Startseite » Allgemein »

Achtzig Prozent weniger Wasser und trotzdem sauber

Volkswagen reinigt seine Industrieböden umweltschonend
Achtzig Prozent weniger Wasser und trotzdem sauber

Im Volkswagen-Werk Hannover wird das Schmutzwasser aus der Industriebodenreinigung in einem Kreislaufsystem mehrfach genutzt. Dadurch konnten der Bedarf an Frischwasser reduziert und die Abwasserbelastung gesenkt werden.

Frank Schad ist Mitarbeiter bei der Kärcher GmbH in Winnenden

Bei VW ist der Umweltschutz fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie“, sagt Wolfgang Winkelmann, Leiter der Planungsgruppe, die mit der Installation der Kärcher-Technik im VW-Werk Hannover Stöcken befasst war. „Die Integration entsprechender Maßnahmen hat bereits bei der Planung von Prozessen und der Wahl der eingesetzten Materialien einen hohen Stellenwert.“ Auf der Suche nach Möglichkeiten, teure Ressourcen zu sparen, werden die Prozesse immer wieder neu überprüft. Jedes Detail wird unter die Lupe genommen, nichts dem Zufall überlassen.
Bei den Autobauern werden mit Hilfe von Ökobilanzen die umweltrelevanten Daten von Produkten, Produktionsprozessen und Dienstleistungen erfasst. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Wasserverbrauch und dem Abwasser-volumen zu. Denn reduzierter Verbrauch und weniger Abwasser schonen die Umwelt und das Budget.
In verschiedenen Produktionsbereichen – unter anderem in der Lackierung, der Montage sowie der Motoren- und Getriebefertigung – hat VW in den vergangenen Jahren neue Anlagen für die Abwasserbehandlung installiert. „Mit der Technik ist es möglich, Schmutzwasser aus der Industriebodenreinigung in einem Kreislaufsystem mehrfach zu nutzen. Zudem wird die Abwasserbelastung deutlich reduziert“, erläutert Holger Vorbrod, Geschäftsführer der Vorbrod bdt und bundesweiter Kärcher-Vertriebspartner aus dem Raum Hannover.
Vorbrod ist Spezialist in Sachen Abwasserbehandlung. Er weiß, warum das Thema für viele Unternehmen an Bedeutung gewinnt: „Investitionen in eine optimale Abwasserbehandlung rechnen sich. Die Einsparungen an Wasser und Reinigungsmitteln machen sich bezahlt.“ Außerdem sei die Behandlung industrieller Abwässer zwingend notwendig. Denn bei der Einleitung von Industrieabwässern in kommunale Abwasseranlagen sind komplexe Richtlinien hinsichtlich der Abwasserbeschaffenheit zu beachten, die von den Behörden streng überwacht werden.
Bei VW gehört die Abwasserreinigung und Entsorgung zu den Aufgaben der Werktechnik. Die Versorgung des VW-Standortes mit Wasser leisten die örtlichen Stadtwerke. Im Werk wird es als Trinkwasser, Sanitärwasser und für prozessbedingte Anwendungen benötigt. Die Entwässerung erfolgt über eine Trennkanalisa-tion. Ein Strang des Ent- wässerungsnetzes transportiert Niederschlagswasser direkt über die öffentliche Kanalisation in die Leine. Ein zweiter Strang führt Schmutzwässer aus Sanitäranlagen, Kantinen und Produktionsbereichen zu einer kommunalen Kläranlage.
Um die Belastung der städtischen Kläranlage so gering wie möglich zu halten, werden stark verschmutzte Abwässer, wie sie bei der maschinellen Fußbodenreinigung in Produktionsbereichen anfallen, in den werkeigenen dezentralen Abwasseranlagen vorgereinigt. Dabei kommen Abwasserbehandlungsanlagen des Herstellers Kärcher (HDR 777) zum Einsatz. Mit diesen lassen sich Abwässer unterschiedlicher Herkunft individuell behandeln. Erst wenn vorgegebene Analysewerte es erlauben, wird das vorbehandelte Abwasser in das Schmutzwassersystem eingeleitet.
Bei der maschinellen Reinigung der Industrieböden kommen in den verschiedenen Fertigungsbereichen Aufsitzmaschinen und handgeführte Scheuersaugmaschinen mit Walzentechnik zum Einsatz. Die Walzentechnik hat sich dabei als besonders wirkungsvoll erwiesen. Selbst auf profilierten Untergründen wird mit ihr eine gute Reinigung erzielt. Gereinigt werden die Fußböden der Fertigungsstraßen, Verkehrswege in den Hallen und Flächen zwischen den Produktionsanlagen. Zur Reinigung wird mit den Ge-räten eine Waschlösung auf den Fußböden aufgetragen und anschließend vom Gerät wieder aufgenommen.
Normalerweise muss das Reinigungswasser nach einem solchen Vorgang aufwendig entsorgt werden. Denn bei der Reinigung von Industrieböden werden Wasser und Reinigungsmittel mit Rückständen aus Produktionsprozessen vermengt. Problematisch sind dabei vor allem Öl- und Fettrückstände, weil sie mit dem Wasser relativ stabile Emulsionen bilden. Zusätzlich können Industrieabwässer auch Schwermetallverbindungen, Lösemittel sowie Säuren oder Laugen enthalten.
