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Deutscher Meister in Sachen Innovation

Werkzeugmaschinen: Ideen sichern Pole-Position
Deutscher Meister in Sachen Innovation

Der Markt für Werkzeugmaschinen ist eng geworden. Die Preise schwächeln und der Auftragsbestand sackt ab. Anders als in manch anderem Bundesland kontert die Branche in Baden-Württemberg mit einem Trommelfeuer an Neuerungen.

Für 2002 ist Luftholen angesagt. Der Werkzeugmaschinenbau wird nicht weiter wachsen, aber den Betrieben in Baden-Württemberg – seit Jahrzehnten das Kerngebiet der deutschen Branche – dürfte dies nur bedingt unrecht sein. Wie der Verband Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V., Frankfurt/M., mitteilt, hatte die Auslastung der Betriebe 2000 und 2001 über 95 % gelegen – auf Dauer hält dies kaum ein Unternehmen durch. Erst jetzt gleitet sie sachte ab. Als optimaler Beschäftigungsgrad gilt ein Wert zwischen 85 und 90 %.

Systeme und Zubehör für 10 Mrd. Euro hatten Deutschlands Werkzeugmaschinenbauer damals an den Mann gebracht. 2002 werden die Umsätze voraussichtlich auf 9 Mrd. Euro zurückgehen. Gut ein Siebtel des Volumens, so die Erfahrung, stammt dabei allein aus dem Großraum Stuttgart, rund ein Drittel aus dem gesamten Südwest-Staat. In der deutschen Bestenliste steht Baden-Württemberg damit vor dem bevölkerungsreicheren und ebenfalls sehr technikfreundlichen Nordrhein-Westfalen auf Platz eins.
Auch wenn eine Handvoll Großbetriebe anderes vermuten lassen, sind die meisten der Unternehmen mittelständisch. Allerdings haben Fusionen und Übernahmen in jüngster Zeit zu einer Konzentration geführt, mit der Folge, dass die zehn größten Betriebe heute das Gros vom Branchenumsatz der Region schaffen. Größe an sich ist freilich kein Erfolgsrezept, denn es gibt sehr erfolgreiche kleine Firmen sowie umgekehrt große mit wenig Fortune.
Mehr als 10 000 Menschen und 60 Betriebe im Land sind mit dem Bau von Werkzeugmaschinen befasst. Trotz der derzeitigen Flaute in der Metallverarbeitung sind die meisten guter Dinge, dass sich die Lage gegen Ende des Jahres stabilisiert – und zwar quer durch alle Maschinengattungen. Einstweilen nutzen nicht wenige Betriebe den relativen Leerlauf, um unter dem Produktionsdruck der vergangenen Jahre steckengebliebene Entwicklungen wieder voranzutreiben. Unabhängig von den Konjunkturzyklen haben jedoch gerade die größeren Firmen eine Art Innovations-Konstanz erreicht.
So auch die Esslinger Index-Werke GmbH + Co. KG: Wer mit der Bearbeitung von Drehteilen zu tun hat, kommt an dem 1914 gegründeten Unternehmen kaum vorbei. Mit seinen ein- und mehrspindligen Produktionsmaschinen, Horizontal- und Vertikal-Automaten, Senkrecht-Drehmaschinen und -Zentren zählt es zu den High-Tech-Betrieben der Branche. Index gehört zu den Innovatoren im Werkzeugmaschinenbau: Die Esslinger präsentierten als erster Hersteller eine vertikale Serien-Drehmaschine mit rechenintensiver Stabkinematik statt des jahrhundertelang bewährten, aber trägeren kartesischen Systems.
Die in Salach ansässige Emag GmbH, wiederum, war 1992 zusammen mit der J.G. Weisser Söhne KG, St. Georgen, der erste Hersteller, der vertikale Drehmaschinen baute und damit den Markt völlig durcheinander brachte. Statt, wie gewohnt, die Hauptspindel horizontal anzuordnen, richteten sie die beiden Unternehmen senkrecht auf und ordneten ihr eigene Verfahrachsen zu – mit dem Erfolg, dass das Futter vom bloßen Spann- jetzt zum Werkzeug avancierte und sich Drehteile selbstständig greifen konnte. Das war revolutionär und machte teure Handlingeinrichtungen überflüssig.
Größe garantiert nicht den Erfolg, erleichtert ihn aber
