Startseite » Allgemein »

Auswechseln statt fünfmal nachschleifen

Einwegmesser bieten weltweit gleichbleibende Qualität
Auswechseln statt fünfmal nachschleifen

Da Papiermaschinen weltweit exportiert werden, müssen die Hersteller global für eine definierte Schnittqualität sorgen. Der Einsatz von Einwegmessern bietet die Möglichkeit, die Schnittleistung über die gesamte Maschinenlaufzeit zu gewährleisten.

Hans-Jürgen Bittermann ist freier Fachjournalist in Lambsheim

Der Spezialmaschinenbauer E.C.H. Will GmbH, Hamburg, ist spezialisiert auf Papierverarbeitungsmaschinen zur Herstellung von Schreibwaren sowie Office- und Druckpapierformaten bis A 0. Generell fordern die Anwender überall auf der Welt von den Will-Ingenieuren eine hohe Flexibilität im Anlagen-Design im Blick auf die verschiedenen Formate und insbesondere auf die zu schneidenden Materialien und Papierspezifikationen. „Am liebsten hätten unsere Kunden eine Maschine ohne jegliche Beschränkungen beim zu schneidenden Material“, erklärt Bernd Ramcke, Geschäftsführer Technik bei Will. Die Schnittqualität und -leistung hängen dabei in erster Linie von der konstruktiven Ausführung, dem verwendeten Material und natürlich vom speziellen Schliff der eingesetzten Messer ab – eine oft diffizile Aufgabe, der sich der jeweilige Messerlieferant immer wieder stellen muss.
Denn Messer kommen in den Will-Maschinen in sehr unterschiedlicher Weise zum Einsatz: Zum Schneiden bahnförmiger Materialien dienen beispielsweise Längsschneider (Slitter), bei denen es sich um rotierende, angetriebene Untermesser mit einem mitlaufenden tellerförmigen Obermesser handelt. Daneben werden etwa rotierende Quermesser oder stationäre Ober- und Untermesser für gebundene Produkte eingesetzt.
Standzeiten sind höher als bei konventionellen Messern
Welches Messer und welcher Schnitt auch immer gewählt wurde – irgendwann lässt die Schnittleistung nach. Klar möchte jeder Kunde dieses „irgendwann“ möglichst weit in die Zukunft hinausschieben: Hohe Standzeiten der Schneiden stehen auf der Prioritätenliste der Anwender ganz oben. Und wenn dann das Nachschleifen oder der Wechsel der Schneide unvermeidlich ist, sollen die Messerwechselzeiten möglichst kurz sein: Time is money – dies gilt weltweit!
Das bisherige Vorgehen: Herkömmliche Messer aus HSS werden bis zu fünfmal geschliffen und dann komplett ausgemustert und entsorgt. Das bedeutet: Fünfmal nimmt das Messer den Weg vom Anwender zum Schleifer und wieder zurück. Nach jedem Schleifen muss das Messer sorgfältig im Werkzeug eingepasst und wieder präzise eingestellt werden, denn durch das Schleifen hat sich ja die Geometrie verändert. Diese neue Geometrie muss berücksichtigt werden, um ein einwandfreies Schnittergebnis zu erhalten.
Das Problem für stark exportorientierte Unternehmen wie Will liegt auf der Hand: Steht die verkaufte Maschine im fernen Ausland, kann die zeitgerechte Ersatzteilversorgung sehr aufwändig sein: Denn wie soll ein ungeplant ausgefallenes Messer in kurzer Zeit neu geschliffen oder ersetzt werden? Deshalb lassen viele Anwender ihre Messer vom lokal verfügbaren Schleifdienst vor Ort bearbeiten. Dann stellt sich häufig ein Qualitäts- und damit Standzeitproblem ein: Während der Maschinenbauer in Deutschland die am besten geeignete Schleiftechnik mit seinem Messerlieferanten in oft aufwendigen Versuchen ermittelt hat, ist dieser optimale Schliff durch den lokalen Schleifdienst kaum zu wiederholen. Dazu fehlt einfach das entsprechende Know-how. Doch der Anwender ist natürlich auf die vereinbarte Standzeit seiner Messer eingestellt. Schließlich hängt die Produktivität seiner gesamten Anlage von der Messerstandzeit ab. Diskussionen mit dem Maschinenlieferanten sind dann oft unvermeidlich.
Eine probate Lösung bieten sogenannte Einwegmesser: Dafür entwickelt die Tekowe GmbH, Bonefeld, zunächst einmal mit dem Papiermaschinenhersteller einen auf die Anlage abgestimmten Messerhalter. Nach dem Aufschrauben des Messerhalters wird die verbrauchte Schneide herausgenommen und entsorgt. Das leicht zu bevorratende Austauschmesser wird nun einfach in den Messerhalter eingefügt – und die Maschine ist ohne weitere Einstellarbeiten sofort einsatzbereit. Die Vorteile des Einwegmessers liegen auf der Hand:
