Mit Hilfe der Bildverarbeitung lernt der Roboter das Sehen. Der stählerne Kollege trägt die Brille sozusagen am Handgelenk, wodurch sein Griff optimiert wird. Dadurch lassen sich auch unförmige Rohlinge besser greifen und für die weitere Bearbeitung in Stellung bringen.
Angelika Mirau ist Journalistin in Düsseldorf-Benrath
Die Qualitätssicherung hat sich längst in die Fertigung verlagert. Die Mess- und Prüftechnik bildet inzwischen das zentrale Element in der automatisierten Produktion, wobei die Bildverarbeitung dabei eine Schlüsselrolle spielt. Im automatisierten Produktionsablauf steuern Vision-Systemen die verschiedenen Fertigungsprozesse, greifen korrigierend ein und koordinieren die Abläufe. So wird beispielsweise der Transport kompliziert gestalteter Werkstücke von Vision-Systeme überwacht – etwa wenn Kurbelwellen-Rohlinge aus der Schmiede zu den nächsten Bearbeitungsgängen (Fräsen, Schleifen, Polieren) gebracht werden müssen.
Mit Kameras lassen sich komplexe Werkstück-Geometrien in drei Dimensionen komplett vermessen. 3D-Messanlagen, wie sie zum Beispiel die Vitronic GmbH anbietet, bestimmen Form und Lage der unfertigen Wellen auf dem Förderband. Hierfür kommen ein Diodenlaser und eine Matrixkamera zum Einsatz, die nach dem so genannten Lichtschnitt-Verfahren arbeiten. „Weder zurückbleibende Zunder- schichten und Schlackenreste, noch eine Verkippung der Rohlinge aus der Vertikalen beeinträchtigen die Messgenauigkeit“, freut sich Dr. Bernhard Minge, Vision-Experte bei dem Wiesbadener Unternehmen. Die Technik funktioniere sogar in einem Umfeld mit starker elektromagnetischer Strahlung.
Mit einem 3D-System an seinem „Handgelenk“ wird der Roboter am Förderband zum räumlich sehenden Automaten, der die Wellen-Rohlinge routiniert an ihren Hauptlagern fasst. Danach werden die Werkstücke präzise in die für ihre Oberflächenbearbeitung geeignete Position gerückt.
Mit innovativer Mess- und Prüftechnik lassen sich die äußere und die innere Beschaffenheit verarbeiteter Materialien gezielt auf Fehler und Mängel kontrollieren. Sind die Walzen oder Wellen am Ende tatsächlich makellos gefräst oder rundum glattgeschliffen? Sind die Schweißnähte außen wie innen sauber zusammengefügt? Solche Fragen lassen sich mit Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung beantworten und – nach digitaler Umsetzung der Messergebnisse – auf dem Bildschirm nachweisen.
Die Inspektionssysteme werden als Kontrollinstrumente in die Maschinen installiert und sind damit vollständig in die automatisierte Fertigung eingebunden. Es gibt unterschiedliche Varianten bei der Werkstoffprüfung: So erkennen zum Beispiel Spezialkameras bei LED-Beleuchtung jede Formabweichung oder Unebenheit des verarbeiteten Materials. Basis für die optische Inspektion sind modular aufgebaute Sensoren, wobei jedes Modul aus einer Kamera und einer Beleuchtungseinheit besteht. Im Inneren des Materials entstandene Bearbeitungsfehler wie Risse, Hohlräume oder Fremdeinschlüsse werden dagegen mit Ultraschall nach dem so genannten Impuls-Echo-Verfahren entdeckt und mit Hilfe eines Sonogramms auf dem Bildschirm dargestellt.
Mängel an verdeckten oder verkapselten Bauteilen lassen sich jedoch am zuverlässigsten von Testautomaten mit Röntgenblick aufspüren, der nahezu alle Materialien durchdringt. Systeme mit Röntgenröhren prüfen zum Beispiel Hybride, die in Hochdrucksensoren für Einspritzsysteme von Kraftfahrzeugen verkapselt werden.
Die unterschiedlichen Prüftechniken lassen sich darüber hinaus auch miteinander verknüpfen und als komplette Einheit in den Fertigungsprozess integrieren. So hat sich bei der Qualitätskontrolle von Bauteilen beispielsweise ein Zusammenspiel von Licht- und Röntgenstrahlen bewährt. Bildverarbeitungssysteme können durch eine Kombination von Auflicht- und Röntgeninspektion sowohl die Oberfläche als auch das Innere von Bauteilen begutachten.
Testanlagen dieser Art werden vor allem bei der Inspektion kompakter elektronischer Baugruppen für Handys und Computer eingesetzt. Dabei werden die unterschiedlichen Fertigungszustände von Leiterplatten kontrolliert, beispielsweise die Bestückung mit verdeckten Bauelementen, Lötverbindungen oder Pastendruck. Transport und Inspektion der Leiterplatten laufen dabei parallel. Das erhöht die Leistung des Testsystems und verbessert die Produktivität.
Durch die zunehmende Miniaturisierung in der Elektronikfertigung wacshen allerdings die die Anforderungen an die Qualitätskontrolle auf Röntgenbild-Basis. Entsprechend müssen die Röntgenröhren in ihrer Strahlleistung optimiert werden. Das Funktionsprinzip ist einfach: Die ausgesandten Elektronen werden von einer Kathode gebündelt und prallen gezielt auf den winzigen Brennfleck der Anode. Bei diesem Vorgang verwandeln sich rund 99 % der Energie in Wärme.
Für eine System-Optimierung entsteht hier ein Dilemma: Einerseits muss der punktförmige Brennfleck so klein wie möglich gehalten werden, um Randschatten und Unschärfen im Ergebnisbild zu vermeiden. Stand der Technik sind Röhren mit einem Brennfleck im Nanometer-Bereich. Andererseits aber kann ein auf das Minimum reduzierter Brennfleck die Wärme nur schwer verkraften. Dies zeigt sich im Ergebnisbild. Es bietet weniger Kontraste und verliert an Konturen.
Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma hat jetzt die Viscom AG gefunden. Das Hannoveraner Unternehmen verwendet in seinen Röntgenröhren ein mit Wolfram bedampftes Substrat aus reinem Kohlenstoff als Zielscheibe (Target) für den Elektronenbeschuss. Diese diamantharten Targets absorbieren ihre Eigenstrahlung weniger und besitzen eine bessere Wärmeleitfähigkeit als bei herkömmlichen Entwicklungen. „Mit dem Diamant-Target können nun auch im Nanofokus-Bereich höhere Strahlleistungen genutzt werden“, versichert ein Entwicklungsingenieur bei Viscom. Das bedeutet kontrastreiche und randscharfe Bilder selbst bei kleinsten Prüfobjekten.
Teilen: