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Der Werker als Partner wieder stärker gefragt

Mitarbeiterbeteiligung: AGP berät Mittelständler
Der Werker als Partner wieder stärker gefragt

Die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmenskapital ist im Aufschwung, registrieren Experten. Doch viele Chefs scheuen vor dem Schritt zurück. Die Arbeitsgemeinschaft AGP will gerade den Mittelstand für den Mitarbeiter als Partner gewinnen.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

In dem Traditionsunternehmen geht es modern zu. Dies ist der richtige Ort für Michael Lezius, um seine Botschaft zu verbreiten. „Ein geniales Instrument zur Motivation“ sei die Mitarbeiterbeteiligung, sagt der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP) e.V. Und: „Wir registrieren bei den Unternehmern wieder ein steigendes Interesse.“
Nach den Enttäuschungen der New Economy und der Wirtschaftsflaute war es still geworden um das Thema Partnerschaftliche Unternehmensführung, um das sich die AGP kümmert. Der gemeinnützige Verein aus Kassel wurde 1950 gegründet und hat rund 400 Mitglieder, vorwiegend aus dem Mittelstand. Es sind Betriebe, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung oder Mitwirkungsmodelle praktizieren.
Lezius lädt regelmäßig zu Gesprächsrunden zum Erfahrungsaustausch ein. Bei der Andreas Maier GmbH & Co. KG (AMF) in Fellbach beispielsweise referiert er vor einer kleinen Runde interessierter Unternehmenslenker über die Vorteile, die es bringt, wenn aus Mitarbeitern Mitunternehmer werden. „Partnerschaftsunternehmen sind rentabler, innovativer und produktiver“, sagt der AGP-Fachmann.
Die meisten Unternehmer tun sich schwer damit, ihre Angestellten und Werker zu Teilhabern zu machen. Lezius will da Überzeugungsarbeit leisten. Und nicht nur das: „Da besteht enormer Beratungsbedarf, jeder Fall ist individuell verschieden“, erläutert er. Laut AGP gibt es in der Bundesrepublik an die 4000 Unternehmen, die diesen Schritt gewagt haben.
Beim Gastgeber AMF überlegt man sich schon seit längerer Zeit, wie man die Mitarbeiter motivieren und stärker beteiligen kann. „Wir wollen Leistungsanreize schaffen und den Erfolg des Unternehmens mit den Mitarbeitern teilen“, sagt Johannes Maier, Geschäftsführer und Komplementär des schwäbischen Werkzeugspezialisten. Typisch: Man will sich noch nicht daran heranwagen, die Mitarbeiter am Unternehmenskapital zu beteiligen.
Der 1890 als Schlossfabrik gegründete Betrieb hat eine ausgeprägte Unternehmenskultur: Seit knapp 20 Jahren verfügt der Spanntechnik-Spezialist über ein Modell zur Erfolgbeteiligung, das der Seniorchef Hans-Günther Maier ins Leben gerufen hat. Monat für Monat wird nach einem ausgeklügelten System überprüft, was nach Kapitalverzinsung und Reserven an die Mitarbeiter ausgeschüttet werden kann. Monat für Monat sehen die Werker und Angestellten auf ihren Lohnzetteln, ob die Geschäfte gut laufen und was sie geleistet haben. Unternehmens-Chef Johannes Maier will jetzt das Motivations-Instrument ausbauen: „Derzeit prüfen wir, wie wir die Erfolgsbeteiligung weiterentwickeln können.“
Wie AGP-Geschäftsführer Lezius berichtet, erhält er zurzeit zahlreiche Anfragen, oft von Unternehmen aus der Maschinenbaubranche. Nach schweren Jahren wollen die Chefs offenbar in ihrer verschlankten Belegschaft die Know-how-Träger halten. Lezius, der seit über drei Jahrzehnten Firmen in dieser Frage berät, muss bei den Patrons häufig Ängste ausräumen. Schrecken doch viele vor der Offenheit zurück, die verlangt wird, wenn aus dem Werker ein Kompagnon wird. Auch die Mitspracherechte der Belegschaft werden weitreichender, wenn sie an Erfolg, Vermögen und Kapital beteiligt sind.
Gerade mit Stillen Beteiligungen und Genusscheinen sowie Konstruktionen über eine Beteiligungsgesellschaft sind die verschiedensten Modelle darstellbar, wie Lezius versichert. Eines der bekanntesten Modelle ist das der Claas KGaA aus Harsewinkel. Bei dem Landmaschinen-Hersteller sind die Mitarbeiter nicht direkt im Unternehmen Partner, sondern indirekt an einer dem Unternehmen verbundenen Beteiligungsgesellschaft.
Der Nutzen der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung ist durch Studien belegt. Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW), Tübingen, hat beispielsweise ermittelt, dass das Wachstum bei Beteiligungsunternehmen mehr als doppelt so hoch ist als bei konventionellen Firmen, die Fehlzeiten liegen bei minimalen 2 %, und die Produktivität ist ein Viertel bis ein Drittel größer. Seit der Diskussion um Basel II kommt zudem ein neues Motiv hinzu: Mit dem richtigen Beteiligungsmodell verbessert der Unternehmer die Kapitalstruktur und damit das Rating bei seiner Bank.
Die gute Absicht reicht nicht aus, um das Modell zum Erfolg zu führen, wie Stefan Fritz warnt. Er ist Berater bei der Gesellschaft für innerbetriebliche Zusammenarbeit (GIZ) GmbH aus Forchheim, der Beratungsgesellschaft der AGP. Ein Beteiligungsmodell müsse zur Unternehmenskultur passen, betont der Consulter aus Erfahrung. Ein offener Dialog sei gefragt. „Jeder Innovationsprozess erzeugt bei Mitarbeitern zuerst einmal Ängste und Widerstände“, begründet Fritz. Denn von Seiten der Mitarbeiter sei Vertrauen gefragt. Lassen sie doch ihr Geld in der Firma arbeiten und nicht auf ihrem Konto. Und AGP-Mann Lezius weiß: Bei schätzungsweise 85 % der bestehenden Modelle sind die Mitarbeiter nicht nur am Gewinn beteiligt – sondern auch am Verlust.
Auf beiden Seiten ist viel Vertrauen gefragt

