Startseite » Allgemein »

Anlagen-Neubau war die beste Lösung

Koenig & Bauer: Wärmerückgewinnung amortisiert sich in zwei Jahren
Anlagen-Neubau war die beste Lösung

Manchmal muss ein Schnitt gemacht werden: Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer in Würzburg ersetzte seine drei alten Druckluft-Stationen durch zwei komplett neue und verfügt nun über eine besonders effiziente Druckluftversorgung mit hoher Verfügbarkeit.

Norbert Barlmeyer ist Fachjournalist in Bielefeld

„Die Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Druckluft-Qualität unserer neuen Druckluft-Anlage sehen wir als mustergültig an“, betont Manfred Valta, Leiter Gebäude/Energie/Medien bei der Koenig & Bauer AG (KBA) in Würzburg. „Durch das Wärmerückgewinnungssystem nutzen wir die eingesetzte elektrische Energie nahezu verlustfrei aus.“ Die Koenig&Bauer-Gruppe ist der älteste Druckmaschinenhersteller der Welt. KBA produziert Rollen- und Bogendruckmaschinen mit Werken in Würzburg, Frankenthal, Radebeul und Trennfeld. Im Jahr 2004 erzielte die Gruppe mit über 5700 Mitarbeitern einen Konzernumsatz von 1,42 Mrd. Euro.
Im Werk Würzburg wurde die Druckluft bis vor fünf Jahren in zwei älteren Druckluft-Stationen mit einem Mahle- und drei Demag-Kompressoren mit festen Drehzahlen erzeugt. Beide bedienten ein gemeinsames Netz. Das dann gebaute Logistik-Zentrum erhielt eine eigene, dritte Druckluft-Station, in der ebenfalls nur Kompressoren mit fester Drehzahl liefen. Diese neue Station war exakt auf den Bedarf des Logistik-Zentrums zugeschnitten. Als sie 2004 auch noch eine neue Produktionshalle versorgen sollte, war sie deutlich überfordert. Eine Analyse der Druckluft-Versorgung zeigte:
In den zwei älteren Stationen
  • waren die Kompressoren inzwischen rund 15 Jahre alt und wiesen eine hohe Betriebsstundenzahl auf.
  • Nicht mehr optimal ausgelegte Kältetrockner führten zu erhöhter Feuchtigkeit in der Druckluft.
  • Außerdem wurden die Räume dieser alten Druckluft-Stationen für die Fertigung benötigt.
In der neueren Station
reichte die Liefermenge nicht aus, um das Logistik-Zentrum und die nachträglich gebaute Produktionshalle zu versorgen. Der kleine Kompressor war deutlich überfordert, die große Maschine schaltete pausenlos zwischen Volllast und Leerlauf hin und her.
Außerdem verfügten alle drei Stationen über keine ausreichenden Redundanzen mehr. Das Versorgungsrisiko war zu groß geworden. Reparatur- und Wartungsarbeiten mussten bereits am Wochenende oder nachts durchgeführt werden. „An einer Generallösung für eine Druckluft-Versorgung mit ausreichenden Reserveleistungen führte kein Weg mehr vorbei“, erinnert sich Manfred Valta.
Ergebnis dieser Überlegungen: Heute gibt es bei KBA in Würzburg wieder zwei Druckluft-Netze für zwei getrennte Werksbereiche, die jeweils von einer neuen Station versorgt werden. Den Auftrag für die Modernisierung erhielt die Compair Drucklufttechnik GmbH. Die Simmerer installierten für den alten Werksbereich eine neue Station mit vier Schraubenkompressoren (eine 55-kW- und zwei 75-kW- Anlagen mit jeweils festen Drehzahlen sowie einen drehzahlgeregelten 75-kW-Verdichter). Für den neuen, später gebauten Werksteil entstand eine neue Station mit drei kleinen Compair-Schraubenkompressoren mit festen Drehzahlen. Weil es sich bei der Station im alten Werksteil um die technisch interessantere Lösung handelt, konzentriert sich die folgende Darstellung auf diese Anlage mit vier Kompressoren.
Die Auswahl der Leistungen der Maschinen basierte auf vorausgegangenen Bedarfsmessungen: Im Normalfall arbeitet nun eine ungeregelte 75-kW-Anlage als Grundlast-Kompressor, unterstützt von der geregelten Anlage als Spitzenlast-Anlage. Den geringeren Bedarf während der Nachtschicht deckt die geregelte Anlage zusammen mit der ungeregelten 55-kW-Anlage. Sinkt der Bedarf unter 12 m³/min, arbeitet die geregelte Anlage als Universalmaschine allein. Nach diesem Konzept ist immer eine Reserveanlage mit Festdrehzahl verfügbar.
