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Das Ende von Covisint kam still und leise

Virtueller Marktplatz der großen Autobauer ist gescheitert
Das Ende von Covisint kam still und leise

Das Ende von Covisint kam still und leise
Die Produktion bei Mercedes läuft auch ohne den Marktplatz Covisint:Die großen Automobilhersteller benötigen offenbar doch keinen Marktplatz, um mit Tier-1-Lieferanten zu kommunizieren. Covisint wurde verkauft (Bild: Daimler-Chrysler)
Nach dem Verkauf des größten elektronischen Marktplatzes der Automobilindustrie wird deutlich: Nicht nur interne Probleme ließen das Projekt scheitern. Vor allem fehlte der Bedarf.

Thomas Baumgärtner ist Journalist in Kusterdingen

Der Abschied von Covisint erfolgte nach und nach, still und leise: Zunächst war die Auktionssparte an den Software-Dienstleister Free Markets verkauft worden. Und jetzt übernahm still und leise Compuware den Rest. Die Gründung der Einkaufsplattform war von einem enormen Medienecho begleitet worden. Als sich die drei weltweit größten Automobilhersteller – Daimler-Chrysler, Ford und General Motors – 1999 entschlossen, eine gemeinsame Plattform für die Anbindung ihrer Zulieferer zu gründen, herrschte Hochstimmung.
Die Zulieferer hingegen zeigten sich von Anfang an weitgehend skeptisch. Sie befürchteten, dass Covisint in erster Linie gegründet worden war, um die Preise zu drücken. Besonders die Auktionen, so die Angst, seien geeignet, die Margen nach unten zu drücken. Rechtsgutachten und Kartellverfahren wurden angestrengt, um den drohenden Marktmissbrauch zu verhindern. Seit gut einem Jahr ist es ruhig und ruhiger geworden um Covisint. Das Unternehmen machte bestenfalls mit Personalia-Meldungen auf sich aufmerksam. Bereits bei der Gründung holperte es in der Chefetage. Die Eigner konnten sich auf keine gemeinsame Spitzenposition verständigen. Jeder Konzern schickte einen Vertreter, die sich anscheinend oft gegenseitig blockierten. Innerhalb von zwei Jahren versuchten sich vier Manager an dem Job.
Der Erfolg bemaß sich entsprechend mäßig: 230 Mrd. US-$ könnten die beteiligten Autohersteller über Covisint umsetzen, hatte Daimler-Chrysler-Chef Schrempp bei der Gründung prognostiziert. Geworden sind es im Jahr 2002 gerade mal 80 Mrd. US-$.
Dabei macht die internetgestützte Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Abnehmern durchaus Sinn – und wird auch praktiziert. So kontrolliert beispielsweise Bosch nach dem Prinzip des Vendor Managed Inventory (VMI) über Covisint bei Mercedes die Bestände an Autobatterien und kann frühzeitig die Produktion hochfahren, wenn der Vorrat schwindet. Doch: VIM zwischen Tier-1-Lieferant und OEM benötigt keinen Marktplatz.
Eine Stufe tiefer scheint die Online-Welt eher in Ordnung: Bei Supply-on, oft als kleiner Bruder von Covisint bezeichnet, da auf Geschäfte zwischen Tier 1 und nachfolgende Lieferstufen spezialisiert, ist man davon überzeugt, die bessere Strategie gewählt zu haben: Zum einen schreibe Supply-on wie geplant seit Ende 2003 schwarze Zahlen, zum anderen habe sich die Anzahl der Kunden sowie der Transaktionen in den letzten zwölf Monaten mehr als verdoppelt, verkündet Markus Quicken, Vorstand Sales & Services des Unternehmens. Und: „Supply-on hat sich von Covisint von Anfang an in einigen Punkten wesentlich unterschieden“, befindet Unternehmenssprecherin Cornelia Staib. So hätte der Fokus von Supply-on nie auf Einsparungen durch Auktionen gelegen, sondern auf der Senkung von Prozesskosten für beide Seiten.
Interessant dürfte ein weiterer Unterschied sein: Die Zulieferindustrie ist auf Standards angewiesen, die Hersteller nicht zwangsläufig. Mit der Zulieferindustrie hat sich Supply-on für eine Zielgruppe entschieden, die standardisierte Marktplatzlösungen benötigt, um sinnvoll Geschäftsprozesse elektronisch abzuwickeln. „Die meisten Zulieferer sind kleine oder mittelständische Unternehmen, für die es keinen Sinn machen würde, sich zahlreichen unterschiedlichen Portalen anzuschließen“, argumentiert Staib.
Anders verhält es sich bei den Geschäftsbeziehungen zwischen Automobilherstellern und Tier-1-Lieferanten: Die Hersteller kommunizieren in erster Linie mit einer überschaubaren Anzahl an Großunternehmen. Und dies lässt sich auch über Unternehmensportale abwickeln.
Eine Ebene tiefer sind Marktplätze sinnvoll und erfolgreich
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