„Viele Unternehmer lassen sich zu schnell entmutigen“

nachgefragt

Michael Lezius, Geschäftsführer der AGP, fordert mehr Förderung für die Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung.
Warum wagen sich vergleichsweise wenige Unternehmen an die Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern heran?
Auf der einen Seite ist es ein hochkomplexes Thema, steuer-, tarif- und arbeitsrechtlich. Auf der anderen Seite gibt es einen irrationalen Faktor: die Angst, was das Modell bringt. Überwindet der Unternehmer diese Angst, hat er ein geniales Instrument zur Mitarbeitermotivation.
Welche Probleme treten häufig bei der Umsetzung auf?
Es entsteht ein hoher Beratungsaufwand. Und wenn dann viele Beteiligte – Mitgesellschafter, Mitarbeiter oder Berater – dagegen sind, lässt sich so mancher Unternehmer entmutigen und gibt zu früh auf.
Wann klappt die Kapitalbeteiligung nicht?
Es klappt nicht, wenn es dem Unternehmen wirtschaftlich nicht gut geht oder wenn der Unternehmer auf dem Herr-im-Haus-Standpunkt besteht – oder wenn das Qualifikationsniveau der Mitarbeiter sehr niedrig ist.
Was muss geschehen, damit sich die Kapitalbeteiligung stärker durchsetzt?
Was in Deutschland fehlt, ist die Förderung durch die Regierung. Wir wollen erreichen, dass zum Beispiel Stille Beteiligungen und Genussrechte aus Mitarbeiterbeteiligungen stärker gefördert werden. Dies wäre ein attraktiver, zusätzlicher Durchführungsweg für die Betriebliche Altersversorgung. tv
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