Startseite » Allgemein »

Datendurchmarsch verhilft zum schnellen Handeln

Vernetzung von Unternehmensleitebene und Produktion
Datendurchmarsch verhilft zum schnellen Handeln

Auch bei kleinen Losgrößen sind kurze Lieferzeiten das Gebot der Stunde. Die Informationstechnik stellt sich dieser Anforderung – und bietet als Lösung die vertikale Integration. Anwendungen, die mit der Echtzeitwelt der Produktion gekoppelt werden, versprechen kurze Reaktionszeiten.

Von unserem Redaktionsmitglied Werner Möller

Waren in den achtziger Jahren die flexiblen Fertigungssysteme das exklusive Aushängeschild für modernste Automatisierungstechnik bei wenigen großen Unternehmen, wird dies jetzt für Firmen jeder Größenordnung attraktiv. Die Standards bei Betriebssystemen und der Kommunikation haben hier den Weg bereitet.
„Bislang waren die Enterprise-Resource-Planning- (ERP) und die Automatisierungs-Ebene zwei völlig unterschiedliche Welten, sowohl was die Realisierung solcher Projekte betraf als auch in der grundsätzlichen Methodik der Einführung und der beteiligten Personen“, beschreibt Reinhard Achatz. „Inzwischen sind wir technologisch so weit“, meint der Leiter des Software- und Systemhauses bei Siemens, „dass wir diese beiden Welten nicht mehr durch spezifische Anpassungen verbinden müssen, sondern durch eine standardisierte Softwareschicht kombinieren können.“ Diese verfüge über Kommunikationsmechanismen, mit denen sich Geschäftsprozesse mit den Prozessen der unterlagerten Ausführungsebene beispielsweise Leitsystemen der Prozessindustrie, Fertigung oder Lagerlogistik verknüpfen lassen.
Analog zum eigenen Konzept der „Totally Integrated Automation“ hat Siemens dafür ein sogenanntes Industrial Framework entwickelt. Es soll einen Informationsfluss ohne Schnittstellenprobleme bereits auf der Steuerungs-Ebene bieten, jetzt aber auch in vertikaler Richtung zur ERP-Ebene und horizontal innerhalb der MES-Ebene (Manufacturing Execution Systeme). „Wir wollen damit die nahtlose horizontale und vertikale Integration der vielfach noch isolierten IT-Inseln zu einem durchgängigen und offenen Informationssystem schaffen“, beschreibt Achatz diesen Ansatz. Das Vorgehen der Siemens-Ingenieure hat zwei Gründe: Einmal bietet das Industrial Framework die Verbindung zu den Automatisierungssystemen und zum anderen die offene Verbindung zu den MES- und ERP-Systemen. Durch dieses Zusammenspiel werden diese Prozesse schneller und flexibler gemacht, indem sie die Möglichkeiten adaptiver Optimierungsverfahren und durchgängige Methoden nutzen.
Ein weiteres Ziel ist die Transparenz der Geschäftsprozesse. Für die Möglichkeit, Ereignisse und deren Wirkung von jedem am Prozess beteiligten System ohne Verzögerung sichtbar zu machen, hat vor knapp zwei Jahren Microsoft-Krösus Bill Gates das sogenannte „Digitale Nervensystem“ geprägt. Ein solches Digital Nervous System (DNS) als Informationsrückgrat bringt gerade im industriellen Bereich erhebliche Produktivitätsvorteile. Es soll dafür sorgen, dass richtige und aktuelle Informationen, gepaart mit dem Wissen über Vorgänge, stets vollständig und zielgerichtet zur Verfügung stehen. „Ein Rückgriff auf veraltete, redundante oder gar falsche Daten ist ausgeschlossen. Unternehmensstrategische und -operative Entscheidungen stehen auf einer soliden Basis“, bekräftigt Richard Roy, Chef der deutschen Microsoft-Niederlassung.
In den Fertigungshallen integriert sich ein neuer Lösungsansatz
Das gleiche Ziel verfolgt die Wonderware GmbH. Die Strategie der Münchener heißt „Bottom Up Revolution“, also die Umgestaltung der Prozesse von unten nach oben.
„Wir wollen damit dem Anbeiter und Produktionsmanager zur rechten Zeit, am rechten Ort, in der richtigen Form die Information bereitstellen, mit denen er seine Aufgabe optimal erfüllen kann“, erklärt Geschäftsführer Edmund Segl. Möglich sei dies nur durch Software, die einerseits in der Lage ist, die Echtzeitwelt zu erfassen und aufzubereiten sowie dem Produktionsmanager die Flexibilität zur Verfügung zu stellen, die er für die Anforderungen eines immer schnelleren Marktes benötige. Die Softwarepakete Factory Suite und Production Suite sind laut Segl hierauf entwickelt.
