A, B oder C: Eine VDI-Richtlinie ordnet Schraubverbindungen in Risikoklassen ein. Zudem fassen diese Kürzel die Anforderungen an die eingesetzten Schraubsysteme zusammen.
Schraubsysteme gibt es fast ohne Zahl auf dem Markt. Wähle ich Druckluft- oder Elektroantrieb? Welche Technologie nehme ich, um das Drehmoment zu ermitteln? Keine leichte Entscheidung.
Bei der Auswahl hilft seit diesem Sommer die VDI-Richtlinie 2862. Sie wendet sich eigentlich an die Automobilindustrie, läßt sich aber auf andere Branchen übertragen. Die Richtlinie unterteilt Schraubfälle im Fahrzeugbau in drei Risikoklassen und sagt, wie das verwendete Schraubsystem mindestens beschaffen sein soll.
In Risikoklasse A fallen sicherheitskritische Schraubverbindungen, bei deren Ausfall Gefahr für Leib und Leben besteht (wenn zum Beispiel das Rad abfällt).
Zur Kategorie B zählen funktionskritische Schrauben. Bei einem Ausfall könnte das Auto liegenbleiben, weil etwas nicht mehr richtig funktioniert. Gefährlich wird es allerdings nicht.
Noch weniger kritisch sind Schraubverbindungen der Kategorie C. Sie führen nur zur Verärgerung des Kunden, wenn sie ausfallen und beispielsweise der Rückspiegel abfällt, beeinträchtigen aber nicht die Funktion.
Von der Kategorie hängt ab, wie sicher das Schraubsystem arbeiten muß. Die Richtlinie beschreibt Bedingungen an Schraubstationen, handgeführte Schrauber, handgehaltene Schrauber und die manuelle Schraubmontage.
Die höchsten technischen Mindestanforderungen stellt sie an eine Schraubstation für Verschraubungen der Kategorie A. Leicht geändert, gilt folgendes auch für handgehaltene Schrauber: Mindestens eine Steuergröße muß direkt gemessen werden. Das können Drehmoment oder Drehwinkel sein. Zudem ist eine Kontrollgröße zu messen, die nicht identisch mit der Steuergröße sein darf. Die Anzieh-resultate müssen dokumentierbar sein, sich also abrufen lassen, damit man sie weiterverarbeiten kann.
Auch an die Überwachung des Systems werden Forderungen gestellt. Für Klasse A muß das Schraubsystem in der Lage sein, alle für das Ermitteln der Steuer- und Kontrollgrößen relevanten Systemkomponenten selbst zu überwachen. Es muß also ein defektes Kabel, einen überdehnten Sensor oder die Fehlfunktion in einem Meßverstärker erkennen und darf die Verschraubung nicht falsch beurteilen.
Bei einem Fehler im Signalaustausch dürfen Schnittstellen keine falschen Signale übertragen. Der Anwender muß das installierte System regelmäßig überprüfen. Es reicht nicht aus, die montierten Schraubverbindungen mit einem Drehmomentschlüssel nachzuziehen; vielmehr muß er den Schrauber mit einem anderen Sensor am Schraubfall oder auf einem Simulator gegenmessen.
In Risikoklasse B muß der Anwender beim Verschrauben in automatischen Stationen zwei Größen messen, und zwar direkt oder indirekt: die Steuer- sowie eine Kontrollgröße. Beide dürfen nicht die Zeit sein. Anders als in Klasse A genügen zum Überwachen regelmäßige dynamische Prüfungen der Meß- und Wiederholgenauigkeit des Schraubsystems durch den Anwender.
In Risikoklasse C wird von einem Schraubsystem oder -werkzeug eine direkt oder indirekt gemessene oder wirkende Steuergröße verlangt; beim manuellen Anziehen wird darauf verzichtet. Doch muß der Anwender Schraubsystem oder handgehaltenen Schrauber regelmäßig überwachen. Dazu sind dynamische Prüfungen der Meß- und Wiederholgenauigkeit des Schraubsystems erforderlich.
Mit Hilfe dieser Norm kann der Anwender einem Hersteller genau beschreiben, wie er sich einen Schrauber oder ein Schraubsystem wünscht. Er braucht die Anfrage einfach nur mit dem Hinweis zu formulieren: „Das Schraubsystem muß ausgelegt sein nach VDI 2862 für Kategorie A.“ tp
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