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Das Berater-Team im Hintergrund hält die Firma auf der Erfolgsspur

Beiräte und freiwillige Aufsichtsräte unterstützen Mittelständler bei der Strategie
Das Berater-Team im Hintergrund hält die Firma auf der Erfolgsspur

Guter Rat ist teuer. Viel zu wenig mittelständische Industrieunternehmen nutzen die Chancen eines Beirats oder freiwilligen Aufsichtsrats, wissen Experten. Wird ein externes Beratergremium professionell besetzt und organisiert, zahlt sich dies für den Unternehmer schnell aus.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Über die Menschen, die ihre Arbeit kontrollieren, weiß Dorothee Stein-Gehring nur Gutes zu berichten: „Unser Aufsichtsrat hat sich bei allen bedeutsamen Entscheidungen als außerordentlich nützlich erwiesen.“ Bei der Maschinenfabrik Gehring GmbH & Co. KG in Ostfildern nimmt ein Kontrollgremium aus vier externen Experten und einem Anteilseigner die Arbeit der Geschäftsführenden Gesellschafterin Stein-Gehring und des Managements unter die Lupe. Das Besondere: Das Ganze geschieht freiwillig. Denn nach Gesetz wäre für das Familienunternehmen gar kein Kontrollorgan vorgeschrieben.
Derzeit zeigt sich erneut das Wirken des Gremiums im Hintergrund, wie Dorothee Stein-Gehring betont. Es steht der Wechsel zur vierten Generation an. „Der Aufsichtsrat hat den Entscheidungsfindungsprozess begleitet“, beschreibt die Firmenchefin die Rolle des Kontrollgremiums. Jetzt ist der Weg des Weltmarktführers in der Hontechnologie vorbereitet: Julia Herion, die Tochter der Geschäftsführenden Gesellschafterin, ist in das Familienunternehmen eingetreten und steht für die Nachfolge bereit.
Immer mehr Unternehmen installieren einen Beirat oder einen freiwilligen Aufsichtsrat, beobachten Experten. Die Gründe sind vielfältig: Mal wollen die Eigentümer sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen und noch ein Wörtchen mitreden, mal will ein Start-up das Know-how und die Kontakte von alten Hasen nutzen. Meist will der Unternehmer einen festen Beraterkreis, der ihn vor Fehlentscheidungen bewahrt.
Doch mittelständische Betriebe haben Nachholbedarf, wenn es um freiwillige Kontrollgremien geht. Gerade mal ein Viertel der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der deutschen Industrie hat einen Beirat oder einen freiwilligen Aufsichtsrat, so lautet ein Ergebnis der jüngsten Mittelstands-Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn.
„Die Industrie und vor allem der industrielle Mittelstand hegen offenbar keine allzu großen Sympathien für die institutionalisierte Mitsprache eines externen, freiwilligen Gremiums“, so lautet das Urteil von Dr. Gunter Kayser, dem Wissenschaftlichen Geschäftsführer des IfM. Sind Beiräte vorhanden, finden sie sich meist in den größeren Betrieben. Meist handelt es sich laut IfM um ein ad-hoc geschaffenes Gremium, kritisiert Mittelstandsforscher Kayser. Diese Beiräte verfügen nur über begrenzte Kompetenzen und sind auf einen bestimmten Personenkreis zugeschnitten: Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Familienmitglieder.
Genau darin kann der Fehler liegen. „Viele Beiräte haben in der Unternehmenspraxis tatsächlich den Charakter von Kaffeekränzchen“, sagt Prof. Dr. Peter May von der Intes-Akademie für Familienunternehmen aus Bonn. Das liege nicht zuletzt an der Auswahl der Mitglieder: der Duzfreund aus dem Golfclub, der Hausbanker, der eigene Steuerberater. Von solch einem Gremium könne man keinen strategischen Input erwarten, wie Fachmann May erläutert. Interessenskonflikte der Mitglieder seien programmiert. So sind vielmehr externe Fachleute gefragt: „Erfahrene Unternehmer und Fremdmanager bringen in Familienunternehmen den größten Nutzen“, rät der Gründer und Chef der Intes-Akademie. Das Institut hat vor einiger Zeit eine Beiratsbörse ins Leben gerufen. Experten mit speziellem Know-how stehen dort bereit, um von den Unternehmern verpflichtet zu werden, die das Wissen eines Fachmannes benötigen.
Wie wichtig externe Beratung ist, hat eine Untersuchung der KfW Mittelstandsbank zu Tage gebracht. Die Forscher erfragten, was erfolgreiche Unternehmen ausmacht. Ein Ergebnis lässt aufhorchen: Von gescheiterten Unternehmen hatten 94 % entweder gar keine Berater oder sie waren in externer Dauerberatung. Fazit der KfW: Auf das richtige Maß kommt es an. Einerseits muss die unternehmerische Verantwortung erhalten bleiben, der Chef soll nicht jede Entscheidung an Unternehmensberater delegieren. Andererseits darf sich der Patron aber nicht als beratungsresistent erweisen.
