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Dem Wettbewerb um eine Nasenlänge voraus

Laserschneidmaschine Byspeed 3015
Dem Wettbewerb um eine Nasenlänge voraus

Ein innovatives lineares Antriebskonzept macht die Laserschneidmaschine Byspeed 3015 von Bystronic zu einem hochdynamischen Fertigungssystem im Dünnblechbereich. Mit Beschleunigungswerten von 3 g arbeitet sie durchschnittlich mehr als doppelt so schnell wie konventionelle Laserschneidsysteme.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Bernhard Reichenbach – bernhard.reichenbach@konradin.de

Es zischt. Ein bläulicher Lichtpunkt flammt auf der Blechtafel auf. Dann sprühen Funken, und schon huscht der Bearbeitungskopf der Laserschneidmaschine Byspeed 3015 mit einer Geschwindigkeit über das Blech, dass das Auge kaum folgen kann. Das Prinzip der Fliegenden Optik, bei dem sich nur der Schneidkopf bewegt, macht hier seinem Namen alle Ehre.
Die Maschine wurde von der Schweizer Bystronic AG, Niederönz, neu entwickelt und auf der Messe Emo 2001 in Hannover erstmals vorgestellt. Seit knapp acht Monaten tut eines der ersten ausgelieferten Modelle Dienst bei der Senn AG in Oftringen/Schweiz. Das Stahl- und Metallbau-Unternehmen mit insgesamt 230 Mitarbeitern betreibt ein Blechbearbeitungs-Center mit 30 Beschäftigten. Hier werden im 1,5- bis 2-Schicht-Betrieb Teile und Baugruppen aller Art in Losgrößen zwischen 1 und 100 gefertigt. Die Produkte aus Stahl bis 20 mm Dicke, aus Edelstahl bis 15 mm und aus Aluminium bis 10 mm Dicke gehen vor allem an regionale Kunden aus der Maschinenbaubranche. „Mit der Byspeed haben wir unsere Kapazitäten deutlich erweitert“, nennt Jörg Senn, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter des Blechbearbeitungs-Centers, den Hauptgrund für die 500000-Euro-Investition. Das Geld scheint gut angelegt, denn das System ist auf Schneidzeit-Reduktion getrimmt.
Weniger als eine Minute ist vergangen, da erlischt der Lichtpunkt. Der Laser hat aus der Blechtafel ein etwa 200 mm x 400 mm großes Teil mit einigen Dutzend Löchern unterschiedlicher Art fertig ausgeschnitten. „Mit unserer vier Jahre alten, ebenfalls von Bystronic gebauten Laserschneidmaschine Bystar 4025 L dauert der gleiche Prozess nicht 52, sondern 163 Sekunden“, präsentiert Jörg Senn genaue Zahlen und beschreibt damit die Leistungsfähigkeit seiner jüngsten Anschaffung.
Die für Dünnblech im Format 1500 mm x 3000 mm ausgelegte Anlage arbeitet laut Hersteller durchschnittlich mehr als doppelt so schnell wie konventionelle Laserschneidsysteme. Als eine Art Standard in der Bestimmung der Maschinenleistung hat sich bei den Anbietern von Blechschneidmaschinen die Zahl der geschnitten Löcher/min bei 10 mm Lochdurchmesser und 15 mm Zentrumsabstand durchgesetzt: Die Byspeed schafft in 1 mm dickem Stahlblech über 270 solcher Löcher/min. Bei einem Lochdurchmesser von 2 mm und 3 mm Zentrumsabstand sind es mehr als 600 Löcher/min.
Ursache für die hohe Produktivität ist ein innovatives Antriebskonzept, das auf hohe Dynamik setzt: „Beschleunigungen von 3 g – und 1 g in der Kontur – kennzeichnen das dynamische Verhalten des Schneidkopfes in der Positionier- und Schneidgeschwindigkeit“, erläutert Bystronic-Geschäftsführer Urs Singer.
Bei der Entwicklung der Maschine hatte zwar auch das Thema der linearen Direktantriebe zur Diskussion gestanden. Die Schweizer entschlossen sich jedoch, die DHM-Technik (Direct Helical Motor Drive) weiter zu entwickeln, weil sie in dieser ein erhebliches, noch nicht ausgeschöpftes Leistungspotenzial sahen. „Wir halten unser Antriebskonzept für das günstigste bei Maschinen mit einer entsprechenden Kinematik“, sagt Urs Singer und nennt gleich weitere Gründe für die Entscheidung gegen Linearantriebe: „Bisherige Maschinenkonzepte mit Linearantrieben erfordern, dass die Anlage fest verankert wird. Zudem macht deren hohes Gewicht ein teures Fundament notwendig.“ Ein weiterer Aspekt sei, dass die Führungselemente bei linearen Direktantrieben schneller verschleißen, da sie sehr hohen Kräften ausgesetzt seien und stark belastet würden. Für die DHM-Technik spricht vor allem ein Vorteil: „Mit unserem eigenen Motor ergibt sich gegenüber alternativen Produkten am Markt ein dreifach höheres Drehmoment“, erklärt der Bystronic-Chef.
Die hohen Positioniergeschwindigkeiten wirken sich nicht nur beim Schneiden von Dünn-, sondern auch von Dickblech bis 20 mm positiv aus. „Wenn auch das Schwergewicht der Byspeed im dünnen Bereich liegt, so ist es für Lohnbetriebe durchaus wichtig, Kapazitätslücken flexibel und kostengünstig im gesamten Schneidbereich ausgleichen zu können“, merkt Singer an.
