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Der lange Weg zum kurzen Prozess

LEAN Management: Mit Kaizen steigt die Produktivität
Der lange Weg zum kurzen Prozess

Mit Lean Production lassen sich ungeahnte Produktivitätsreserven erschließen. Der Prozess muss von langer Hand geplant und kontinuierlich fortgeführt werden, wie das Beispiel des Zulieferers Ami Doduco zeigt.

Zieht sich Kaizen als Leitmotiv durch die verschiedenen Ebenen des Unternehmens, zahlt sich das in Heller und Pfennig aus. Bei der Ami Doduco GmbH mit europäischem Sitz in Pforzheim haben die Verantwortlichen beispielhaft früh auf verschärfte Wettbewerbsbedinungen reagiert. Das Unternehmen, nach eigenen Angaben weltweit führender Zulieferer von elektrischen Kontaktprodukten, ist heute ein Muster für den Erfolg eines neuen, langfristig angelegten Managementkonzeptes.

Die vom Beratungsunternehmen TBM Consulting Group eingeführte Lean-Production-Philosophie bildet den Grundstein für den Erfolg des Unternehmens. Besonders wichtig sei es gewesen, die Arbeitsabläufe zu optimieren und neue Fähigkeiten zu fördern, indem das Mitarbeiterpotenzial ausgeschöpft wurde, wie Michael Kayser berichtet, Produktionsleiter im Werk Pforzheim bei Ami Doduco. „Jeder Mitarbeiter kennt seinen Arbeitsplatz am besten und erkennt die Probleme vor Ort am schnellsten.“
Ein Team erörtert die Probleme und sucht mit Hilfe von Lean-Production-Methoden nach Verbesserungsmöglichkeiten, wie der Werkschef erläutert. Und: „Jeder Einzelne profitiert von einer schlanken Arbeitsumgebung: Doppelte Arbeitsschritte werden eliminiert, die Gehdistanz verkürzt und die Standardarbeit besser definiert.“
Die seit 1996 unter dem Namen Ami Doduco operierende Firma, die der international börsennotierten US-amerikanischen Technitrol-Gruppe angehört, hat ihren Hauptsitz in Export, Pennsylvania. Das Unternehmen zählt an seinem deutschen Standort in Pforzheim rund 800 und weltweit über 1800 Mitarbeiter. In den letzten Jahren machte sich dort der wirtschaftliche Umschwung bemerkbar. Zudem wurde den Managern bewusst, dass einige Unternehmensbereiche unter zu langen Durchlaufzeiten und zu hohen Beständen zu leiden hatten.
Seit November 2004 organisiert das Unternehmen schließlich über 25 interne und externe Kaizen-Events für verschiedene Arbeitsbereiche. Diese richten sich beispielsweise auf die Bereiche Fertigungsoptimierung, Rüstzeitreduzierung, Reststoffmanagement und Geschäftsprozesse/Logistik. Erste Erfolge wurden nach und nach sichtbar, und spürbare Effizienzsteigerungen konnten in weniger als einem Jahr vor allem in der Fertigung verzeichnet werden.
Die Leistungssteigerung war dabei höher als erwartet. Zudem sparte das Unternehmen Platz ein. Durchlaufzeiten und Umlaufbestand kürzten die Kaizen-Teams um 40 %, die allgemeine Produktivität war nach den Workshops um 10 % höher. Auch der Ordnungs-Sauberkeitsindex verbesserte sich. Außerdem entwickelte das Unternehmen eine dauerhafte Unternehmensphilosophie, die von allen Mitarbeitern akzeptiert und bis heute aktiv gefördert wird.
Während eines Workshops werden Teams, die in der Regel aus acht bis zehn internen wie auch externen Teilnehmern bestehen, angeleitet, einen Arbeitsbereich aktiv umzustrukturieren. Nach einem Theorieunterricht gehen die Teams in ihrem eigenen Arbeitsumfeld ans Werk. Mit diesem Vorgehen verwirklichte ein Team ein besonders erfolgreiches Projekt, das im vergangenen Jahr in Angriff genommen wurde: die Entsorgung von Fertigungsausschuss im Bereich Reststoffmanagement. Das Werk Pforzheim fertigt edelmetallhaltige und nicht-edelmetallhaltige Produkte. Alle edelmetallhaltigen Reststoffe werden intern in der Edelmetall-Scheiderei aufgearbeitet. Auch