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Der Kampf um die besten Stellplätze

Marktplätze: Beschaffung im Internet
Der Kampf um die besten Stellplätze

Der Einkauf wird durch das Internet revolutioniert – behaupten Experten. Doch wer wird Sieger, wer Verlierer der Umwälzung sein? Derzeit tobt die Schlacht um attraktive Plätze auf dem Marktplatz der Zukunft.

Von unserem Redaktionsmitglied Thomas Baumgärtner

Eine der stürmischsten Entwicklungen im Internet findet fast im Verborgenen statt. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, entdecken die Unternehmen jetzt verstärkt das Internet – vor allem um Beschaffungsprozesse zu straffen.
Die Business-to-Business-Aktivitäten (B2B) verlagern sich zunehmend ins Netz. Das Cyberspace scheint die perfekte Plattform für Firmengeschäfte zu sein. Der virtuelle Handel, begeistert sich Prof. Dr. Walter Brenner, Wirtschaftsinformatiker an der Uni Essen, komme dem „Ideal eines vollkommenen Marktes näher”, als es in der realen, nicht-elektronischen Welt jemals möglich wäre. Denn:
– „Jeder kann am Marktgeschehen teilnehmen. Der Zugang zu den Märkten ist einfach, billig und unterliegt im Allgemeinen keinen Beschränkungen.
– Die Nutzung des neuen Mediums und der auf ihm bauenden Märkte ist einfach und leicht erlernbar. Es bildet sich kein ‚Herrschaftswissen‘.
– Der Einfluss der Komponente Zeit auf Handelsaktivitäten sinkt. Der Abruf von Informationen und die Kontaktaufnahme mit Unternehmen sind sieben Mal 24 Stunden möglich.
– Der Einfluss der Komponente Ort auf Handelsaktivitäten verringert sich auf fast null. Entfernungen spielen im Internet keine Rolle und können daher weder Vor- noch Nachteil sein.
– Virtuelle Märkte sind extrem transparent. Jeder Marktteilnehmer kann sich umfassend informieren. Angebote verschiedenster Anbieter können einfach miteinander verglichen werden.”*
Wichtigster Treffpunkt für diese neue Art der Geschäfte sind virtuelle Marktplätze. Jeden Tag entsteht derzeit mindestens ein solcher neuer Markt- oder Handelsplatz. Den wohl größten haben Daimler-Chrysler zusammen mit GM und Ford jüngst gegründet – und damit Aufsehen in der Fachwelt erregt. Denn die Automobilgiganten wollen darüber ihren Zuliefereinkauf abwickeln und viel Geld dabei sparen. Rund 1000 US-$ pro Fahrzeug. Der Trick: Auf dem Marktplatz werden Ausschreibungen veröffentlicht. Die Zulieferer sollen sich möglichst mit ihren digital übermittelten Angeboten gegenseitig unterbieten.
Aber auch andere Branchen sind in Bewegung. Von der Fischauktion bis zu Schrauben – für fast alles gibt es bereits virtuelle Beschaffungsforen für sehr reale Geschäfte. Und derzeit kämpfen die Marktplatzanbieter um die Aufmerksamkeit der Cybergemeinde. Denn nur dort, wo viele Käufer und Verkäufer zusammentreffen, findet auch Markt statt – der vergleich mit traditionellen Messen ist nicht aus der Luft gegriffen. Die einen versuchen es mit Werbekampagnen, andere kaufen, was sie an Adressen kriegen können, um auf Datenbanken mit Firmenadressen verweisen zu können, und die großen Firmen hoffen auf die Zugkraft ihres Namens.
Vornehmlich in drei Gruppen lassen sich die Marktplatzgründer einteilen:
Hersteller
Für ihre jeweilige Branche versuchen die Hersteller, einen Angebot-Nachfrage-Pool zu etablieren: So zum Beispiel die Automobilhersteller für Kfz-Zulieferteile, Siemens für Automatisierungstechnik, die Lebensmittelkonzerne Danone und Nestlé für Rohstoffe – das Angebot ist bereits jetzt kaum übersehbar.
Softwarehäuser
Am schnellsten die Chance erkannt haben die Softwarehäuser und Internetfirmen. Einen bestimmten Marktplatz zu betreiben, ist ja oft deren einzige Geschäftsidee. In der erste Reihe stehen die Internet-Handelsspezialisten wie Ariba, Commerce One und 1-2-Technologies. Diesen den Rang abzulaufen, versuchen etablierte Unternehmens-Software-Entwickler wie Oracle und SAP.
Verlage
Vor allem Fachverlage wollen ihre Mittlerfunktion zwischen Hersteller und Anwender auf das neue Medium Internet übertragen. Der Hamburger Fachverlag Wer liefert was GmbH (WLW) konzentriert sich zunehmend auf die elektronischen Medien und baut im Internet ein Portal für den europäischen Ein- und Verkauf von Industrieprodukten und Dienstleistungen aus. Anbieter und Anwender zusammenbringen möchte auch der Konradin-Verlag. Doch auf den Seiten des von ihm gestalteten Industrienet (www.industrienet.de) werden keine direkten Verkäufe getätigt. Die Informationen sollen dem Interessenten helfen, den jeweiligen Markt aufzubereiten.
Wer von diesen Gruppen auch immer in dieser neuen Welt seine Claims erfolgreich abstecken wird, ist offen. Zwei Lehren lassen sich aber schon heute ziehen:
Zum einen werden Beschaffungsprozesse deutlich gestrafft werden. Auf Internetmarktplätzen finden Anbieter und Käufer nicht nur schnell und unkompliziert, sondern auch weltumspannend zusammen. Die Aufgabe von Einkäufern wird sich ändern. Nicht mehr der einzelne Abschluss als vielmehr strategische Aufgaben wie die Auswahl der Lieferanten oder das Aushandeln von Rahmenverträgen wird wichtig. Ganz praktisch zeigt sich das an Lösungen, die derzeit von den US-amerikanischen Softwareunternehmen Commerce One oder Ariba für den Einkauf geringwertiger Wirtschaftsgüter erprobt und den Unternehmen angeboten werden: Beschaffungsprozesse sollen, so die Grundidee, dadurch gestrafft werden, dass der einzelne Mitarbeiter seine Bestellung innerhalb eines Budgets für zum Beispiel Büromaterial direkt den Lieferanten übermittelt. Solche Systeme kranken derzeit vor allem daran, dass die Katalogdaten verschiedener Hersteller nicht einheitlich sind. Der eine zählt Farbpatronen zur Hardware, beim anderen ist unter Druckmaterial zu suchen. Einig sind sich Beschaffungs- und Logistikspezialisten aber darin, dass sich mit Buyer-Managed-Catalog-Systemen jede Menge Geld sparen ließe.
Zum anderen ist klar, dass aus dem derzeitigen Getümmel um Marktplatz- und Sourcestrategien eine Branche auf jeden Fall als Sieger hervorgehen wird: die Hersteller von Software, die für den Betrieb von Marktplätzen und andere Beschaffungsaktivitäten im Internet notwendig ist (sog. Internet Integration Service). Ob B2B, B2C oder gar B2B2C: der Handel der Zukunft wird sich in der digitalen Welt abspielen. Die Ausgaben für Internet Integration Services werden sich, so schätzen Experten, in den kommenden fünf Jahren verzehnfachen.
W. Brenner, A. Lux: Virtual Purchasing – die Revolution im Einkauf, Konradin-Verlag, Leinfelden-Echterdingen, 2000, DM 58.-
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