Mit Hilfe der In-Prozess-Messtechnik lassen sich noch in der Aufspannung im Arbeitsraum der Werzeugmaschine Geometrien messen und Korrekturen vornehmen. Auch Form-Reparaturen sind mit dieser Technik möglich. Der Anwender spart sich die langen und teuren Wege zum Messraum.
Karl-Heinz Gies ist Fachjournalist in Stuttgart
Auf der Fachmesse Emo im vergangenen Jahr haben zahlreiche Hersteller demonstriert, dass das Messen und Bearbeiten von Werkstücken in einer Aufspannung Stand der Technik ist. Die Huron Fräsmaschinen GmbH aus dem schwäbischen Gerlingen legt nun nach und belegt anhand von Messprotokollen die Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Technik in der Fertigung. Möglich wird dies mit Messtastern und der Software 3D-Form-Inspect des Messtechnik-Spezialisten M&H GmbH aus Waldburg. Die Daten des Werkstückes werden direkt vom CAD-Programm übernommen.
In den Maschinen ist die Messtechnik-Software direkt in der Steuerung installiert. Am automatisch erstellten Flächenmodel werden per Mausklick beliebige Punkte an allen Seiten des Werkstücks festgelegt, an denen die Form gemessen werden soll. Nicht nur Positionen, Stichmaße und Formkonturen können lassen sich auf diese Weise prüfen, sondern auch Abstände, Winkel, Höhen und Radien. Dabei werden alle fünf Achsen der Maschine angesteuert. Der Messablauf wird wird am Bildschirm simuliert, Kollisionsgefahren mit Werkstückkonturen erkennt die Software automatisch und sind daher ausgeschlossen.
Mit dem Start des Messprogramms wechselt die Maschine den Messtaster ein und kalibriert diesen an einer Kugel im Arbeitsraum auf die momentan herrschenden thermischen Verhältnisse. Die am Werkstück gemessenen Werte werden grafisch aufbereitet und ein Abgleich mit den geforderten Toleranzen angezeigt. Auf diese Weise erkennt der Bediener sofort, ob und an welchen Stellen nachgearbeitet werden muss. Ein Messprotokoll mit grafischer Darstellung des Werkstücks, den Messpunkten sowie der Soll- und Istwerte mit Abweichungen lassen sich per Knopfdruck zu Papier bringen.
Huron setzt auf Messtaster und Software der Messtechnik-Spezialisten aus Waldburg. Insbesondere die Formenbauer profitieren von der Technik und fräsen auch an kritischen Stellen wie Formtrennlinien auf Nullmaß, wo sie früher einige Hundertstel Aufmaß für spätere Anpassungsarbeiten stehen gelassen hatten. Das verkürzt die Montagezeiten und das Tuschieren.
Mit der In-Prozess-Messtechnik vermindert sich das Arbeitsaufkommen im Messraum deutlich. Zudem werden Genauigkeitseinbußen verhindert und nochmaliges Rüsten vermieden. Toleranzen lassen sich beim Zerspanen nutzen und werden nicht beim Rüsten vergeudet. So lassen sich Werkstücke bereits im Bearbeitungszentrum auf Endmaß fertigstellen.
Der Bediener hat während der Bearbeitung noch zusätzliche Möglichkeiten. Er kann zum Beispiel den Werkzeugverschleiß prüfen oder Flächensektoren für die Nacharbeit eingrenzen. Die Bearbeitung wird dadurch abgekürzt. Das alles geschieht in der Aufspannung. Der aufwändige Transport des Werkstücks zur Messmaschine entfällt. Die Messungen bei Huron lieferten nach eigenen Angaben teilweise so genaue Ergebnisse, dass die Mitarbeiter überrascht waren und Vergleichsmessungen auf einer 3D-Messmaschine vornahmen. Das Ergebnis: Die tatsächlichen Abweichungen lagen im niedrigen µ-Bereich.
Ein Formenbauer hat alle Fertigungsschritte beim Bau eines Spritzgießwerkzeugs mit und ohne die Nutzung der 3D-Form-Inspect-Software jeweils über fünf verschiedene Formen hinweg erfasst. Die Fräszeit auf dem Bearbeitungszentrum hat mit Nutzung der Software zugenommen, was auf die unmittelbare Nacharbeit und das Fertigbearbeiten zurückzuführen ist. Im Gegenzug hat aber die funkenerosive Bearbeitung deutlich abgenommen. Verkürzte Montagezeiten machten deutlich, dass die Teile wesentlich besser passten und zügiger montiert werden konnten. Das Tuschieren selbst wird wieder zur Funktionsprüfung mit deutlich weniger Aufwand. Insgesamt haben sich die Zeitersparnisse im Schnitt auf 80 h pro Form summiert.
Flächensektoren für die Nachbearbeitung werden eingegrenzt
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