Was seinerzeit mit dem Drehen begann, wurde Zug um Zug ausgebaut. Nach einer Vereinbarung mit J.G. Weisser über die Nutzungsrechte des Patents stellt Emag heute vertikal aufgebaute Zentren zum Drehen, Bohren, Fräsen, Schleifen, Verzahnen und sogar Wuchten und Messen her. Weitere Verfahren sollen folgen. Trotz der sehr verschiedenen Fertigungstechniken haben die Maschinen immer den gleichen Grundaufbau. Mittlerweile wurden über 3500 Einheiten des vertikalen Drehzentrums VSC verkauft. Damit hat sich Emag binnen weniger Jahre als führender Hersteller dieser innovativen Maschinengeneration positioniert. Weltweit bieten heute über 20 Firmen Vertikal-Drehmaschinen an. Dem- gegenüber haben die Salacher durch Zukäufe und Joint-Ventures ihre Kompetenz systematisch erweitert. Die Gruppe hat heute 1250 Mitarbeiter.
In Eislingen beheimatet ist die Ex-Cell-O GmbH. Deren Maschinen werden dort geschätzt, wo geometrisch komplizierte Teile wirtschaftlich in kleinen wie größeren Serien bearbeitet werden sollen. Die Eislinger stellen Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren, Transfer-Systeme, Präzisionsmaschinen für Gelenkteile sowie Kaltwalzmaschinen her. So vielseitig das Programm, so bewegt die Unternehmensgeschichte: 1958 übernimmt die amerikanische Ex-Cell-O Corporation die damalige Werkzeugmaschinenfabrik Göppingen, baut in Eislingen ein neues Werk und plaziert sich mit ihren Transfersystemen auf Anhieb unter den ersten Adressen für die Automobilindustrie. 1987 geht die Ex-Cell-O GmbH in deutsche Hände über, formiert 1989 eine Holding und geht an die Börse. Übernahmen amerikanischer, deutscher und kanadischer Hersteller sowie neue Niederlassungen folgen. 1997 übernimmt die Karlsruher IWKA AG die Aktienmehrheit der Ex-Cell-O Holding und gliedert sie in ihren Geschäftsbereich Werkzeugmaschinen ein, zu der auch der Göppinger Drehmaschinen- und -zentrenbauer Boehringer gehört. Durch diesen Verbund verschiedener Techniken hat die Gruppe beste Voraussetzungen für die Lieferung von Anlagen aus einer Hand. Boehringer beschäftigt 760, Ex-Cell-O 780 Mitarbeiter. Weiter auf Seite 82
Auf der Düsseldorfer Messe Metav hatte Boehringer 2000 als erster Hersteller ein Drehzentrum vorgestellt, das doppelte Wartungsintervalle und halbierte Instandhaltungskosten garantieren soll. Die NG 200 hat sich seitdem zum Marktrenner gemausert. Nicht ohne Grund: Der Kunde schätzt es eben, wenn seine Interessen im Mittelpunkt stehen.
Zu den weltweit größten Produzenten von Werkzeugmaschinen, speziell Einrichtungen zum Umformen, gehört der Göppinger Schuler-Konzern. Er hat 4000 Beschäftigte und 13 Produktionsstandorte in Europa, Amerika und Asien. Die Mehrheit der Belegschaft arbeitet am Stammort, wo das Unternehmen 1839 gegründet wurde und die Holding auch heute ihren Sitz hat. Schuler befasst sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts mit Maschinen für die Blechverarbeitung, mit mechanischen und hydraulischen Pressen, mit Automationssystemen sowie dem Bau von Werkzeugen und Formen. Heute gehören Transferstraßen und komplette Produktionsanlagen dazu. Die frühe Spezialisierung hat sich ausgezahlt: Mit der Kernkompetenz in der Blechumformung, der Innenhochdruck- und der Massivumformung bietet die Göppinger Gruppe Lösungen für die gesamte metallverarbeitende Industrie. Kleine Münzprägeanstalten gehören genauso zur Kundschaft wie die Global Player der Automobilbranche. Schuler war ab 1997 an dem früheren Wettbewerber Müller Weingarten AG, Esslingen und Weingarten, beteiligt. Dieses Unternehmen gehört gleichfalls zu den führenden Anbietern von Systemen für die Blechumformung. Im Mai 2001 hatte Schuler sich jedoch zu einem Desinvestment entschlossen, mit der Begründung, die bloße Finanzbeteiligung lasse die Ausschöpfung von Synergieeffekten nicht zu.
Mit über 5000 Beschäftigten in 17 Ländern hat die Ditzinger Trumpf GmbH ein ähnliches Format wie Schuler. Doch obwohl sich der Anbieter von Blechbearbeitungs- und Lasertechnik immer noch gern mittelständisch gibt, ist er längst in die Konzernklasse aufgerückt und mischt als Global Player mit. Anders als ähnliche Betriebe, ist Trumpf jedoch weniger durch Zukäufe und Fusionen gewachsen, als vielmehr in erster Linie durch den Erfolg und die ständige Weiterentwicklung der eigenen Produkte.
Von Chefreporter Wolfgang Filí – chefreporter@fili.net
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