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Blick ins Innere desWerkstücks

Computer-Tomograph misst innere Geometrie
Blick ins Innere desWerkstücks

Computer-Tomographen zerlegen den Prüfling in hauchdünne Scheibchen, ohne ihn zu zerstören. Dadurch werden auch Fehler im Innern des Werkstücks sichtbar.

Norbert Schmidt ist Geschäftsführer der Promod Prototypenzentrum GmbH und der Promod Technolgies GmbH in Horb

Die Computer-Tomographie kommt ursprünglich aus der Medizintechnik. Das amerikanische Unternehmen SMS Scientific Measurement Systems Inc. in Austin, Texas, hat die Technologie weiterentwickelt und dadurch auch für technische Zwecke nutzbar gemacht. Einsatzmöglichkeiten sind das schnelle und berührungslose Vermessen dreidimensionaler Strukturen oder die zerstörungsfreie Materialprüfung. Hierzu zählen das Prüfen auf Lunker, Risse oder Werkstoffdichte. Das Reverse Engineering und die Finite-Elemente-Analyse (FEA) realer Bauteile sind weitere Anwendungsfelder.
Mit dem Verfahren werden in kleinen Abständen Querschnitte der Prüflinge erzeugt. Hierfür wird das zu vermessende Werkstück mit einer energiereichen, durch Blenden und elektromagnetische Einrichtungen gebündelten Röntgenstrahlung bestrahlt. Aus den Aufnahmen lassen sich Geometrien, Dichten oder Werkstoffverteilungen ableiten.
Bei dem Verfahren rotieren die Werkstücke auf einem NC-Tisch und werden gleichzeitig horizontal und vertikal bewegt. Die vom Werkstück beeinflussten Röntgenstrahlen treffen auf einen Röntgendetektor, der die eingehende Strahlung empfängt und speichert. Eine Auswertesoftware erzeugt auf einem Farbbildschirm das Abbild des Werkstücks. Dies kann beispielsweise eine Punktewolke oder ein interpoliertes, dreidimensionales Linienbild sein.
Typische Anwendungen für die Computer-Tomographie gibt es in der Flugzeugindustrie, im Automobil- und Aggregatebau sowie in der Elektronik. Wegen der Möglichkeit zum Reverse Engineering, also dem Erzeugen von CAD-Daten aus einem bereits vorhandenen Werkstück, eignet sich die Technik für Designer, Entwicklungsingenieure sowie Werkzeug- und Formenbauer. Mit den gebündelten Röntgenstrahlen lassen sich Werkstücke aus nahezu allen Werkstoffen erfassen. Allerdings sind die Anschaffungskosten für Computer-Tomographen sehr hoch. Daher werden die gewünschten Messungen und Untersuchungen gewöhnlich bei einem Dienstleister durchgeführt, beispielsweise der Promod Technologies GmbH in Horb am Neckar.
Das vollständige Erfassen von Geometrien ist mit herkömmlichen Messverfahren nur bedingt möglich. Viele Werkstückbereiche sind für Messtaster, optische Messeinrichtungen mit Durchlicht oder Kameras nicht zugänglich. Vor allem lassen sich die Geometrien im Inneren der Werkstücke damit nicht erfassen, beispielsweise die Lage und Geometrie der Überströmkanäle im Zylinderkopf eines Verbrennungsmotors oder die Gewindebohrungen für Ansaug- und Auspuffkrümmer im Aluminiumgussteil. Mit bekannten Messverfahren ist dies ohne Zerstörung einzelner Bauteile, sprich dem Sägen von Querschnitten, ausgeschlossen. Mit der Computer-Tomographie ist das kein Problem. Sie liefert Bilder der Werkstückgeometrien auch von unzugänglichen Stellen. Lage, Länge und Durchmesser der Gewindebohrungen lassen sich auf diese Weise messen.
Bei zahlreichen Qualitätsprüfungen, insbesondere in der Automobilindustrie und der Verfahrenstechnik, muss die Dichte und die Werkstoffverteilung in realen Bauteilen festgestellt werden. Nur wenn diese gegeben ist, kann mit der erforderlichen Bauteilfestigkeit gerechnet werden. Zerstörende Messverfahren eignen sich für diese Aufgabe nur bedingt. Erstens verursachen sie einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand, zweitens lässt sich nur anhand von Stichproben die tatsächliche Werkstoffverteilung feststellen. Bei den übrigen Werkstücken muss man sich auf die Vermutung stützen, dass die Werkstoffverteilung derjenigen im zerstörten Bauteil entspricht. Das ist in vielen Fällen ein unbefriedigendes Verfahren, beispielsweise bei tiefgezogenen Blechen.
