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Anschließen, einschalten – Schwingung ade

Servoregler parametriert sich selbst und steigert Leistung
Anschließen, einschalten – Schwingung ade

Servoregler mit Zusatzfunktionen erkennen automatisch, wie sie den Motor steuern müssen. Das entlockt dem Antrieb mehr Leistung, auch ohne menschliches Zutun und unabhängig von Veränderungen während des Maschinenbetriebs.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Inbetriebnahme. Anwender und Maschinenexperte verfolgen dasselbe Ziel: aus dem Antrieb noch ein bisschen mehr Leistung herauszukitzeln. Den mühsamen Weg über Versuch und Irrtum könnten sie sich allerdings sparen. Denn die Software-Funktion Realtime Autotuning, die in die Regler der Ratinger Mitsubishi Electric Europe B.V. integriert ist, erkennt automatisch die Schwachpunkte im mechanischen Teil des Antriebsstranges und gleicht diese durch angepasste Regelbefehle aus.
Weil der Antrieb durch dieses Tuning auf Anhieb auf den Punkt genau positionieren kann, steigt nach Angaben des Herstellers die Produktivität von Maschinen, wenn sie mit Reglern vom Typ MR-J2-Super arbeiten. Bislang war es die Aufgabe der Bediener, die Regler an die veränderlichen Betriebsbedingungen anzupassen. Das erforderte entweder die Expertise im Unternehmen des Anwenders, oder der Hersteller schickte einen Fachmann in den Betrieb. Das Echtzeit-Autotuning findet hingegen selbst heraus, welche Reglerverstärkung oder Reglernachstellzeit gerade angebracht wäre.
„Wir haben die Servoregler zum Beispiel in einer High-Speed-Stanzmaschine eingesetzt, in der wir mehrere Servomotoren über einen gemeinsamen Motion Controller betreiben“, sagt Alexander Caliebe, zuständig für die elektronische Entwicklung bei der Schweizer Bograma AG. Die Turbenthaler stellen Maschinen her, die Papier in der Druckindustrie weiterverarbeiten. Zum Produktspektrum gehören Stanzmaschinen, Falzwerke, Schuppenauslege- sowie Bogenanlegemaschinen.
Dass die Mitsubishi-Regler das Echtzeit-Autotuning beherrschen, war laut Caliebe nicht der alleinige Grund für die Antriebsauswahl, spielte aber eine große Rolle. „Schließlich wollten wir bei der Inbetriebnahme nicht mehrere Tage mit dem Einstellen der Regler verbringen, wie es leicht passiert, wenn Sie mehrere Motoren aufeinander abstimmen müssen.“
Dass die Regler auch bei einer komplexen Anwendung die Erwartungen erfüllen würden, war aufgrund von Caliebes Erfahrungen wahrscheinlich. Denn seit gut einem Jahr setzt Bograma die MR-J2-Super in einfachen Stanzmaschinen ein. Dort regeln sie die Exzenterwelle, die den Stanzhub auslöst. Diese Welle ist kontinuierlich in Bewegung, und löste früher Schwingungen in der Konstruktion aus. Das sollte sich mit dem Autotuning ändern.
Tuning-Funktionen sind an sich schon länger bekannt und in Produkten verschiedener Hersteller im Einsatz. Sie verwerten Informationen darüber, wie sich die Massenträgheiten von Motor und Last zueinander verhalten. Aus dem Stromverbrauch und der Drehzahl berechnet die Tuning-Funktion, wie der Regler den Motor im Normalfall zu steuern hat. Nur wenn im Laufe der Zeit zum Beispiel durch Verschleiß höhere Reibmomente auftreten oder in sehr kurzer Zeit beschleunigt oder verzögert wird, kommt der Regler mit diesem Verfahren nicht mehr mit – dann ist doch der Mensch gefragt, um mit seiner Erfahrung bessere Einstellungen vorzunehmen.
Die MR-J2-Super-Regler erkennen jedoch die jeweiligen Störgrößen, weil die Programmierer ihnen einen auf statistischen Methoden basierenden Algorithmus mitgegeben haben. „Damit lassen sich eine ganze Reihe verschiedener Anwendungen automatisch optimieren“, sagt Reiner Süselbeck, Key Account Manager für Motion und Drive Systems bei Mitsubishi Electric. In einem Wickelroboter für Zigarren beispielsweise ließ sich mit der Autotuning-Funktion ein Überschwingen von 0,1 mm korrigieren. Das hatte der Regler bei Standardeinstellungen innerhalb von 0,2 s im Griff, was die Positionierzeiten verkürzte.
Auch Caliebes Rechnung mit den Stanzmaschinen ging auf, „weil die Regler einfach sofort funktionierten“. So ließ sich mehr Leistung aus den Maschinen der Turbenthaler herausholen. Bei den High-Speed-Stanzen beispielsweise seien 10 500 bis 12 000 Takte/h Standard. Die neue Maschine von Bograma hingegen schafft 20 000 Bewegungen in der gleichen Zeit – wobei natürlich die Gesamtkonstruktion an diese Geschwindigkeiten angepasst wurde. Zwei Punkte, die bei den Schweizer Maschinenbauern ebenfalls die Wahl beeinflussten, waren
  • die Tatsache, dass die Regler mit Zusatzfunktion keine höheren Kosten verursachten und
  • der Hersteller auch eine passende Steuerung, die Umrichter sowie die Motoren lieferte.
Obwohl die Elektronik zusätzliche Funktionen bietet, hat Caliebe bisher weder Ausfälle noch größere Störungen an den Reglern beobachtet. Auch die Anwender äußerten sich seinen Angaben zufolge zufrieden mit der gesteigerten Leistung. „Darüber hinaus sind die Maschinen leiser geworden, seit wir sie mit Servomotoren konstruieren“, ergänzt der Elektronik-Experte.
Echtzeit-Autotuning funktioniert auch bei erhöhter Reibung

Was der Regler kann
Zwei Funktionen in den MR-J2-Super-Reglern sollen die Produktivität steigern:
  • Realtime Autotuning Auch wenn ein Servo mechanische Elemente wie Kurvenscheibe oder Königswelle ersetzt, kommt der Konstrukteur nie ohne Mechanik aus. An deren Schwingungen passt die Funktion „Realtime Autotuning“ die Reglerparameter an, ohne dass ein Mitarbeiter manuell etwas einstellt. Auch wenn sich die Bedingungen in der Maschine ändern, passt die Software das Reglerverhalten an.
  • Maschinenanalyse In die Setup-Software des Reglers ist die Funktion Maschinenanalyse integriert. Sie ermittelt die Resonanzpunkte, gibt also an, unter welchen Bedingungen mit Schwingungen zu rechnen ist. Bisher war das nur mit speziellen Messgeräten möglich. Um die Resonanzpunkte zu ermitteln, löst der Regler nun mit festgelegten Drehmomenten kurzzeitig Vibrationen im gesamten Antriebsstrang aus. Messwerte aus der Mechanik vergleicht die Software mit Sollwerten und errechnet, wann Schwingungen auftreten und wie sie sich ausgleichen lassen.
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