Der Ehrgeiz der Schweizer erschöpfte sich jedoch nicht nur darin, die Maschine schnell und produktiv zu machen. Sie waren auch – wie könnte es anders sein – auf hohe Präzision aus. Ein Schritt zu höherer Genauigkeit am Werkstück ist die lineare Direktmessung der Achsbewegungen.
Um Stabilität und Präzision der Bewegung sicherzustellen, mussten die Konstrukteure weitere am Prozess beteiligte Faktoren optimieren. So galt es etwa, die Masse der gesamten Bewegungseinheit inklusive Schneidkopf zu minimieren und die auftretenden Schwingungen zu kompensieren. Das Schwingungsverhalten bekamen die Niederönzer durch zwei Maßnahmen in den Griff: durch einen speziellen Maschinenständer, der Guss und Stahlbau kombiniert, sowie durch entsprechende Programmierung der Steuerungssoftware.
Wenn die komplett eingehauste, über Schiebetüren gut zugängliche Einrichtung arbeitet, hat der Betrachter den Eindruck, dass der Schneidkopf rasante, chaotische Schwingbewegungen vollführt. Ein prüfender Griff an das Maschinenbett verblüfft: Keinerlei Schwingungen sind zu spüren. Und das Schneidergebnis macht Anwender wie Jörg Senn zufrieden: Ein Präzisionsschnitt trotz hoher Geschwindigkeit. „Bei der Toleranz am Werkstück erzielen wir einen Wert von ± 50 Mikrometer“, merkt Urs Singer an. „Damit können wir durchaus mit den Ergebnissen der Linearantriebstechnik mithalten.“
Für zuverlässiges High-Speed-Schneiden hat Bystronic auch die Schnitttechnik verfeinert. Der neuartige 4-kW-Laser wurde in seiner Ansteuerung modifiziert, um mit der extremen Maschinendynamik zu harmonieren. Neu ist der Schneidkopf mit der masseminimierten, schnell wechselbaren Linsenkassette zum Verändern der Fokuslängen und der automatisierten Zentrierung der Schneiddüse.
Neben den besonders markanten Innovationen besitzt die Maschine einige weitere interessante Detaillösungen: Optisch ansprechend, er-gonomisch und zeitsparend ist das neue Bedienterminal mit großem Touch-Screen-Flachbildschirm. „Diese bedienerfreundliche Technik bietet beim Laserschneiden kein anderer Hersteller“, versichert Urs Singer.
Besonders zufrieden ist Jörg Senn auch mit der neuesten Version der von Bystronic entwickelten Programmiersoftware Bysoft, die unter anderem zum Verschachteln der Teile, zum Import von CAD/CAM-Daten, aber auch zur Auftragsverwaltung eingesetzt wird: „Die Software ist übersichtlich und leicht zu bedienen. Nach einer Woche Schulung kannten sich unsere Mitarbeiter damit aus.“
Ohnehin ist der Schulungsaufwand bei der Byspeed eher gering. Bei Senn wurden die drei für die Bedienung zuständigen Mitarbeiter drei Tage lang im Betrieb geschult. Jörg Senn: „Nach drei Wochen konnten wir problemlos mit der Anlage arbeiten.“
Bei den Oftringern ist die Byspeed als Stand-alone-System im Einsatz. Über eine künftige Automatisierung haben sie noch nicht entschieden. Der Hersteller jedenfalls bietet alle Optionen bis hin zum vollautomatischen Betrieb, inklusive des Be- und Entladesystems Bytrans, des CNC-Portal-Handlingsystems Bysort oder des Lagersystems Bycell. In diesem Jahr wollen die Niederönzer etwa 50 Anlagen mit oder ohne Peripherie an den Mann bringen, in den kommenden Jahren jeweils etwa 100. Die Lieferzeiten sollen bei drei Monaten liegen.
Bei Senn wurde nach etwa zwei Monaten geliefert. Die kompakte Anlage passt ohne Demontage in einen Container. Betriebsbereit installiert war sie in nur vier Tagen, da sie fast vollständig verkabelt war. Durch die Gewichtseinsparungen auf Grund ihres speziellen Antriebskonzepts ist sie mit 19 t vergleichsweise leicht. Spezielle Fundamente erübrigten sich, Verankerungen mit dem Fundament ebenso.
Bisher habe es mit der Maschine, so Jörg Senn, lediglich kleinere Probleme gegeben. Sie beschränkten sich auf Bereiche wie Software, Programmierung sowie den Schneidkopf und waren innerhalb eines Tages zu beheben. Mechanische Fehler seien bislang nicht aufgetreten. Die Gesamtbilanz ist sehr positiv: „Mit der Byspeed sind wir dem Wettbewerb um eine Nasenlänge voraus”, freut sich der Juniorchef. Einen „Verbesserungsvorschlag“ hat er allerdings: Er möchte einen 5-kW-Laser. Damit könnte er auch dickere Bleche schneiden als bisher und so sein Leistungsspektrum erweitern. Die Bystronic-Verantwortlichen sehen zwar bei einem solchen Laser deutliche Nachteile wie höhere Betriebskosten und erhöhten Linsen-Verschleiß, doch sind sie nicht gänzlich abgeneigt: „Wir denken darüber nach“, sagt Urs Singer lächelnd.
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