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Daten statt Softwarewerkzeuge integrieren

Simultanes Engineering: Wie Delphi zu seiner Software fand
Daten statt Softwarewerkzeuge integrieren

Automobilzulieferer müssen Simultaneous Engineering beherrschen. Viele kleine Unternehmen tun sich aber schwer damit. Ein Blick auf Erfahrungen und Entscheidungen der Großen kann helfen, die Trends in der zunehmend vernetzten Welt der Branche zu erkennen.

Der Einstig in das Thema Simultaneous Engineering begann beim nach eigenem Bekunden weltweit größten Automobilzulieferer mit einem Denkfehler: Die Planer dachten an ein Tool, das durch eine leistungsfähige Visualisierung beispielsweise Kollisionsprüfungen und die Ermittlung von Zusammenbausequenzen ermöglichen soll. Im Prinzip keine schlechte Überlegung.

Doch schnell stellte sich heraus, dass die isolierte Betrachtung des Produktes nicht der optimale Ansatz sein konnte. Eine vernünftige Software sollte auch den gesamten Planungsprozess abdecken. „Das Produkt zu visualisieren, bringt zwar Vorteile. Der größte Nutzen läßt sich jedoch erzielen, wenn wir das Produkt in Verbindung mit dem Prozess betrachten“, begründet dies Achim von der Mühlen, Programm Manager im Delphi Technical Center Wuppertal.
Die Planer des weltweit agierenden Zulieferkonzerns planten den Ausstieg aus dem herkömmlichen Physical Mockup (PMU) und den Einstieg in ein rechnergestütztes Digital Mockup (DMU) sehr sorgfältig. Denn der gesamte Prozess – von der ersten Produktidee bis hin zur Steuerung des operativen Fabrikbetriebs in der Serienproduktion – wird bei dem Automobilzulieferer bereits heute an vielen Stellen punktuell durch zum Teil sehr gute Softwarewerkzeuge unterstützt.
Diese Tools helfen, jeweils eine spezielle Aufgabe zu lösen und werden dazu während eines kurzen Abschnitts des Entwicklungs- und Planungsprozesses genutzt. „Echte Schlagkraft gewinnt eine Softwareunterstützung jedoch nur dort, wo ein so hoher Integrationsgrad erreicht wird, daß die eingesetzten Tools durchgehend vom Projektauftrag über die Konzeption, die Vor- und Serienplanung bis hinein in die Produktion genutzt werden können“, hebt Eai-Delta-Geschäftsführer Dr. Raimund Menges hervor. Dies gelinge aber nur, wenn die zu Grunde liegenden Datenmodelle in der Lage seien, mit unvollständigen und unscharfen Daten zu beginnen, um diese im Verlauf der Planung Schritt für Schritt zu ergänzen und zu konkretisieren.
Erschwerend kam bei Delphi hinzu, dass sich das Unternehmen in sieben Geschäftsbereiche gliedert. Es galt also, eine Softwarelösung zu finden, die möglichst viele Anwendungsbereiche innerhalb des Konzerns zu unterstützen vermag.
Um einen geeigneten Systempartner zu ermitteln, lud man nach einer Phase der Vorauswahl vier Anbieter zu einem Benchmarking-Verfahren ein und nahm deren Software in Onlinetests sehr kritisch unter die Lupe.
Entschieden haben sich die Delphi-Verantwortlichen schließlich für eine von der Eai-Delta GmbH in Fellbach bei Stuttgart angebotenen Lösung. „Nach vorangegangenen Pilotprojekten in Wuppertal und Luxemburg läuft seit Anfang 1999 die Einführung in unseren Technical Centers“, berichtet Delphi-Programm Manager Achim von der Mühlen. Im nächsten Schritt sollen die europaweit verteilten Produktionsstätten mit dem System ausgestattet werden. Herzstück des Digital MockUp/Digital Manufacturing(DMU/DMF)-Systems aus Fellbach ist eine Integrierte Prozessdatenbank. „Das darin enthaltene Datenmodell verknüpft die Schlüsselinstanzen Produkt, Prozess, Ressource und Fabrik miteinander“, erklärt Menges. „Änderungen in einer Instanz spiegeln sich dadurch sofort in allen anderen Instanzen wider. Die Integrierte Prozeßdatenbank ermöglicht so jedem einzelnen am Engineering-Prozeß Beteiligten eine rasche Reaktion auf alle Änderungen innerhalb der Planungskette.“ Indem sämtliche Informationen unternehmensweit zur Verfügung stehen, werden die Abläufe bei der Entwicklung, Planung und Implementierung verkürzt, Blindleistung verhindert und die Wettbewerbsfähigkeit unterstützt. „Eine erfolgreiche Softwareintegration basiert immer in erster Linie auf der Integration von Daten und nicht auf der Integration von Softwarewerkzeugen“, betont Dr. Raimund Menges, Geschäftsführer der Eai-Delta GmbH.
