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Bediener auch in der Zelle sicher

Roboterschweissen: Mehr Flexibilität bei der Werkzeug-Reparatur
Bediener auch in der Zelle sicher

Mit einem automatisierten Roboterschweißsystem von Reis Robotics lassen sich Formwerkzeuge effizienter instandsetzen. Der Clou der Anlage: Der Werker kann sich während der Bearbeitung gefahrlos in der Nähe des Roboters aufhalten.

Beim Instandsetzen von Formwerkzeugen vertraut die Johann Hay GmbH & Co. KG Automobiltechnik in Bad Sobernheim auf eine hochflexible, vollautomatisierte Schweißzelle von Reis Robotics, Obernburg. Zu deren Vorzügen gehört eine personensichere Robotersteuerung, dank der der Bediener auch während des Robotereinsatzes die Zelle nicht verlassen muss.

Die Schweißzelle entlastet die Werker: Die anstrengende, unter ergonomisch ungünstigen Bedingungen – Körperhaltung unter Last, hohe Lichtstrahlung, Schweißrauch und Hitze – erfolgende Schweißarbeit von Hand an den auf 450 °C vorgewärmten Teilen entfällt weitgehend. Rund 70 % der bisher manuell ausgeführten Arbeiten übernimmt nun der Roboter.
Hay liefert geschmiedete und bearbeitete Komponenten für Erstausrüster im Bereich Motor, Getriebe und Achsen. Das 1250-Mitarbeiter-Unternehmen ist Europas größter Produzent von Schwungrädern außerhalb der internen Produktion der OEM sowie Hersteller von Achsantriebs- und Tellerrädern, die überwiegend in der Gesenkschmiede am Standort Bockenau gefertigt werden.
Die dabei eingesetzten Formwerkzeuge werden ab einem gewissen Verschleißgrad oder bei Beschädigung im Werkzeugbau von Hay in Bad Sobernheim überarbeitet, repariert und wieder dem Arbeitsprozess zugeführt. Die Schmiede- und Walzwerkzeuge werden unter anderem durch Auftragsschweißen wiederaufbereitet. Da es sich um mehrere Tausend verschiedene Teile in unterschiedlichen Verschleiß- und Beschädigungszuständen handelt, wurde diese Arbeit bis vor kurzem noch mit halbautomatischen Schweißanlagen ausgeführt. Bei nicht rotationssymmetrischen Bauteilen geschah dies manuell durch Schweißer.
Aufgrund des Kosten- und Termindrucks sowie der Forderung nach permanenter Qualitäts- und Effizienzsteigerung wurde der aufwendige Prozess komplett automatisiert. Hay entschied sich für die Anschaffung der Roboterschweißanlage SRVL6L von Reis Robotics. Oliver Hammon, Leiter der Arbeitsvorbereitung Werkzeugbau und Leiter des Automatisierungsprojekts, nennt die Gründe: „Die vom Roboter zu bearbeitenden Teile sind oft Unikate. Zwar gibt es auch Teile, die in größeren Stückzahlen anfallen, doch sind hier die Beschädigungen oft so unterschiedlich, dass sie eine individuelle Behandlung jedes Werkstücks erfordern. Hierzu muss die Positionierung von Werkstück und Brenner zueinander optimal abgestimmt sein. Hinzu kommt die Anforderung, dass der Werker auch während des Arbeitsprozesses die Schweißkabine gefahrlos betreten kann.“
In enger Zusammenarbeit mit dem Kunden und dem Landauer Systemhaus S + B KG erstellte Reis die verschiedenen Komponenten und nahm sie in Betrieb. Die Anlage ist mit einer Steuerung des Typs RobotstarV-PCX ausgestattet. Die erste Achse des Roboters ist eine Linearachse mit 3500 mm Maximalhub. Das mit zwei NC-Achsen versehene Dreh-Schwenkmodul RDS11 mit einer maximalen Belastbarkeit von 1100 kg positioniert die Werkstücke.
Schweißstromquelle ist eine MIG/MAG- Inverter-Anlage des Typs TPS 7200 von Fronius. Sie liefert einen maximalen Schweißstrom von 720 A. Damit lassen sich Drähte bis 1,6 mm Durchmesser verschweißen. An der sechsten Roboterachse ist ein wassergekühlter MIG/MAG-Schweißbrenner von Dinse angebracht. Kollisionsschutz bietet eine Abschaltdose, die zwischen Brennerhalterung und Roboterhand montiert ist. Ein System von Binzel reinigt die Brenner.
Aufgrund der Flexibilität des Roboters lassen sich nahezu alle Geometrien – einschließlich Plan- und Kegelflächen, Schrägen oder Kanten – schweißen. Positiv wirkt sich hier die universelle Positionierbarkeit des Werkstücks durch den Schwenktisch aus, verbunden mit der sehr beweglichen Handachse des Roboters, die den Brenner führt.
