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Dem Rausschmiß folgt Hilfe für den neuen Job

Outplacement: Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren
Dem Rausschmiß folgt Hilfe für den neuen Job

Zu Kündigung, Abfindung und Rechtsstreit gibt es eine Alternative: das Outplacement. Mitarbeiter, die im Unternehmen nicht mehr beschäftigt werden können, verlassen den Betrieb und suchen mit der Hilfe eines professionellen Beraters eine neue Aufgabe.

Brigitte Thurn ist freie Journalistin in Köln

Eigentlich sei die Trennung vom Unternehmen eine Riesenchance für den Mitarbeiter, meint Hein Köhler, Geschäftsführer der Outplacement-Beratung SKP Dr. Stoebe, Kein & Partner in Ahrensburg bei Hamburg. Der Berater sieht auch einen unfreiwilligen Jobwechsel positiv: „Wann hat man sonst schon die Möglichkeit, grundsätzlich darüber nachzudenken, wer man ist, was man kann und was man will? Es wäre ganz falsch, sich hektisch von einem Job in den nächsten zu katapultieren.“
Der gelernte Schiffahrtskaufmann Köhler war bis 1990 im Vorstand der Hapag Lloyd AG. „Damals wußte ich noch nicht, daß es Outplacement-Beratung gibt.“ Anders als in den USA waren in Deutschland Unternehmenswechsel bis vor einiger Zeit noch keine Normalität. „Daher sprach man eher nicht darüber, einen Outplacement-Berater zu haben. Man hatte es nicht nötig, sich professionelle Hilfe zu holen. Das hat sich aber schon weitgehend geändert.“ Seit Anfang 1991 löst Köhler Personalprobleme in Unternehmen, die sich von Mitarbeitern trennen wollen, und hilft den meist leitenden Angestellten bei der beruflichen Neuorientierung. Die Firmen kommen von sich aus auf den Berater zu, um von dessen Erfahrungen bei der Vermittlung von Arbeitskräften zu profitieren.
Ganz so rosig wie der Outplacement-Profi Köhler werden die meisten Entlassenen ihre Lage zunächst nicht sehen. Nach einer Kündigung ist der gewohnte Lebensstil bedroht, der Erklärungsbedarf gegenüber Kollegen, Freunden und der Familie schwächt das Selbstbewußtsein, das Ego leidet unter dem plötzlichen Machtverlust. Zudem steht der entlassene Manager vor einem Problem, mit dem er sich längere Zeit nicht mehr beschäftigt hat: Er muß sich bei anderen Arbeitgebern bewerben und in Vorstellungsgesprächen mit seinen Talenten überzeugen. Das heißt: Er braucht eine erfolgversprechende Vermarktungsstrategie für sich selbst.
Genau damit können Outplacement-Berater dienen. Zwar schütteln sie, trotz bester Kontakte und guter Branchenkenntnisse, auch keine Traumjobs aus dem Ärmel, aber ihre Kernkompetenz ist Hilfe zur Selbsthilfe. „Zunächst analysieren wir den bisherigen Werdegang des Klienten“, berichtet Köhler, „dann stellen wir seine Erfolge heraus und erarbeiten in ausführlichen Gesprächen sein Know-how-Profil.“ Auch ein von Psychologen erarbeiteter Persönlichkeitstest wird eingesetzt. Nach dieser Bestandsaufnahme erörtern Berater und Klient gemeinsam berufliche Alternativen und untersuchen, welche Zielgruppen interessant sein könnten und welche Unternehmensgröße für eine Bewerbung sinnvoll erscheint. Erst dann beginnt die Suche nach einer neuen Stelle.
Mehr als 200 Betroffenen verhilft das Team von SKP pro Jahr zu einem neuen Arbeitgeber. Der Durchschnittsklient ist 45 Jahre alt und findet nach 5,7 Monaten wieder einen Job. „Unsere Erfolgsquote liegt bei 98 Prozent“, verkündet Köhler. Die Dienstleistung endet nicht mit der Zusage: Nach der Vertragsunterzeichnung stehen die Berater noch ein Jahr lang zur Verfügung.
Outplacement-Beratung ist Coaching auf neutralem Boden und beginnt im Idealfall schon im Vorfeld der Kündigung. Dem Klienten wird in den Räumen der Beratung ein mit Telefon, Fax und E-Mail ausgestatteter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt, zu dem er morgens zur gewohnten Stunde aufbrechen kann; auch für Büro- und Sekretariatsservice wird gesorgt. Der Mitarbeiter ist somit nicht gezwungen, seine Zukunft in einem Umfeld zu planen, in dem er keine Funktion mehr hat, aber ständig ehemaligen Kollegen über den Weg läuft.
