Wer sein Unternehmen an einen chinesischen Investor verkaufen möchte, muss viel Geduld aufbringen. Denn die Geschäftsleute aus Fernost sind knallharte Verhandlungspartner – und für viele Inhaber die letzte Hoffnung.
Seit 2003 kaufen sich chinesische Investoren in den deutschen Mittelstand ein. Bis dato haben sie bereits weit mehr als 300 Mittelständler mit einem Umsatz zwischen 500 000 Euro und 10 Mio. Euro übernommen und dabei mehr als 2 Mrd. Euro investiert. Bei der Auswahl ihrer Targets setzen die Asiaten auf Schnäppchen: Sie suchen gezielt wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen, die trotz hoher Verluste über innovative Technologie, ausgebaute Vertriebswege und renommierte Markennamen verfügen. Während der Transaktion verhandeln die Chinesen hart und feilschen um jeden Cent. Dennoch sind sie oft die letzte Hoffnung, wenn Mittelständler aufgrund ihrer Schieflage für westliche Verhältnisse als unverkäuflich gelten.
Die Übernahmeverhandlungen gestalten sich angesichts gravierender kultureller Differenzen langwierig. Es bedarf während der Transaktion viel Geduld und Fingerspitzengefühl: Chinesische Manager hassen es, mit der Tür ins Haus zu fallen. Deshalb sollte die Erstansprache der Interessenten grundsätzlich indirekt über vertraute Banken oder Berater erfolgen, um die Investoren nicht vor den Kopf zu stoßen.
Ist der Kontakt hergestellt, gilt es, Vertrauen aufzubauen und sich besser kennen zu lernen. Wenn diese Hürde genommen ist, empfiehlt es sich, einen in die Transaktion eingeweihten Dolmetscher zu engagieren. Es gibt typische Fehler: So zu hoher Zeitdruck, der von Verkäuferseite ausgeübt wird, sowie die exzessive Betonung einer Vielzahl von Vertragsdetails.
Eine weitere chinesische Eigenart ist die Gewohnheit, mündliche Zusagen während der Verhandlungen im Nachhinein zu modifizieren oder zurückzuziehen. Entsprechend sollten Verkäufer die Zwischenergebnisse einzelner Verhandlungsphasen immer schriftlich protokollieren und dadurch ihre Verbindlichkeit absichern.
Die Zahlungsbereitschaft der Chinesen ist im Vergleich zu anderen ausländischen Investoren unterdurchschnittlich. Während ausländische Käufer für deutsche KMU etwa 30 % höhere Kaufpreise zahlen als deutsche Bieter, sind sich die Chinesen ihrer starken Verhandlungsposition beim Kauf eines Sanierungsfalls bewusst. Deshalb feilschen chinesische Investoren bis zum letzten Cent. Sie gehen bei Preisverhandlungen stets davon aus, dass sich der anfänglich geforderte Kaufpreis noch deutlich nach unten verhandeln lässt. Geschickte Verkäufer fordern von Chinesen entsprechend gleich zu Beginn einen höheren Preis, als sie es im Gespräch mit anderen Investoren tun würden.
Dabei sollten Verkäufer während der Verhandlungen chinesischen Investoren nicht zu schnell Zugeständnisse machen, sondern sich ebenfalls als zähe Geschäftsleute beweisen. Denn in China gelten harte Verhandlungspartner als ehrenwerte und erfolgreiche Geschäftspartner. Ein zu rasches Einknicken oder Nachgeben wird dagegen als persönliche Schwäche ausgelegt.
Michael Keller
Der Autor
Michael Keller ist Teilhaber bei der auf M&A-Transaktionen im Mittelstand spezialisierten Beratungsgesellschaft Klein & Coll. sowie Dozent an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/M. und am Stuttgart Institute of Management and Technology (Universität Hohenheim).
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