Bei den Werkstücken handelt es sich meist um rotationssymmetrische Flächen. Um eine Planfläche aufzuschweißen, beschreibt der Schweißbrenner konzentrische Kreise, wobei die Raupenbreite den Radiusunterschied der jeweiligen Kreisbahnen bildet. Der Brenner ist senkrecht zur Fläche orientiert. Das Schweißbad befindet sich dabei automatisch in optimaler Wannenlage. Da die gewünschte Schichtdicke mit einer Schweißraupenhöhe oft nicht zu erreichen ist, sind mehrere Lagen Schweißgut erforderlich.
Das Prinzip beim Schweißen kegelförmiger Flächen gleicht dem des Planflächenschweißens. Um eine günstigere Lage des Schweißbades (Wannenlage) zu erreichen, wird die Fläche und somit das ganze Bauteil geschwenkt. Aufgrund der geschwenkten Position und der Lage des Schweißbades ergibt sich der Hauptvorschub durch die Drehung des Rundtisches, wobei die Raupenbreite in Richtung der Schräge versetzt wird. Da Anfangs- und Endpunkt nicht mit Parametern zu beschreiben sind, werden alle benötigten Geometrieinformationen durch Teachen des Roboters erfasst.
„Dank der vielseitigen und einfach zu handhabenden Reis-Steuerung lassen sich schnell perfekte Prozessabläufe erzielen“, betont Hammon. „Dies ermöglichen Programme, die den Schweißer dialoggeführt durch die Programmierung führen.“ Meist genügen zwei bis drei Teach-Punkte, um die Programmierung abzuschließen.
Dank der SafeProduction-Betriebsart kann während des Automatikbetriebs ein Werker in der Roboterzelle anwesend sein. Dies ist erforderlich, um den Schweißprozess beobachten und bei Bedarf korrigierend eingreifen zu können, da das Auftragsschweißen an manchen Großteilen bis zu 15 h dauert.
Die softwarebasierte Robotersteuerung bietet viel Flexibilität bei hoher Sicherheit für den Werker im Aktionsbereich des Roboters. Neben dem eigentlichen Rechner besitzt die Steuerung ein zusätzliches Rechnersystem, den SafetyController. Dieser ist in Hard- und Software zweikanalig aufgebaut. Er überwacht ständig die korrekte Funktion von Roboter und Steuerung und schaltet die Anlage bei Abweichungen von den Nominalvorgaben sicher ab. Die Achsenstellungen des Roboters werden in den Servoreglern zweikanalig erfasst und dem SafetyController über ein Feldbus-System zur Verfügung gestellt. Aus den Stellungen berechnet der SafetyController Position und Geschwindigkeit des Werkzeugflansches.
Da sämtliche Überwachungsfunktionen in Software realisiert sind, werden Sicherheitsfunktionen möglich, die einem nicht-softwarebasierten System vorenthalten sind. So wird in der Schweißzelle zur Sicherheit des Werkers die Geschwindigkeit des Werkzeugflansches im Automatikbetrieb auf 250 mm/s reduziert. Während des Produktionsbetriebs kann sich der Werker so ohne trennende Schutzeinrichtung in unmittelbarer Nähe des Roboters aufhalten und sich voll auf den Arbeitsprozess konzentrieren. „Diese niedrige und damit sehr sichere Geschwindigkeit erlaubt es dem Werker jederzeit, die Anlage zu betreten und bei Gefahrensituationen rechtzeitig über die Notabschaltung stillzulegen“, berichtet Hammon. „Damit überschreiten wir sogar die sicherheitstechnischen Forderungen der Berufsgenossenschaft.“
Die modulare Anlage kann nicht nur mit Bediener, sondern auch automatisch betrieben werden und reduziert so den Personalbedarf. „Die hohen Laufzeiten ermöglichen deutliche Kapazitätssteigerungen und bewirken zugleich eine höhere Effizienz des gesamten Schweißprozesses“, bilanziert Hammon. Die für den Schweißvorgang günstige Wannenlage des Schweißbades trägt zu einem gleichmäßigen, guten Ergebnis bei. Dies wiederum optimiert die Weiterbearbeitung der Teile, etwa beim Zerspanen, und erhöht die Standzeit der Formwerkzeuge.
Thilo Berdami, M.A. Journalist in Obernburg
Fast alle Geometrien lassen sich schweißen
Schweißzelle ist auch automatisch zu betreiben

Neue Technologien
Die Roboterschweißanlage SRVL6L von Reis Robotics ist mit einer personensicheren Robotersteuerung ausgestattet. Diese besitzt neben dem eigentlichen Rechner ein zusätzliches Rechnersystem, den SafetyController. Er überwacht ständig die korrekte Funktion von Roboter und Steuerung und schaltet die Anlage bei Abweichungen von den Nominalvorgaben sicher ab. Damit kann sich der Werker während des Produktionsbetriebs ohne trennende Schutzeinrichtung in unmittelbarer Nähe des Roboters aufhalten.
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