Das Unternehmen profitiert von der sofortigen räumlichen Trennung: Der unschöne Auftritt eines „Aussätzigen“ unterbleibt. Outplacement-Beratung entschärft Konflikte im Unternehmen, reduziert die emotionale Belastung der Beteiligten und wirkt sich positiv auf die Motivation der verbleibenden Mitarbeiter aus. Ein Unternehmen, das entlassene Mitarbeiter nicht im Regen stehen läßt, beweist soziale Kompetenz. „Wir nutzen Outplacement schon seit zehn bis zwölf Jahren,“ berichtet Hans J. Kuczera von der Rud. Otto Meyer GmbH & Co. KG in Hamburg. Bei ROM, einem Unternehmen aus dem Bereich Technischer Gebäudeausrüstung und Anlagenbau, gehört es zur Firmenphilosophie, Prozesse vor dem Arbeitsgericht möglichst zu vermeiden. „Eine Kündigung geht immer ans Eingemachte“, erklärt der Leiter des Zentralbereichs Personal/ Recht. „Wir legen großen Wert auf ein vernünftiges Klima im Unternehmen, und dazu gehört auch eine einvernehmliche Trennung. Daher bieten wir Führungskräften diesen Service bei Bedarf an.“ Wenn der Mitarbeiter es möchte, stellen die Hamburger den Kontakt zur Outplacement-Beratung her. „Es gibt vielfach noch Unkenntnis über diese Dienstleistung“, weiß Kuczera, „manche Beschäftigte sind persönlicher Beratung gegenüber auch mißtrauisch.“ Doch bei professioneller Unterstützung lasse die anfängliche Abwehrhaltung schnell nach.
Für die Vermittlung einer Führungskraft berechnet SKP 22 Prozent des Jahresgehaltes des Klienten, mindestens jedoch 25 000 Mark; zusätzlich fallen eine Pauschale von 4000 Mark und Umsatzsteuer an. Das Honorar zahlt in den meisten Fällen der Arbeitgeber – überwiegend Großunternehmen und größere Mittelständler. Die Preise für eine Gruppenberatung von Tarifangestellten, Facharbeitern und Arbeitern sind geringer.
Die Kosten sind nur auf den ersten Blick hoch
Die Kosten für den abgefederten Rausschmiß sind nur auf den ersten Blick hoch. Eine Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers, die in der Regel auf Gegenwehr stößt. Die Chancen entlassener Mitarbeiter, eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht zu gewinnen oder zumindest einen für sie günstigen Vergleich auszuhandeln, sind in Deutschland groß. Ein Monatsverdienst inklusive Nebenleistungen und Sachzuwendungen pro Beschäftigungsjahr gilt inzwischen als Faustregel bei einem Vergleich. Das Unternehmen muß auch das Gehalt bis zum Vertragsende weiter zahlen – ebenfalls einschließlich aller Nebenleistungen. Wird beispielsweise ein Mitarbeiter mit einem Gesamtjahresgehalt von 180 000 Mark nach achtjähriger Firmenzugehörigkeit entlassen, muß das Unternehmen, abgesehen von Anwalts- und Gerichtskosten, bei zweijähriger Kündigungsfrist 480 000 Mark aufbringen (120 000 Mark Abfindung und 360 000 Mark Restlohn). Beim Outplacement dagegen wird ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Im Beispielfall handelt das Unternehmen eine Abfindung von 60 000 Mark aus, zahlt das Gehalt für zwölf Monate weiter und überweist rund 45 000 Mark an die Berater – insgesamt also 285 000 Mark.
Es macht für Unternehmen nicht nur in finanzieller Hinsicht Sinn, den Gang zum Arbeitsgericht zu vermeiden. Bei einem Prozeß droht immer auch immaterieller Schaden. Wenn der entlassene Mitarbeiter seine Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz gering bewertet oder wenn er sich unfair behandelt fühlt, wird er alles daran setzen, eine hohe Abfindung herauszuschlagen, vielleicht wird er es auch an die große Glocke hängen, wie gnadenlos man ihn entsorgt hat. Wenn Kunden oder Vertreter der Banken als Zeugen vor Gericht auftreten müssen, ist der Imageverlust des Unternehmens beträchtlich.
Die Vorteile der einvernehmlichen Trennung scheinen sich bei den Unternehmen herumzusprechen. Das Geschäft der Outplacement-Berater boomt. „Inzwischen tummeln sich viele Anbieter auf dem Markt“, sagt Hans J. Kuczera, „ich würde aber nur ein Beratungsunternehmen empfehlen, das sich ausschließlich mit diesem Service befaßt.“ Wenn die Consultants auch klassische Personalberatung betreiben, könnten Interessenkonflikte entstehen.
Outplacement: Das leisten Berater
Beratung von Unternehmen vor Betriebs-änderungen oder Einzelmaßnahmen
Berufliche und persönliche Fähigkeiten und Erfahrungen des Klienten erfassen
Karriere-Beratung und Entwicklung positiver Zukunftsstrategien
Nächsten beruflichen Schritt klären
Hilfestellung bei den Bewerbungsunterlagen
Bewerbungs- und Vorstellungstraining
Kontakte zu neuen Arbeitgebern vermitteln
Büro sowie Sekretariatsservice bereitstellen
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