Startseite » Allgemein »

Baden-Württemberg spielt in der Biotech-Bundesliga

Forschungslandschaft Life Science
Baden-Württemberg spielt in der Biotech-Bundesliga

Vier Bioregionen, acht Universitäten, 18 Forschungseinrichtungen und eine Biotechnologie-Agentur bestimmen die Biotech-Landschaft Baden-Württemberg. Grund für viele junge Firmen, sich hier niederzulassen.

Am 12. Februar 2001 geben Forscher die weitgehende Entschlüsselung des Humangenoms bekannt. Nach mehrjähriger Arbeit ist es gelungen, die schätzungsweise 3,2 Mrd. Basen – Buchstaben des menschlichen Genoms – zu entziffern. Aber das ist erst der Anfang. Nun müssen die Forscher die Botschaften hinter den Codes verstehen. Doch die Analysemethoden der Datenmengen sind bisher zu aufwendig. Das soll sich jetzt mit einer unscheinbar wirkenden Apparatur ändern. Geniom one heißt das Gerät der Mannheimer Febit AG, das bequem auf einen Labortisch passt. Das Wunderwerk der Biotechnik soll schnelle Ergebnisse bei der Entwicklung einer medizinischen Diagnostik liefern.

32 Experten aus Industrie und Forschung befanden das Gerät für so fortschrittlich, dass sie Febit mit dem Innovationspreis der deutschen Wirtschaft auszeichneten. Eine Ehrung, die wegweisend ist, sind sich Experten einig. Durch ihr riesiges Potenzial wird die Biotechnologie in diesem Jahrhundert zu Fortschritten in Landwirtschaft, Medizin, Umwelt und Ernährung beitragen.
Dass Febit seinen Firmensitz in Baden-Württemberg hat, ist kein Zufall. Denn die Idee zum Unternehmen entstand im Familienkreis: Dr. Fritz Stähler entwickelte schon lange Jahre Analysegeräte bei Boehringer Mannheim. Mit seinen Söhnen Peer und Cord hatte er die Idee, die zu Geniom one führte. Seit August 2001 gibt es für das DNA-Analysegerät den ersten Testkunden: das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ). Von dem laufenden Projekt erwarten die Forscher unter der Leitung von Dr. Jörg Hoheisel Aussagen über das Auftreten von Mutationen bei bestimmten Arten von Lymphdrüsenkrebs. Diese könnten über Risikofaktoren Aufschluss geben oder zur Diagnose genutzt werden. „Geniom one bietet im Hinblick auf Flexibilität und Geschwindigkeit Vorteile, die wir in den Projekten effektiv nutzen können“, beurteilt Hoheisel das Gerät. Erste Ergebnisse werden schon im nächsten Jahr erwartet.
Febit siedelt in der Bioregion Rhein-Neckar – eine der vier Biotech-Hochburgen Baden-Württembergs neben Freiburg, Ulm und der Region Stern (Stuttgart, Tübingen, Esslingen, Reutlingen, Neckar-Alb). Hier arbeiten derzeit 86 Biotech-Unternehmen mit 1860 Mitarbeitern. 14000 Arbeitsplätze aus Industrie und Forschung sind mittelbar von der Zukunftsbranche abhängig. Dies zeigt, dass die Biotechnologie nicht nur Pharma und Chemie beeinflusst, sondern in Industrie-Disziplinen hineinreicht, die viele Unternehmen betreffen.
Den Motor der Region bilden 45 Unternehmen, die von der Stärke des Forschungsstandorts Heidelberg mit Institutionen wie dem DKFZ oder dem Europäischen Molekularbiologischen Laboratorium (EMBL) partizipieren. Dazu gehört auch die Abeta GmbH, eine Ausgründung der Universität Heidelberg. Die Forscher des Zentrums für Molekulare Biologie sind den Ursachen der Alzheimer-Krankheit auf der Spur – einem Leiden, das sich in geistiger Verwirrtheit und schweren Gedächtnisstörungen bemerkbar macht. Nun hat der Heidelberger Molekularbiologe Prof. Konrad Beyreuther mit seinem Team einen Test entwickelt, den er mit Abeta vermarkten will.
Auch landesweit hat der Biotech-Standort einiges zu bieten: Die Ansiedlung vieler neuer Firmen ist unter anderem den Forschungseinrichtungen und Universitäten in der Region zu verdanken. „Die Nähe zu den biotechnologischen Einrichtungen ist einer der entscheidenden Faktoren für ein gut funktionierendes Biotech-Cluster“, so Wirtschaftsminister Walter Döring. In acht Universitäten und 18 außeruniversitären Einrichtungen finden sich zahlreiche Forschungsgruppen, die Baden-Württemberg zu einem „Center of Excellence“ machten, sagt er.
Dennoch sieht der Verein Bioregion Rhein-Neckar-Dreieck e.V. die Zahl der Firmengründungen derzeit rückläufig. Förderprogramme stünden nicht mehr zur Verfügung und Risikokapital sei für Gründer schwer zu erhalten, kritisieren die Verantwortlichen. Deswegen müsse es eine der Hauptaufgaben sein, die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Langfristig will die Region Rhein-Neckar 5000 Mitarbeiter beschäftigen, um mit Standorten in den USA konkurrieren zu können. Doch das allein reicht nicht, wissen Manager der Bioregion Freiburg. Ohne die internationale Zusammenarbeit könnte der Anschluss an den Biotechnologie-Riesen USA schwierig werden. Deswegen haben sich die Freiburger in einem Biovalley mit Südbaden, der Nordwest-Schweiz und dem Elsass mit ihren Zentren Freiburg, Basel und Straßburg zusammengeschlossen. Ziel des Biovalley sei es, länderübergreifende Ergebnisse in marktreife Anwendungen umzusetzen und Arbeitsplätze zu schaffen.
Auch die Biotechnologie-Agentur Baden-Württemberg unter der Leitung von Prof. Johann Löhn weiß um den harten Wettbewerb in der Branche. Die Experten mahnen dazu, Forschungsergebnisse schneller in marktreife Produkte und Verfahren umzusetzen, um international konkurrenzfähig zu werden. Daneben müsse die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft angekurbelt werden, um auch Unternehmen anzusprechen, die sich noch nicht von der Branche beeinflusst fühlen. „Baden-Württemberg spielt schon jetzt deutschlandweit in der Biotech-Bundesliga“, so Johann Löhn kürzlich. Doch das Potenzial dürfe auch im internationalen Wettbewerb nicht verloren gehen. sr
Die Querschnittstechnologie Biotech wird in diesem Jahrhundert durch ihr riesiges Potenzial zu Fortschritten in Medizin, Umwelt, Ernährung und Landwirtschaft beitragen
(Bilder: BASF)
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de