– eine stets definierte, gleichbleibende Geometrie,
– keine Einstellarbeiten durch Fachpersonal erforderlich,
– höhere Prozesssicherheit,
– höhere Versorgungssicherheit und
– gleichbleibende Qualität weltweit.
Erfahrungen mit solchen Einwegmessern sammelte das Unternehmen Will bislang im Bereich der rotierenden Quermesser: Einwegmesser werden bereits weltweit in mehreren schmalen Maschinen zur Herstellung von A4-Kopierpapier eingesetzt. Und auch in der breitesten Maschine dieser Art, die in Norddeutschland läuft, versehen Einwegmesser von Tekowe ihren Dienst. Bernd Ramcke: „Die von uns erwarteten Vorteile haben sich bei diesen Kunden eingestellt: Die Standzeiten sind deutlich höher als bei konventionell angeordneten Messern, die Nachstellfrequenz ist geringer, und die Schnittqualität bleibt über einen längeren Zeitraum konstant.“
Durch den Einsatz von Einwegmessern ergeben sich auch Modifikationen an der Anlage. Die konstruktive Ausführung der Messeraufnahme und die Nachstelleinrichtungen sind grundsätzlich anders gestaltet. Doch der Umstellungsaufwand hält sich im Rahmen. Für Will überwiegen die logistischen Vorteile und insbesondere die qualitativen Verbesserungen der Messer-Standzeit deutlich.
Aus der praktischen Erfahrung des Maschinenbauers ergeben sich über die genannten Vorteile hinaus weitere Pluspunkte für das Einwegmesser-Konzept:
-Es wird weniger hochwertiges Material verwendet, das relativ teure HSS ist auf den eigentlichen Schnittbereich reduziert.
– Hochwertige Materialien lassen sich ohne Löten oder Schweißen einsetzen.
– Der zukünftige Einsatz von höherwertigen Materialien wie Keramik ist bereits praktisch erprobt (siehe Kasten)
– Nachschliff ist nicht erforderlich.
– Anstelleinrichtungen aufgrund von Nachschliffkompensation entfallen.
– Logistik vereinfacht sich.
– Messerpreis sinkt.
Neben Will hat Tekowe dieses Konzept bereits mit zwei weiteren Unternehmen aus der Papierindustrie in die Praxis umgesetzt. Fazit: Ein innovatives Konzept, das aus Sicht des exportabhängigen Maschinenlieferanten eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage nach der reproduzierbaren Schneidqualität vor Ort gibt.
Verbundforschungsprojekt: Schneidmesser aus Hochleistungskeramik
Keramische Einweg-Schneidmesser gehörten zu den Bauteilen, die im Verbundprojekt „Prozesssicherheit und Reproduzierbarkeit in der Prozesskette keramischer Bauteile“ untersucht worden sind.
Mit dem Ziel, die Einsatzzuverlässigkeit von keramischen Serienbauteilen zu erhöhen, haben sich acht Partner aus Industrie und Forschung an dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojekt beteiligt, unter ihnen die Tekowe GmbH in Bonefeld. Mit Erfolg: Neben Motorventilen und Zylinderbuchsen haben Schneidmesser die Einsatztests bereits vor Projektabschluss bestanden, wie auf dem Abschluss-Kolloquium „Zuverlässige Hochleistungskeramik“ zu hören war.
Die in der Papierindustrie eingesetzten keramischenMesser sind hohen Schnittkräften und Abrasionswirkungen ausgesetzt. Ein zunehmender Anteil von Recyclingpapier mit abrasiven Zuschlagsstoffen verstärkt die Beanspruchung noch. Diesen Belastungen widersteht teilstabilisiertes Zirkonoxid, das eine hohe Verschleißfestigkeit und Bruchzähigkeit besitzt.
Die Prozesskette wurde nun gezielt auf die Einsatzbedingungen der Schneidmesser abgestimmt. Die Werkstoffsubstitution sowie das Abstimmen von Konstruktion, Gefügeeinstellung und Endbearbeitung des Werkstücks zeigten Wirkung: Gegenüber konventionellen Hartmetallschneiden weisen die keramischen Schneidmesser durch ihre höhere Verschleißfestigkeit eine mehr als vierfache Standzeit auf. Die zur Zeit laufenden Einsatztests mit den neuen Keramikmessern deuten auf noch höhere Steigerungsfaktoren für die Standzeit der Keramikklingen.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de