nicht-edelmetallhaltige Reststoffe haben einen hohen Materialwert. Die Reststoffe werden nach Art der Metalle separiert und über das Zentral-Lager der Scheiderei zugeführt. Diesen Prozess nahmen die Teilnehmer des Workshops im Hinblick auf die optimale Trennung und vor allem auf die komplette Erfassung aller Reststoffe unter die Lupe. Standardabläufe sollten die Durchlaufzeiten der Reststoffe reduzieren. Das Ziel war eine Schnittstellen- und Durchlaufzeitreduzierung um 50 %, eine Verbesserung der Organisation sowie eine Reduzierung des Standardablaufs. Die Vorhergehensweise:
  • Eliminieren von doppelten Handlungen und unnötigen Transportwegen
  • Reduzieren von Gehdistanzen und Arbeitsübergaben
  • Verbesserung von Organisation und Layout.
Letztendlich übertrafen die Ergebnisse die Erwartungen: Die Gehdistanz reduzierte sich von 140 auf 35 m (75 %), die Arbeitsmenge sank im Bereich Abfallbeseitigung um 75 % (Mannstunden von 8 auf 2), Prozessverbesserungen reduzierten die Prozessschritte von neun auf einen ( 90 %). Zudem konnte das Team den der Platz für die Ausschussbearbeitung um 85 % reduzieren (von 120 m² auf 26 m²).
Um die Kontinuität der Erfolge gewährleisten zu können, sind alle Mitarbeiter von Ami Doduce Teil des Kaizen-Projekts. „Die Kaizen-Methodik kann sich nur erfolgreich entfalten, wenn alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen“, betont Mike Herr, Managing Director bei der Beratungsfirma TBM Europe, „alle Ebenen im Unternehmen werden in die Lean-Production-Philosophie einbezogen, um so am schnellsten die gemeinsamen Ziele zu erreichen.“ Davon profitiere längerfristig nicht nur die Unternehmensführung, sondern sie stelle auch den einzelnen Mitarbeiter zufrieden.
Um dieses Fortschrittsempo zu halten, hat Ami Doduco eine schlagkräftige Lean-Organisation geschaffen, die aus einem Kernteam von drei Mitarbeitern besteht, das in einem sogenannten Kaizen Promotion Office (KPO) organisiert ist. Das KPO steuert in Absprache mit dem Management den Lean-Prozess, setzt verbindliche Standards, organisiert Kaizen-Aktivitäten und schult die Mitarbeiter. Ziel sei es, den Lean-Gedanken effizient und flächendeckend umzusetzen, indem er von 64 Multiplikatoren aus allen direkten und indirekten Bereichen des Werkes unterstützt wird, die methodisch und fachlich die Aktivitäten begleiten. Ein gezieltes Personalentwicklungskonzept verankert darüber hinaus die geforderte Fach- und Methodenkompetenz und damit die Professionalität.
Unternehmenschef Karl-Heinz Funke: „Wir sehen jetzt jedes Problem als Chance der Weiterentwicklung und arbeiten stets daran, unsere Prozesse, Produkte und unseren Service zu verbessern.“ Besonders stolz ist er auf das stetige Wachstum, das trotz der vorherrschenden Wirtschaftssituation mit Hilfe der Lean-Production-Methode gesichert worden sei.
Yael Rabinovici Journalistin in München

Glossar: Kaizen
Kaizen (sinngemäß aus dem Japanischen: „Wandel zum Besseren“) bedeutet einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, in die Führungskräfte und Mitarbeiter einbezogen werden. Gemäß der Philosophie, auch KVP genannt, führt die schrittweise Optimierung des Bewährten zum Erfolg. Wichtige Bausteine sind:
  • Betriebliches Vorschlagswesen
  • Investition in die Weiterbildung
  • Mitarbeiterorientierte Führung
  • Prozessorientierung
  • Qualitätsmanagement.

  • Kosteneffizienz
    Kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) haben nicht in erster Linie den Gewinn im Blick, sondern die Qualität von Produkten und Prozessen mit dem Ziel einer besseren Wettbewerbsposition. Der positive Kosten-Leistungs-Aspekt wird später in konkreten Ergebnissen sichtbar.
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