Zur Manufacturing-Lösung des Fellbacher Softwarehauses gehört auch ein „Ergo-Plan“ genanntes Planungsmodul – eine Hilfe, bei der es sich nach Meinung des Anbieters um mehr als ein reines Planungsinstrument handelt: Denn das Modul könne auch die Steuerung der realen Abläufe im Fabrikbetrieb übernehmen.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Delphi-Technikzentrum und der jeweiligen Fabrik wird künftig sehr eng gestaltet werden können: Bei einem Planungsprojekt greifen beide Stellen via Intranet auf einen gemeinsamen Datenpool zu. Produkt und Prozess lassen sich so simultan entwickeln. Die bisherigen Entwicklungszeiten sollen damit deutlich unterschritten, Fehler in einem sehr frühen Stadium erkannt und Änderungen der benötigten Werkzeuge vorgenommen werden.
Offene Systemarchitekturen sind für Zulieferer wichtig
Für die Automobilbauer ist das Time-to-market in den letzten Jahren zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Der daraus resultierende Zwang, die Einführung neuer Produkte zu beschleunigen, wirkt sich auch auf die Zulieferindustrie aus. „Unsere Kunden fragen immer öfter, ob Delphi in der Lage sei, Digital MockUp zu realisieren“, erläutert von der Mühlen. „Im Moment ist dies noch eine Kann-Frage. Es zeichnet sich aber ab, dass es in Zukunft zu einer unabdingbaren Voraus- setzung werden wird.“
Doch wer den virtuellen Zusammenbau beherrschen will, muß zuerst für eine Kollisionskontrolle sorgen. Denn die Module sind oft hochgradig komplex und bestehen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Komponenten, die oftmals auch noch von unterschiedlichen Quellen stammen. So auch bei Delphi: Manches wird von Bereichen innerhalb des Konzerns angeliefert, anderes stammt von externen Zulieferern. Bevor ein solches Bauteil geliefert wird, muß natürlich sichergestellt sein, dass es beim Einbau im Fahrzeug keine räumlichen Überschneidungen gibt.
„Ob es zu solchen Kollisionen kommt, kann man mit dem Visualisierungs-Tool von Eai-Delta relativ einfach überprüfen“, sagt von der Mühlen. „In das Datenmodell können Delphi-eigene Daten sowie Daten der Zulieferer geladen werden. Danach läßt sich sehr schnell erkennen, ob Überschneidungen auftreten.“ Diese werden farblich gekennzeichnet, können vermessen und mit Änderungsnotizen versehen werden, die dann per E-Mail an den Konstrukteur geschickt werden – mit der Bitte für Abhilfe zu sorgen.
Ähnlich wie bei der Delphi-internen Zusammenarbeit über das Intranet, sollen mittelfristig die externen Zulieferer an die Datenbank angebunden werden. Das würde ihnen erlauben, jederzeit auf den gesamten Bestand an Projektdaten zuzugreifen. Aus diesem Grund war bei der Auswahl des Systems eine offene Architektur ein entscheidendes Kriterium. So verfügt das gewählte System über Schnittstellen zu Office-, Virtual Reality- und E-Mail-Software.
In die neue Datenbank könnte aber auch noch eine Vielzahl weiterer Unternehmensdaten eingepflegt werden, wie zum Beispiel Investment-, Lohn- und Materialkosten oder Daten aus dem Bereich der Qualitätssicherung. Diese Idee sei gereift, weil die entsprechende Funktionalität von der nun eingesetzten Software bereits angeboten werde, erläutert Achim von der Mühlen: „Das Ganze könnte sehr interessant für den Vertrieb sein, weil die zu erwartenden Kosten bekannt sind, verschiedene Varianten kalkuliert werden können und somit ein umfassender Katalog an detaillierten und dokumentierten Informationen zur Verfügung steht.“
Viele dieser Daten ließen sich aus SAP-Anwendungen einlesen, so dass die seit Anfang 1999 bestehende Entwicklungspartnerschaft von SAP und Eai-Delta im Hause Delphi sehr begrüßt wird. tb
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