Hat sich ein Unternehmer entschieden, einen Beirat oder freiwilligen Aufsichtsrat zu installieren, muss er das Projekt mit Weitblick planen, wie Intes-Gründer May weiß. Man muss darauf achten, dass Kompetenzen und Aufgaben klar geregelt sind, seine Zusammensetzung stimmt und das Gremium professionell organisiert ist, und zwar im Hinblick auf:
  • Aufgaben und Kompetenzen: Die Kernaufgabe eines Beirates ist, an der Festlegung der Unternehmensziele mitzuwirken. Vor der Geschäftsführung hat er eine Strategie einzufordern und auf Plausibilität zu überprüfen, Ziele zu formulieren und anhand von Zahlen zu kontrollieren. Neben der strategischen Aufgabe fungiert der Beirat im Familienunternehmen häufig als Vermittler zwischen Geschäftsführung und Gesellschaftern. Oft begleitet er die Unternehmensnachfolge oder dient als Reserve im Not- oder Krisenfall.
  • Zusammensetzung und Anforderungen: Beiräte bestehen in der Unternehmenspraxis meist aus drei bis fünf Personen, je nach Unternehmensgröße und Anzahl eventueller Miteigentümer oder Familienstämme auch über mehr. Entscheidend ist die persönliche und fachliche Qualifikation der Mitglieder. Ein Beiratsmitglied, das mehr bringt, als es kostet, muss für das Unternehmen Qualifikation und Erfahrung mitbringen – und es muss wissen, wie ein Familienunternehmen funktioniert.
  • Organisation: Die Beiratssatzung muss wesentliche Kriterien beinhalten, um das Funktionieren des Gremiums zu gewährleisten: Altersgrenze, klare Festlegung von Aufgaben und Kompetenzen, Sitzungsordnung, Haftungsfragen. Der Vorsitzende bestimmt die Effizienz der Sitzungen. Mit einer professionellen Vorbereitung und Moderation bleibt Reibungsverlust erspart.
Das Know-how dieses Gremiums gibt es für den Unternehmer natürlich nicht umsonst. In einer Studie zum Thema hat die Intes-Akademie eine durchschnittlich Beiratsvergütung von 14 000 Euro pro Mitglied pro Jahr ermittelt, abhängig von der Größe des Unternehmens, der Verantwortung des Beirats und der Sitzungshäufigkeit.
Der Vorsitzende hat im Gremium eine Sonderrolle. Beim Werkzeugmaschinen-Hersteller Gehring ist der erste Mann des Kontrollorgans kein geringerer als Berndt Heller, Inhaber und Chef der Heller Maschinenfabrik im benachbarten Nürtingen und ehemaliger Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW). Wie Gehring ist Heller Werkzeugmaschinen-Experte, wenn auch auf anderem technischen Gebiet. Er führt ein Familienunternehmen, den Kundenkreis kennt er und auf internationalen Märkten ist er zu Hause.
Bei den externen Aufsichtsratsmitgliedern habe man auf drei Kriterien Wert gelegt, erläutert Firmenchefin Stein-Gehring: Sachkompetenz im Bereich Maschinenbau, internationale Erfahrung gerade im Hinblick auf die rasante Globalisierung, die auch Gehring gerade durchläuft, sowie Weitblick und Risikobereitschaft. Die Aufgaben des Gehring-Aufsichtsrates sind klar umrissen. So soll das Organ die Entwicklung des Unternehmens und der Märkte permanent beobachten. Außerdem sollen die Berater Entscheidungshilfen formulieren, wenn es um Personalfragen in der Geschäftsleitung geht oder um die Frage nach der Vergütung für die Chefetage, wie die Firmenlenkerin weiter erläutert.
Dass die Aufsichtsräte ständig auf dem Laufenden sind, stellt das Unternehmen dadurch sicher, dass sie an das Management-Informationssystem des Familienkonzerns angeschlossen sind, der immerhin 900 Mitarbeiter beschäftigt. Drei Mal im Jahr wird im Aufsichtsrat getagt, wenn’s brennt auch häufiger.
Das schwäbische Unternehmen setzte seinen Aufsichtsrat im Jahr 1988 ein, als der Wechsel zur dritten Generation im Unternehmen anstand. „Ziel war es, die Geschäftsführung beratend zu begleiten“, erläutert Dorothee Stein-Gehring, die damals das Ruder übernahm. Heute mag sie das Kontrollgremium nicht mehr missen. Bestes Indiz: „Seit 1988 gab es keinen einzigen Fall, in dem es mit dem Aufsichtsrat zu Differenzen gekommen ist.“
Mittelstand mit Nachholbedarf bei Kontrollorganen
Beratung hat wichtige Rolle für den Unternehmenserfolg

