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„CAD, FEM und Simulation heben prinzipielle Beschränkungen auf“

Christian Brecher, designierter Professor am WZL, über die Trends im Werkzeugmaschinenbau
„CAD, FEM und Simulation heben prinzipielle Beschränkungen auf“

Wie nur wenige andere Institute begleitet das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der Technischen Hochschule Aachen die Entwicklung der Fertigungstechnik und treibt sie weiter voran. Wir haben Christian Brecher – ab 2004 neuer Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen – gefragt, mit welchen Trends und Entwicklungen für die nahe Zukunft zu rechnen ist.

Das Interview führte Chefreporter Wolfgang Filì chefreporter@fili.net

Herr Brecher, ab Januar sind Sie neuer Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen an der Technischen Hochschule Aachen. Was haben Sie sich vorgenommen?
Zunächst einmal wird es nicht einfach sein, in die Fußstapfen meines Vorgängers zu treten. Es wird seine Zeit dauern, bis ich mich in die einzelnen Bereiche mit ihrer Bandbreite eingearbeitet habe. Ich freue mich aber auf diese Herausforderung und setze für die erste Zeit auf die Unterstützung von Professor Weck. Inhaltlich werde ich weiterhin engen Kontakt zur Werkzeugmaschinenbranche suchen und diesen ausweiten. Gerade der hohe Anwendungsbezug der Forschung am WZL hat mich schon immer gereizt.
Als Oberingenieur am WZL und später bei DS hatten Sie sich intensiv mit parallelen Kinematiken befasst. Welchen Stellenwert werden Sie ihnen als Hochschullehrer geben?
Parallelkinematiken können sich dort bezahlt machen, wo ihre besonderen Potenziale gezielt genutzt werden. Dies ist etwa bei der Hochleistungsbearbeitung komplexer Flugzeugintegralbauteile der Fall. Der Zerspanungsanteil liegt hier bei bis zu 95 Prozent und der Anteil fünfachsiger Fräsarbeiten bei 80 Prozent.
Mit welchen Trends bei Werkzeugmaschinen rechnen Sie künftig, und welche Branchen treiben die Entwicklung am ehesten voran?
Die stärksten Impulse kommen derzeit aus der Automobilindustrie sowie der Luft- und Raumfahrtbranche. Dies wird einstweilen wohl so bleiben, führt gleichwohl aber auch dazu, dass etwa die Bearbeitung von Leichtbauwerkstoffen und die Leistungssteigerung bei schwer zerspanbaren Materialien wie Titan auch in der Forschung und Lehre eine exponierte Stellung haben – mit direktem Einfluss auf die Entwicklung von Maschinen, deren Komponenten sowie von Zerspanungswerkzeugen und die Funktionalität der eingesetzten Steuerung.
An welche Grenzen stoßen Werkzeugmaschinen aus Ihrer Sicht bereits heute?
Es gibt grundsätzliche physikalische Limits und es gibt technische Normen und Richtlinien, die wir entlang der wachsenden Möglichkeiten von Maschinen, Werkzeugen, Komponenten und Schneidstoffen ausbauen müssen. Sie alle stehen in Wechselbeziehung. Geht es beispielsweise darum, wie Schnittgeschwindigkeiten und Drehmomente weiter wirtschaftlich sinnvoll zu steigern sind, muss man auch über eine seinerzeit hochmoderne Schnittstelle wie den HSK 63 nachdenken. Galten bei dessen Entwicklung noch 80 Kilowatt Antriebsleistung und 30 000 Umdrehungen als Zukunftsmusik, machen magnetgelagerte Spindeln heute ohne weiteres größere Leistungen und Drehzahlen jenseits von 35 000 Touren möglich. Solche Evolutionen forschend zu begleiten und in Zusammenarbeit mit der Industrie voranzutreiben, wird ein wichtiger Teil meiner Arbeit in Aachen sein.
Nach Komplettbearbeitung, High-Speed- sowie Hochleistungszerspanung ist jetzt von „wachsender Intelligenz“ in der Werkzeugmaschinentechnik die Rede und davon, dass vor allem werkstück- und weniger verfahrens-bestimmt entwickelt wird …
Grundsätzlich sind solche Schlagworte nicht falsch. Maschinenkomponenten werden in unterschiedlichen Prozessen zunehmend an der technischen Leistungsgrenze betrieben. Umso wichtiger wird hier die kontinuierliche Überwachung kritischer Betriebszustände sein. Diese Überwachungs- und gegebenenfalls Regelalgorithmen zur Vermeidung kritischer Zustände können sowohl in der Komponente selbst als auch in der übergeordneten CNC integriert sein. Entscheidend für die künftige Entwicklung ist weiterhin die durchgängige Simulation von Maschine und Prozess mit leistungsfähigen Simulationssystemen. An dieser Stelle seien besonders CAD-, FEM- und Mehrkörpersimulationssysteme genannt, die heute tatsächlich mehr Möglichkeiten bieten als noch vor fünf bis zehn Jahren. Grundsätzliche Einschränkungen der Maschinen- beziehungsweise Fertigungstechnik lassen sich damit bereits im Vorfeld kreativ auflösen. Auch hier wird es in der nahen Zukunft weitere Fortschritte geben. Und in der Tat: Soweit es um Sonder- und weniger um Serienmaschinen geht, werden diese Entwicklungen in erster Linie applikationsbezogen sein und nicht wie früher durch die Maschinengattung bestimmt.
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