geschäftsmodell. Auffallend sind die Unterschiede im Bereich der digitalen Vorreiter. Während jedes vierte Unternehmen den eigenen Reifegrad im Bereich smarter Endprodukte als hoch oder sogar sehr hoch einschätzt, gibt es nur vergleichsweise wenige Unternehmen, die die neuen technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung bereits bei internen Prozesse anwenden. „Unterstützungs- und Informationsbedarf besteht bei der Identifikation neuer Geschäftsmodelle sowie der Anwendung neuer technologischer Möglichkeiten im Unternehmen“, fasste Kammüller die Ergebnisse zusammen.