Man könnte sie als die jungen Wilden der Industrie bezeichnen. Die Carbon-Pioniere haben sich lange Zeit nahezu unbehelligt in der Formel 1 ausgetobt. Ihr Werkstoff, Carbonfaser-verstärkter Kunststoff (CFK), kam immer dann ins Gerede, wenn wieder einmal ein Rennfahrer – wie durch ein Wunder – unverletzt seinem verunglückten Boliden entstieg. CFK machte auch in der Luftfahrt von sich reden. Und nun trifft die Branche die volle Wucht des Interesses aus dem Automobilbau mit Stückzahlen, die bisher unvorstellbar waren für Carbon. Klar, jetzt wird entwickelt auf Teufel komm raus – für Normung ist wenig Zeit. Aber es ist auch ein Punkt erreicht, an dem die „jungen Wilden“ sich einer Erkenntnis aus der alten Industrie stellen sollten: Wenn CFK zu einem allgemein verwertbaren Werkstoff werden soll, dann braucht es ein Mindestmaß an Standards. Es ist kein guter Zustand, für jedes neue Bauteil mit ‚trial and error‘ weitgehend wieder von vorne beginnen zu müssen. Man denke nur an die Erleichterung bei BMW, als im Blick auf das „project i“ die „Automobilfaser“ mit allen ihren Spezifikationen gefunden war. Oder an den Jubel der E-Mobil-Szene, als die Entscheidung für einen einheitlichen Ladestecker fiel.
Tatsache ist: Manche Standards sind unabdingbar und öffnen Schleusen für Neues. Wird die CFK-Branche nicht selbst aktiv, kann es passieren, dass die Automobilindustrie die Standards diktiert. Zum Glück gibt es patente CFK-Dachorganisationen in Deutschland, die jetzt die Initiative ergreifen. Sie haben das Know-how und die Vernetzung, um Standardisierungsbemühungen in die richtigen Kanäle zu lenken und zu begleiten. Es ist zu wünschen, dass sie genügend Mitstreiter finden – dem Hightech-Werkstoff Carbon zuliebe und dem Standort zugute.
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