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Der Schleichwerbung auf der Spur

Wettbewerbsrecht
Der Schleichwerbung auf der Spur

Wenn es um die Werbung für das eigene Produkt geht, bietet es sich oft an, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Allerdings wird insbesondere die so genannte „Schleichwerbung“ als unzulässig angesehen. Doch die Grenzen sind fließend. Die Frage also ist: Wann ist die Werbung noch „geschickt gemacht“ und wann stellt sie schon eine unzulässige Schleichwerbung dar?

Gemäß dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) liegt Schleichwerbung bereits dann vor, wenn der Werbende unter einem nicht geschäftlichen Vorwand einen Kontakt zu potentiellen Kunden herstellt, um sie anschließend mit einem geschäftlichen Angebot zu konfrontieren und zu einer Bestellung zu veranlassen.
Dazu zählen beispielsweise Verkaufs- oder Kaffeefahrten, bei denen eine Ausflugsfahrt angekündigt wird, aber der eigentliche Zweck, nämlich der Besuch einer Verkaufsveranstaltung, nicht hinreichend deutlich herausgestellt wird. Deshalb muss eindeutig, unmissverständlich und unübersehbar darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Verkaufsfahrt handelt und dass die Teilnahme an der Verkaufsveranstaltung freiwillig ist.
Ebenso unlauter ist es, bei einem Telefonanruf den geschäftlichen Zweck nicht sogleich zu offenbaren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Eindruck erweckt wird, man kontaktiere den potentiellen Kunden bloß wegen einer Meinungsumfrage an. Dessen ungeachtet ist es unlauter, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer unter dem Vorwand einer Meinungsumfrage zur Überlassung ihrer Adressen oder sonstiger Informationen zu veranlassen, wenn nicht gleichzeitig der Werbe- und Absatzzweck deutlich gemacht wird. Zulässig sind derartige Umfragen deshalb nur, wenn für die Befragten klar erkennbar ist, dass sie der Kundengewinnung dienen.
Ein Unterfall der Schleichwerbung ist auch die redaktionelle Werbung. Dem liegt das im Presserecht verankerte Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Text zugrunde. Dies gilt für alle Zeitschriften, die nicht auf dem Titelblatt unmissverständlich und eindeutig als reine Werbeschriften gekennzeichnet sind. Eine relevante Täuschung liegt deshalb stets dann vor, wenn dem Leser eine entgeltliche Anzeige als redaktioneller Beitrag präsentiert wird. Daher muss eine entsprechende Werbung ausdrücklich als „Anzeige“ kenntlich gemacht werden. Werden Anzeigen in Stil und Aufmachung von Reportagen, redaktionellen Beiträgen oder wissenschaftlichen Aufsätzen aufgemacht, ohne den Anzeigencharakter deutlich zu machen, ist dies wettbewerbswidrig. Anstelle des Wortes „Anzeige“ genügen aber auch gleichwertige Ausdrücke wie beispielsweise „Werbeinformation“.
Selbst „echte“ redaktionelle Beiträge können eine getarnte Werbung darstellen. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände unter Berücksichtigung des Inhaltes des Berichts, dessen Anlass und Aufmachung sowie Geltung und Zielsetzung des Presseorgans. Daher wurde etwa die Bezeichnung namentlich genannter Ärzte und Anwälte in der Zeitschrift „Focus“ als „Die 500 besten Ärzte Deutschlands“ als unlauter angesehen, denn auch hier lagen keine aussagekräftigen, sachlichen und überprüfbaren Bewertungskriterien vor.
Auch das so genannte „Product-Placement“ ist eine Erscheinungsform der getarnten Werbung. So werden vor allem Markenwaren gezielt als Requisiten eingesetzt, um die Aufmerksamkeit des Publikums darauf zu lenken. Wettbewerbsrechtlich ist es allerdings nicht ohne weiteres zu beanstanden, wenn im Rahmen eines redaktionell oder künstlerisch gestalteten Beitrages die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens erwähnt oder dargestellt werden. Das bloße Bewusstsein, mit der Sendung fremden Wettbewerb zu fördern, reicht nämlich für einen Wettbewerbsverstoß nicht aus. Anders wiederum ist es, wenn für das Product-Placement ein Entgelt gezahlt, gefordert oder erwartet wird. Dies wird sich allerdings nicht immer beweisen lassen. Wenn ein Produkt auffällig oft oder ohne erkennbare redaktionelle, künstlerische oder dramaturgische Veranlassung ins Bild gesetzt wird, kann dies jedoch ein Anzeichen für ein derartiges Entgelt sein. Richtet sich die Werbung gezielt an Kinder, sind darüber hinaus noch strengere Maßstäbe anzulegen.
Den Ausschlag zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung geben also oft schon Kleinigkeiten. Ist die Grenze des Zulässigen nur marginal überschritten, drohen Abmahnung und einstweilige Verfügung. Dann können ganze Werbekampagnen „tot“ sein. Daher sollte man solche Werbung zur Prüfung einem Experten überlassen, der über die entsprechenden Erfahrungen und Kenntnisse der einschlägigen Rechtsprechung verfügt. Dies wird im Ergebnis oftmals „günstiger“ sein.
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Jan-Felix Isele, Frankfurt
Weitere aktuelle Rechtsmeldungen gibt es auf der Website der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (DASV) www.mittelstands-anwaelte.de
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