Bessere Ergebnisse bringt hier die Computer-Tomographie. Bei einer Reifenprüfung liefert die Technik die Materialdichte und die Werkstoffverteilung über beliebige Querschnitte. Typischerweise werden die Querschnitte in Abständen von etwa 0,5 mm aufgenommen.
Sinnvolle Einsätze sind auch in der Elektronik zu finden. In dieser Branche werden zunehmend mehrlagige Bauteile entwickelt, um eine hohe Packungsdichte zu realisieren. Möglichst viele Funktionen sollen im vorgegebenen Bauraum integriert werden. Ein Beispiel sind mehrlagige Elektronikplatinen, die in Computern oder Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Aber auch Gehäuse aus gespritztem Thermoplast mit integrierten Leiterbahnen und Punktkontakten lassen sich am besten mit Computer-Tomographen prüfen. Um die Funktion zu gewährleisten, müssen diese Gehäuse vor dem Einbau auf Kurzschlüsse zwischen den Leiterbahnen geprüft werden. Das bisher übliche Messen der elektrischen Leitung erfordert aufwendige, kostenintensive Sondervorrichtungen. Weil jedes Werkstück auf diese Apparatur gebracht und elektrisch über aufwendige Kontakte und Stecker verbunden werden muss, sind diese Messungen sehr zeitaufwendig. Schneller lässt sich die korrekte, berührungsfreie Lage der Leiterbahnen mit dem Computer-Tomographen prüfen. Dieser liefert ein Bild der Leiterbahnen im Inneren des Kunststoffgehäuses. Der Bediener kann so innerhalb weniger Minuten die Funktion der Gehäuse abchecken.
Der Werkzeug- und Formenbau konstruiert heute Formen ausschließlich auf CAD-Anlagen. Eine CAD-CAM-Kopplung ermöglicht das kostengünstige, fehlerfreie Generieren der benötigten NC-Programme zum Bearbeiten der Stahl- oder Aluminiumformen. Für zahlreiche Werkstücke, die in früheren Jahren von Designern entwickelt wurden, gibt es aber keine CAD-Daten. Das Reverse Engineering, also das Digitalisieren der Werkstücke und die anschließende Übernahme in die CAD-Konstruktion, ist relativ aufwendig. Bei diesem Verfahren werden die Werkstücke mit taktilen oder optischen Messverfahren computergerecht aufbereitet. Soll sich dabei der Aufwand in Grenzen halten, stehen am Ende vergleichsweise wenig Geometriedaten zur Verfügung: Das erzeugte Abbild im CAD-System ist oft nur grob an das reale Werkstück angenähert.
Das Digitalisieren der Werkstücke mit einem Computer-Tomographen ist genauer und umfassender. Innerhalb weniger Stunden liefert er Punktewolken mit mehreren zehntausend Pixeln der digitalisierten Werkstücke. Daraus lassen sich mit Hilfe einer speziellen Software Flächen erzeugen, die an nahezu alle marktüblichen 3D-CAD-Systeme übergeben werden können.
Röntgenstrahlen liefern Querschnitte Lunker und Risse haben keine Chance
Die Computer-Tomographie ermöglicht einen Blick in das Innere beliebiger Werkstücke aus nahezu allen üblichen Werkstoffen. Ähnlich wie bei medizinischen Röntgenverfahren werden weiche Röntgenstrahlen ausgesandt. Sie regen beim Durchdringen der Werkstücke die Atome an. Die davon ausgehende Strahlung wird mit einem Detektor aufgenommen und anschließend ausgewertet. Durch Drehen des zu untersuchenden Werkstücks erfasst der Detektor das Werkstück aus unterschiedlichen Winkeln. Daraus entwickelt die Auswertesoftware zunächst das zweidimensionale Bild eines Querschnitts. Wird der zu untersuchende Körper zusätzlich vertikal bewegt, entsteht daraus eine dreidimensionale Darstellung.
Da die Genauigkeit wenige tausendstel Millimeter erreichen kann, eignet sich die Computer-Tomographie zum Messen von inneren Merkmalen wie beispielsweise Geometrien innerhalb stranggepresster Hohlprofile. Ebenso kann der Anwender Formen und Abmessungen beispielsweise bei mehrlagig verschweißten oder durch Umformen miteinander verschachtelten Blechteilen messen und prüfen. Die Computer-Tomographie liefert zuverlässige Informationen über Lunker oder Risse in Gussteilen aus Metallen oder Kunststoffen in beliebiger Tiefe – ohne das Werkstück dabei zu zerstören. :
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