Die wichtigsten Kriterien für das neue Druckluft-Konzept waren für Manfred Valta eine höchstmögliche Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit. Deshalb entschied er sich auch für einen drehzahlgeregelten Schraubenkompressor der L-SR-Baureihe. Diese luftgekühlten, direktgekuppelten Anlagen liefert Compair für eine Volumenstrom-Bandbreite von 1,09 bis 19,59 m³/min (bei 7 bar) und mit Antriebsleistungen von 50, 75 und 128 kW. L-SR-Maschinen arbeiten besonders wirtschaftlich, ganz gleich, ob sie als Einzel- oder Spitzenlast-Anlagen eingesetzt werden: Ein einmal voreingestellter Druck (zwischen 5 und 13 bar) wird mit einer Bandbreite von nur 0,2 bar konstant eingehalten. Die Reluktanz-Motoren nach dem SR-Prinzip (SR = Switched Reluctance unter Lizenz von SRD Limited) können aufgrund ihrer geringen Erwärmung beliebig oft im Sanftanlauf gestartet werden. Sie senken die unproduktiven Leerlaufzeiten auf ein Minimum und arbeiten über der gesamten Leistungsbreite mit einem Wirkungsgrad deutlich über 90 %. Weil der Maschinenläufer weder Wicklung noch Permanentmagnete trägt, kann er mit hohen Radialkräften belastet und zwischen 700 und 5000 1/min stufenlos betrieben werden. Zur Vermeidung von Stromspitzen speichert ein Kondensatoren-Block die erforderliche Energie für jeden Phasen-Impuls. Nach Angaben von Compair amortisieren sich die höheren Investitionskosten der LSR-Anlagen sehr schnell.
Die Anlagen werden über die ergonomische Mikroprozessorsteuerung Delcos Surescan gefahren. Die Steuerung überwacht automatisch alle Betriebsparameter und schützt den Kompressor. Sie senkt die Wartungskosten, weil das bedienerfreundliche Display jederzeit über den Zustand des Kompressors und der Verschleißteile informiert und fällige Wartungen komponentenbezogen anzeigt.
Das Zusammenspiel der vier Verdichter in der „großen“ Station organisiert die mitgelieferte übergeordnete Steuerung eines externen Steuerungsspezialisten. Sie wählt bedarfsabhängig immer diejenige Einzelanlage oder Kompressor-Kombination aus, die den aktuellen Bedarf am besten abdeckt. Anders als die Steuerungssysteme anderer Hersteller, trifft sie diese Auswahl ohne Vorgabe vordefinierter Zeitfenster. Auf diese Weise sorgt sie immer für die Produktion der aktuell benötigten Druckluftmenge. Manfred Valta: „Ohne Höherverdichtung und mit einem Minimum an Leerlaufzeiten arbeitet die neue Station jetzt besonders wirtschaftlich.“ Mit der bei Koenig & Bauer eingesetzten übergeordneten Steuerung lassen sich Leerlauf-Anteile von 0,5 % und weniger erzielen, wenn entsprechend abgestufte Kompressorleistungen und ein drehzahlgeregelter L-SR-Spitzenlast-Kompressor zur Verfügung stehen.
„Auf der Basis der vorliegenden Bedarfsanalyse haben wir mehrere Hersteller um Angebote gebeten“, erklärt Valta. „Dabei haben wir festgestellt, dass die Compair-Anlagen um etwa fünf Prozent effektiver arbeiten als die der Wettbewerber.“ Die Kostenersparnis betrage 6000 bis 7000 Euro/Jahr. Kontakte zu Compair habe es aber auch schon vor diesem Kauf gegeben, weil Druckmaschinen von Koenig & Bauer mit kleinen Compair-Kompressoren ausgerüstet werden.
Einen großen Effizienz-Gewinn brachte die Abwärmenutzung. Alle vier Kompressoren wurden mit einer Wärmerückgewinnungseinrichtung ausgestattet. Die Zuluft tritt aus dem benachbarten Hallenbereich über eine Kulisse mit Filter in die Station ein. Die Abwärme aus dem Ölkreislauf der Kompressoren soll ganzjährig (über einen Zwischenkreislauf mit Wärmetauschern) an den Vorlauf eines Sanitärwasser-Systems abgegeben werden. Dadurch wird die zur Drucklufterzeugung aufgebrachte elektrische Energie etwa zu 80 % genutzt. Das Erzeugen von Warmwasser erfordert keinen zusätzlichen Heizaufwand mehr. Die restliche Abwärme gelangt im Sommer über direkt angeschlossene Kanäle ins Freie und im Winter ebenfalls zu Heizzwecken in die benachbarte Produktionshalle. Nach einer Berechnung im Vorfeld wird sich die Wärmerückgewinnungseinrichtung bereits nach rund 24 Monaten amortisieren.
Die erzeugte Druckluft wird in zwei parallel betriebenen Kältetrocknern getrocknet, in zwei 5-m³-Behältern gespeichert und dann ins Netz eingeleitet. Zwei weitere Druckluftbehälter sorgen mit insgesamt 3 m³ für ein zusätzliches Reservevolumen. Zwei Öl-Wasser-Trenner bereiten anfallendes Kondensat auf. Zurzeit ist die Station über eine Sammelstörmeldung an das zentrale Überwachungssystem angebunden. Diese Überwachung soll weiter verfeinert werden. Außerdem hat KBA mit Compair einen Langzeit-Wartungsvertrag über 32 000 Bh nach Inbetriebnahme abgeschlossen.
Laut Manfred Valta arbeitete die Anlage sofort nach ihrer Inbetriebnahme im Februar 2005 reibungslos. Ebenso problemlos sei die Inbetriebnahme der zweiten Station für den zweiten Werksbereich vonstatten gegangen, die zu 50 % redundant ausgeführt ist. Diese Station enthält drei baugleiche Compair-Kompressoren mit Nennleistungen von je 22 kW und normaler Grundlast-Wechselschaltung. „Für eine geregelte Anlage würde sich in diesem Betriebsbereich der Mehrpreis nicht rechnen“, fügt Valta hinzu.
Abwärme beheizt Sanitärwasser und Werkshalle
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de