Börsen für die Beiratssuche
Um an die richtigen Beiräte für das Unternehmen zu kommen, gibt es unter anderem die Möglichkeit von Beirats-Börsen:
Intes-Beiratsbörse
Die Intes-Akademie für Familienunternehmen beispielsweise bietet eine Beiratsbörse an. Intes will sein Netzwerk aus Fachleuten mit den Unternehmen zusammenbringen. Der Pool umfasst unterschiedlichste Qualifikationen. Unternehmer, Fremdmanager aus Familienunternehmen und Konzernen, Hochschullehrer, Berater, Banker und andere erfahrene Personen. Intes verlangt für die Vermittlung die Hälfte eines Jahressalärs des Beirates. Dabei gibt es eine Umtauschgarantie, wenn sich Unternehmen und Beirat innerhalb eines Jahre trennen.
Mittelstand Plus
Ein Expertennetzwerk für Bei- und Aufsichtsräte betreibt auch Mittelstand Plus, eine Initiative von KfW, DIHK und der Unternehmensberatung McKinsey. Unternehmer, die sich registrieren lassen, erhalten Zugang zu einer Experten-Datenbank. Die Daten werden zunächst vertraulich behandelt, es folgt eine Kontaktanfrage und bei Interesse kommt ein Treffen zu Stande, um zu sehen, ob bei den zukünftigen Partnern die Chemie stimmt. tv

Das leisten Kontrollorgane
Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat ist in Aktiengesellschaften und Genossenschaften vorgeschrieben (AktG, GenG). Daneben gibt es auch Aufsichtsräte teils obligatorisch, teils fakultativ – in GmbH, KG und OHG. Die Aufgaben des Aufsichtsrates sind grundsätzlich die gesetzlich geregelten Kontrollfunktionen, wie Überwachung der Geschäftsführung und Prüfung der Berichterstattung. Daneben können zusätzliche Aufgaben in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. Vor allem die Beratungsfunktion nimmt immer größeren Raum ein.
Beirat
Den Beirat gibt es traditionsgemäß meist in nicht aufsichtsratspflichtigen GmbH. Heute nutzen viele Unternehmen das Organ Beirat zur Managementunterstützung. Da der Begriff nicht im Gesetz verankert ist, existieren auch keine Vorschriften über die Rolle von Beiräten. Die Aufgaben werden in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag formuliert. Beiräte haben häufig nur eine beratende Funktion und nehmen auf die Belange des Unternehmens abgestimmte Aufgaben wahr.
(Quelle: Mittelstand Plus)

So wird der Beirat ein Erfolg

Tipps zur Beiratsgründung von Prof. Dr. Peter May, Gründer der Intes-Akademie für Familienunternehmen in Bonn, exklusiv für Industrieanzeiger-Leser:
  • Definieren Sie den gewünschten Nutzen, die Aufgaben und die Kompetenzen sowie die gewünschte Zusammensetzung, bevor Sie nach geeigneten Personen für einen Beirat suchen.
  • Geben Sie Ihrem Beirat Verantwortung und sorgen Sie für einen professionellen Ablauf der Sitzungen.
  • Verzichten Sie auf die Verpflichtung von Hausberatern und Freunden, holen Sie fremde erfahrene Persönlichkeiten in Ihren Beirat.
  • Nutzen Sie die Hilfe eines Spezialisten bei der Auswahl der Beiräte.
  • Sparen Sie nicht bei der Bezahlung – ein guter Beirat bringt mehr ein, als er kostet.
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