Die Prozessvisualierung erfährt aber auch von der anderen Seite eine gewaltige Veränderung, von Ethernet und Internet. Deshalb arbeitet die Darmstädter Intellution GmbH an einem neuen Konzept der Datenhaltung. Einen ersten Schritt in diese Richtung gehen neue Visualisierungstools für die Windows-CE-Plattform. Das Produkt iVisualize hat bereits einen Web-Server integriert, der etwa Diagnose- und Statusinformationen der Station sowie der über OPC (OLE for Process Control) angebundene Ein- und Ausgänge in einem Internet-Browser anzeigt. In Entwicklung befindet sich auch iLogic, eine Steuerungsplattform, bei der die Entwicklung des Steuerprogramms über das Web erfolgen kann.
Um den Büro- mit dem Fertigungsbereich zu koppeln, müssen Hardware, Software und Kommunikation der Office- und Produktionsinfrastruktur standardisiert sein und ineinander greifen. Die geeignete Strategie dazu wäre der PC, das Betriebssystem Windows sowie das Netzwerkprotokoll TCP/IP (Ethernet). Nachdem sich der Industrie-PC mit dem Betriebssystem Windows 98/NT und CE in der Automatisierung etabliert hat, stehen nun Ethernet und Internet auf der Agenda der Hersteller von Feldbussen. Und diese Lücke dürfte beim Interbus und Profibus bald geschlossen sein. Damit werden etablierte Standardtechnologien ineinander geführt und miteinander verbunden, Daten können nahtlos zwischen der Office- und Produktionswelt fließen.
Das Web in der Fabrik wird sich durchsetzen
Die Integration der Protokollstandards TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) für das Büronetzwerk Ethernet und das Internet ist die Basis für eine funktionale Integration der an sich total unterschiedlichen Netzwerkwelten Feldbus und Ethernet/Internet. „Ethernet kann aber nicht alle industriellen Anforderungen erfüllen, beispielsweise Sicherheitssignale deterministisch übertragen“, warnt Roland Bent von Phoenix Contact aus Blomberg. Weiterhin sei die Synchronisierung von Antrieben schwer möglich und Fernspeisung von Geräten unmöglich. „Feldbusse und Ethernet müssen daher in einem industriellen Netzwerk parallel koexistieren“, skizziert Bent die Strategie.
Eine transparente Kommunikation über TCP/IP-Dienste bis hinunter zum letzten Endgerät ist durch einen integrierten TCP/IP-Kanal im Interbus-Protokoll möglich. Auf diese Weise wird eine Verbindung von der Produktion zur Office-Welt und damit eine unternehmensweite transparente Kommunikation ohne aufwendige Gateway-Prozesse über die Systemgrenzen hinweg ermöglicht. Diese Technologie wird bereits in Pilotanwendungen bei namhaften Automobilherstellern eingesetzt. Ein wesentlicher Schritt dazu ist, die Datenrate von bisher 500 kB/s auf 2 MB/s heraufzusetzen, um für TCP/IP-Kommunikation über mehr Bandbreite zu verfügen.
Beim Profibus soll in einem ersten Schritt der Zugriff der Leitsysteme über Ethernet oder Internet realisiert werden. Die asynchronen Profibus-DP-Dienste, die im Wesentlichen für das Engineering dienen, sollen dazu auf Ethernet-TCP/IP abgebildet werden. Um auch die zyklischen Nutzdaten im Leitsystem verfügbar zu machen, wird es zusätzliche Dienste für den Zugriff auf das Prozessabbild geben. In einem zweiten Schritt sollen Systeme in der Leitebene per TCP/IP auf Feldgeräte zugreifen können. Die Feldgeräte werden damit erheblich funktionaler, sie können mit einem Web-Server ausgestattet sein und im Fehlerfall selbsttätig E-Mails absenden.
Der bisher radikalste Ansatz des Ethernet in der Automatisierung wurde von der Jetter AG aus Ludwigsburg unternommen. Bei deren Jetweb wird das Ethernet in die Steuerung hineingeführt und ist somit auch Systembus zwischen den intelligenten Steuerungsmodulen. Zwischen internem und externem Datenverkehr wird da nicht mehr unterschieden.
Mit diesen Weiterentwicklungen der Feldbusse entsteht eine Infrastruktur in der Produktion, die eine Kopplung zum Bürobereich und den dort etablierten Netzen ermöglicht. Das digitale Nervensystem des Unternehmens, das alle Bereiche horizontal und vertikal vernetzt, kann so Realität werden.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de