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500 g schwere Metallteile durch Spritzgießen

Metall-Spritzguss: Alternative zum Feingießen oder Zerspanen
500 g schwere Metallteile durch Spritzgießen

Das Metal Injection Moulding (MIM) hat einen technologischen Sprung vollzogen: Teile mit bis zu 30 mm Wanddicke lassen sich jetzt spritzgießen. Damit wird das neue MIM in vielen Fällen eine wirtschaftliche Alternative zum Feingießen oder Zerspanen.

Von unserem Redaktionsmitglied Olaf Stauß olaf.stauss@konradin.de

Bisher war das Spritzgießen fast ausschließlich den Kunststoffen und Nichteisen-Metallen vorbehalten – und damit blieb die vielleicht rationellste Fertigungsmethode für geometrisch komplexe Teile, die das Nacharbeiten überflüssig macht oder auf ein Minimum reduziert, den Metallen vorenthalten. Zwar ist das Metal Injection Moulding (MIM) schon seit 1996 bekannt, lässt sich bisher aber nur auf Kleinteile mit Wanddicken bis zu 10 mm und mit Teilegewichten bis etwa 100 g anwenden.
Diesen Rahmen sprengt jetzt eine MIM-Variante, von der die technische Unternehmensberatung Peket GmbH, Föhren, berichtet: Bis zu 500 g schwere Metallteile mit Wanddicken bis 30 mm sollen sich spritzgießen lassen. „Diese Methode wird einen festen Platz unter den industriellen Fertigungsprozessen einnehmen“, prophezeit Daniel Lauer von Peket. „Sie ist eine große Chance im Preiskampf mit Niedriglohnländern.“ Peket vermarktet die Technologie für einen Anbieter aus einem Nachbarland, der sie weltweit patentieren ließ. „Das Know-how unserer Lohnfertiger liegt sicher nicht darin, so viel Material wie möglich zu zerspanen“, meint Lauer. „Besser ist es, sie spezialisieren sich auf die Präzisionsbearbeitung prozesssicher vorgefertigter Spritzgussteile.“
Beim neuen MIM optimiert der Konstrukteur die Stahl- oder Edelstahl-Bauteile nach ähnlichen Konstruktionsrichtlinien wie beim Kunststoff-Spritzgießen, indem er Funktionen integriert und das Gewicht senkt. Anschließend wird das Teil gespritzt. Bei der Endbearbeitung soll nur noch geringster Marerialabtrag anfallen. „Kein unwichtiges Argument bei den ständig steigenden Stahlpreisen“, meint Lauer.
Zwei Beispiele verdeutlichen den Nutzen: Das etwa 180 g schwere Verschlussstück einer Jagdwaffe besteht aus einem Material aus der Luft- und Raumfahrttechnik. Ohne Wärmebehandlung weist der Werkstoff eine Zugfestigkeit von 950 N/mm² auf und lässt sich nur sehr schwer zerspanen. Da das Teil dank MIM nun in einem einzigen Stück durch Spritzgießen hergestellt wird, müssen nur noch die präzisen Innenmaße der Stege herausgearbeitet werden, um die Schlittenführungen anbringen zu können. Die Zahl der nötigen Operationen verkürzt sich von 70 bei der spanenden Herstellung auf sechs mit MIM.
Zweites Beispiel: Um die Möglichkeiten der Technologie zu demonstrieren, hat der Anbieter einen Probekörper zu Demonstrationzwecken spritzgießen und sintern lassen, der verschiedenste Konturelemente enthält. Das Besondere daran: Das Bauteil ist 150 mm lang und wiegt 480 g (Bild). Es besteht aus demselben hochlegierten Raumfahrt-Edelstahl 17-4 PH wie das oben genannte Verschlussstück mit einer Zugfestigkeit von mindestens 950 N/mm² im unvergüteten Zustand. „Auch bei großen Massen und Wanddicken lässt sich ein Teil mit homogenem Gefüge herstellen“, kommentiert Lauer das Ergebnis.
Vom Ablauf her unterscheidet sich das neue Metall-Spritzgießen nur in wenigen Punkten vom herkömmlichen MIM: Durch Mischen feiner Metallpulver mit einem Bindemittel entsteht der so genannte Feedstock. Dieser Feedstock wird auf einer herkömmlichen Kunststoffspritzmaschine in ein gekühltes Werkzeug gespritzt. Bereits vom Spritzgießprozess hängt die Maßhaltigkeit des späteren Metallbauteiles ab. Kennzeichnend für das neue MIM ist jedoch der erstmals zweistufige Entbinderungsprozess, der sich anschließt, um das formgebende Bindemittel wieder zu entfernen. Die hinzu gekommene Vorstufe bereitet das traditionelle thermische Entbindern vor: Sie erhöht die Zahl der Kanäle, durch die das Bindemittel herausgelöst werden kann, und ermöglicht somit das Überbrücken größerer Diffusionswege als beim herkömmlichen MIM. So sollen sich nun dreifache Wanddicken realisieren lassen, der Einsatzbereich des Metall-Spritzgießens erweitert sich sichtlich.
Durch das Entbindern entsteht aus dem „Grünling“ der so genannte „Braunling“ mit hoher Porosität. Beim anschließenden Sintern unter hohen Temperaturen verschmelzen die Metallpulverteilchen und verschließen die Poren, so dass ein vollständig homogenes Werkstoffgefüge entsteht. Dabei schrumpft der Braunling gegenüber dem Spritzteil um etwa 20 %. Das Ergebnis ist ein gratfreies MIM-Bauteil, das nach Angaben der Unternehmensberatung Peket je nach Legierung eine Enddichte von 97 bis 99 % erreicht.
Daniel Lauer sieht die Teile als wirtschaftliche Alternative zu spanend hergestellten feingegossenen Teilen mit Nacharbeit an. „Die hohe Dichte und die Isotropie des Werkstoffgefüges sorgen für sehr gute mechanische und magnetische Eigenschaften“, versichert er. „Das Verfahren bietet völlig neue Design-Möglichkeiten für Stahlteile mit komplexen Geometrien und engen Toleranzen.“ Durch die Integration mehrerer Funktionen könnten Teilezahl und damit Fertigungskosten gesenkt werden.
Peket hat den neuen Metall-Spritzguss-Prozess schon mehr als 80 Firmen vorgestellt und ist dabei bei den Fachleuten auf offene Ohren gestoßen. „Auf Wunsch bieten wir interessierten Unternehmen eine Powerpoint-Präsentation mit Musterteilen an“, fügt er hinzu.
Wanddicken bis zu 30 mm sind möglich

Technologie-Seminar
„Kosten senken durch Einsatz innovativer Werkstoffe und Verfahren“ nennt die technische Unternehmensberatung Peket ein Seminar, das sie am 3. Mai in Biersdorf am See veranstaltet. Experten referieren unter anderem über Produkt- und Wertanalysen, Metallschäume, Formgedächtnislegierungen, MIM und Ingenieurkeramik. Näheres unter www.peket.de
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