Mit dem Kärcher-System lässt sich der Entsorgungs-Prozess umweltschonender und kostengünstiger gestalten. Derzeit sind sieben Anlagen im Einsatz. Weitere sollen folgen, denn die dezentrale Abwasseraufbereitung bietet mehrere Vorteile. Jeder Hallenabschnitt wird von Reinigungsmaschinen angefahren, die in der Nähe sind. Im Vergleich zu einer zentralen Entsorgung verkürzen sich auf dem weitläufigen Werksgelände dadurch die Wegzeiten für die batteriebetriebenen Maschinen.
Das eingesetzte Wasser kann mehrfach im Kreislauf gefahren werden. Der Verbrauch an Waschwasser verringert sich in der Praxis um mehr als 80 %. Im VW-Werk werden die Anlagen bis zu einem halben Jahr lang ohne Austausch des Wassers benutzt. Lediglich der durch Verschleppung und Verdunstung entstehende Wasserverlust muss aufgefüllt werden.
Der anfallende Filterschlamm wird auf ein Minimum reduziert und auch die Schadstoffbelastung des Abwassers deutlich unter die geforderten Grenzwerte gesenkt. Von besonderem Vorteil ist bei dieser Anlage die Möglichkeit, nicht nur Wasser, sondern auch die Reinigungsmittel im Kreislauf zu fahren und auch hier den Verbrauch zu verringern.
Mit dem Kärcher-System erfolgt eine physikalisch-chemische Abwasseraufbereitung nach dem Flockungsprinzip. Dabei werden spezielle Spaltmittel eingesetzt. Im Unterschied zu anderen organischen Mitteln bilden sich nur geringe Rückstände oder andere zusätzliche Aussalzungen. Die im Abwasser enthaltenen organischen Stoffe wie Lösemittel, Öle und Fette werden am Spaltmittel angelagert und so aus dem Wasser entfernt. Auf einen Ölabscheider kann verzichtet werden.
Im Abwasser enthaltene Reinigungsmittel werden in der Regel leichter und damit vor anderen organischen Schadstoffen abgebaut. Doch das Kärcher-System ist so abgestimmt, dass beim Aufbereitungsprozess nur die Schadstoffe ausgeflockt werden. Das Reinigungsmittel verbleibt im Wasser und kann für weitere Reinigungsvorgänge weiter genutzt werden. Der Einsparungseffekt an Reinigungsmitteln liegt bei 70 bis 90 %.
Zur Behandlung gelangt das bereits mechanisch gefilterte Waschwasser aus einem Sammelschacht in einen Reaktorbehälter, wo es in Abhängigkeit von der gewählten Arbeitsweise mit Spaltmitteln versetzt wird. Diese reduzieren Kohlenwasserstoffe, Öle, Fette und Schwebstoffe im Schmutzwasser sorgen für ein geringes Schlammvolumen. Für weniger Geruchsbelästigung durch Bakterien wird außerdem flüssiges Entkeimungsmittel auf der Basis von Wasserstoffperoxid zugegeben. Im Recycling für die Wiederverwendung können bis zu 800 l/h Wasser verarbeitet werden. Im Betrieb für die Abwasserreinigung als Vorbereitung zur Entsorgung über die Kanalisation sind es 600l/h.
Nach dem Ausflocken wird der Reaktor über verschiedene Spezialfilter entleert. Wasser für die Wiederverwendung steht danach in einem separaten Puffer-Behälter zur Verfügung. Der im Filter verbleibende Schmutz muss – wie bei anderen Verfahren auch – gemäß den gesetzlichen Vorschriften entsorgt werden, im Regelfall mit den „ölhaltigen Betriebsmitteln“.
Fazit: Mit der Kärcher-Technik wurde im VW-Werk Stöcken ein Gesamtkonzept umgesetzt, das sich rechnet. Das gute Beispiel will Schule machen. Zwar sind die Anforderungen an die Abwasserbehandlung und -aufbereitung von Fall zu Fall unterschiedlich. „Aber jede Anlage kann individuell auf die Gegebenheiten vor Ort eingestellt werden“, sagt Vorbrod. Dadurch seinen auch bei mittelständischen Betrieben wirtschaftliche Lösungen machbar.
Volkswagenwerk Hannover: Jeden Tag 800 Transporter
Rund 15000 Menschen arbeiten im Volkswagenwerk Werk Stöcken in Hannover. Damit ist VW Nutzfahrzeuge der größte industrielle Arbeitgeber in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Täglich werden am Standort etwa 800 Fahrzeuge in nicht weniger als 380 Varianten gefertigt. Mehr als die Hälfte der Transporter sind für den Export bestimmt. Zusätzlich produziert der Betrieb Guss- und Pressteile sowie Komponenten für den internationalen Fertigungsverbund des Konzerns. Zentrale umweltrelevante Anlagen befinden sich außerdem innerhalb der Bereiche Lackiererei und Gießerei. Dort wird Aluminium verarbeitet.
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de