Liegt ein 3D-Datenmodell vor, braucht der Realizer der Lübecker MCP Hek GmbH für die Herstellung von Stempeln und Matrizen kaum mehr als ein paar Stunden. Die auf 0,1 mm präzisen Tools sind kleinserientauglich. Stückzahlen von 3000 hinterließen in der Praxis keinen sichtbaren Verschleiß.
Klaus Dieter Hennecke ist Journalist in Olpe
SLM ist das Kürzel für Selective Laser Melting. Bei dem von der Lübecker MCP Hek GmbH (Halle 8, Stand E42) entwickelten Verfahren werden mit Hilfe eines Laserstrahls aus handelsüblichen Metallpulvern oder Keramiken wie Bronze, Zink, Werkzeug- und Edelstahl, Titan, Chrom/Kobalt-Legierungen, Siliziumkarbid oder Aluminiumoxyd komplette Werkzeuge und Formen geschmolzen und aufgebaut. Einzige Voraussetzung ist, dass ein dreidimensionales STL-Datenmodell der Teile vorliegt. Alle gängigen CAD-Systeme unterstützen dieses Format. Vorteilhaft ist, dass die Geometrien fast beliebig komplex sein dürfen.
Die Komplettlösung Realizer bringt das neue Verfahren und die Maschinentechnik nun auf den produktiven Punkt. Ein 100 W starker Laser fokussiert den Strahl auf 0,03 mm Durchmesser und schmilzt Werkzeuge und Formen dabei in 0,05 mm starken Schichten auf. Im Kaarster Euro Tech Center der Lübecker sind aber auch schon Versuche mit der doppelten Auftragsstärke gefahren worden, was eine Halbierung der Bauzeit verspricht. Die maximale Baugröße ist 250 mm x 250 mm x 250 mm. Der durchschnittliche Baufortschritt liegt bei 5 cm³/h. Dabei kann die Geometrie nahezu beliebig komplex sein. Ganz gleich, um welche Teile es sich im Einzelnen handelt: SLM-generierte Werkzeuge, Formen und Werkstücke haben stets ein homogenes Gefüge, wobei sich die Dichte je nach Anforderung auf bis zu 100 % des verwendeten Grundmaterials einstellen lässt. Dies eröffnet dem Konstrukteur neuen Gestaltungsspielraum. So lassen sich jetzt auch Formen mit senkrecht fallenden, tiefen Senken und schmalen Stegen innerhalb weniger Stunden herstellen. Dabei ist es kein Problem, Kanäle parallel zur Oberfläche einer Kavität vorzusehen. Dadurch wird das Tiefbohren von Heiz- und Kühlkanälen entbehrlich.
Allerdings können derzeit weder die Oberflächengüte noch die rund 0,1 mm geometrische Genauigkeit der SLM-Teile mit geschlichteten oder erodierten Tools konkurrieren.
Einer der ersten Anwender, der Lohnfertiger Otni aus Borchen in Westfalen, erzielte mit SLM-generierten Formen bei der Herstellung von Blechteilen mit immerhin 3 mm Materialstärke Stückzahlen von rund 3000 – ohne dass die Werkzeuge sichtbaren Verschleiß zeigten. Obschon der Bauraum des Realizer die maximale Bauteilgröße vorgibt, lassen sich durch Segmentierung auch größere Teile realisieren, „und zwar in Rekordzeit sowie sehr wirtschaftlich“, sagt Otni-Geschäftsführer Jürgen Gerold. Sein Unternehmen verfügt inzwischen über Erfahrungen mit rund 40 SLM-gefertigten Werkzeugsätzen für die Blechumformung.
Dass der im Hauptgeschäft auf Blechzuschnitte und Blechbiegeteile spezialisierte Lohnfertiger trotz der laut Gerold durch die Bank überzeugenden Ergebnisse noch keinen eigenen Realizer einsetzt, hat damit zu tun, dass die Auslastung noch nicht gegeben ist. Gerold: „Die Möglichkeiten dieser neuen Technologie müssen sich erst noch herumsprechen.“
Im Vergleich zu einer CNC-Fräsmaschine ist der Preis für einen Realizer zwar deutlich höher, dafür aber bietet das SLM aber eine Reihe von Vorteilen:
- Die erforderliche Qualifikation zur Bedienung des Gerätes ist deutlich niedriger als beim NC-Fräsen.
- Beim SLM-Verfahren entfällt der aufwendige Rüstaufwand komplett.
- Als Substratplatte zum Aufbau des Bauteils kann direkt eine Maschinenaufnahme verwendet werden. Der Werkzeugsatz lässt sich so direkt auf der Presse einbauen und einsetzen.
- Es lassen sich auch Werkstoffe verarbeiten, die sich nur schwer oder überhaupt nicht prozesssicher zerspanen lassen.
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