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Die Aushilfe kann leicht zur Kostenfalle werden

Vorsicht vor der Betriebsprüfung durch BfA und LVA
Die Aushilfe kann leicht zur Kostenfalle werden

Eine Betriebsprüfung durch LVA oder BfA kann zu hohen Beitragsnachforderungen für das Unternehmen führen. Kritische Fälle sollten Unternehmer bereits klären, wenn die Aushilfskraft eingestellt wird, um spätere Zahlungen zu vermeiden.

Die sozialrechtliche Betriebsprüfung hat für Unternehmer erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Prüfer der Landesversicherungsanstalten (LVA) und der Bundesversicherungsanstalten (BfA) kommen nunmehr mindestens alle vier Jahre auch in kleinere und mittlere Unternehmen. Diese sind bislang selten oder gar nicht untersucht worden. Es geht um hohe Summen: Im Jahr 1999 haben LVA und BfA 451 870 Betriebe geprüft. Die Beitragsnachforderungen der Rentenversicherungsträger erreichten die Summe von 421,5 Mio. DM.

Eine der größten Gefahren, wo Nachzahlungen drohen können, ist die so genannte geringfügige Beschäftigung. Das Problem ist, dass nicht gezahlte Entgelte oder Sonderzahlungen bei der Prüfung der Sozialversicherungspflicht häufig mitgerechnet werden. Ein Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin erhält ein monatliches Arbeitsentgelt von 600 DM bei 9,5 h wöchentlich, die auf zwei Tage wöchentlich verteilt sind. Der Unternehmer ist im Arbeitgeberverband, die Mitarbeiterin in der Gewerkschaft. Die Arbeitnehmerin erhält den tariflichen Stundenlohn. Die weiteren im Tarifvertrag vorgesehenen Sonderzahlungen werden seitens des Arbeitgebers nicht an die geringfügig Beschäftigten gezahlt. Der Chef geht davon aus, dass eine geringfügige Beschäftigung vorliegt und zahlt für die Arbeitnehmerin keine Sozialversicherungsbeiträge.
Diese Beschäftigung ist aber keine geringfügige. Sie ist voll sozialversicherungspflichtig, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die tariflichen Sonderzahlungen tatsächlich an die Arbeitnehmerin zahlt oder nicht.
Besteht eine Tarifbindung durch eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband und in der Gewerkschaft oder durch einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, rechnen die Rentenversicherungsträger tarifvertraglich zustehende Sonderzahlungen mit zu den Lohnzahlungen, egal ob diese tatsächlich gezahlt werden. Die Rechnung des Betriebsprüfers sieht dann so aus:
In diesem Fall stellt der Betriebsprüfer rückwirkend eine Sozialversicherungspflicht fest. Der Arbeitgeber muss die nicht verjährten Beiträge, und zwar sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmer-anteil, nachzahlen. Die Verjährungsfrist beträgt vier Jahre. Auch wenn der Betrieb nicht tarifgebunden ist, kann für die jeweilige Branche ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag existieren.
Besonders bitter ist es für Arbeitgeber, dass sie im Normalfall für zurückliegende Zeiträume keine Möglichkeiten haben, von ihrem Beschäftigten den Arbeitnehmeranteil vom Lohn einbehalten zu können. Der Chef bezahlt also rückwirkend regelmäßig auch den Arbeitnehmerbeitrag aus eigener Tasche.
Ein weiteres Problem entsteht, wenn eine Person mehrere geringfügige Beschäftigungen ausübt oder daneben eine Hauptbeschäftigung. Liegt bei der Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen die Summe über 630 DM und über 15 Wochenstunden, so entfällt die Geringfügigkeit und es tritt für alle Arbeitsverhältnisse Sozialversicherungs- und Beitragspflicht ein. Auch dann, wenn der Arbeitgeber von der Existenz der weiteren Beschäftigungen nichts wusste.
Wird dies in einer Betriebsprüfung aufgedeckt, werden seitens der Rentenversicherungsträger die nicht verjährten Beiträge für die Beschäftigung nacherhoben. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, der Mitarbeiter habe ihm das weitere Beschäftigungsverhältnis verschwiegen. Im Außenverhältnis gegenüber dem Rentenversicherungsträger haften die Arbeitgeber immer als Beitragsschuldner für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil.
Sicherheit kann der Arbeitgeber nur erlangen, indem er die geringfügig beschäftigten Mitarbeiter beim Abschluss des Arbeitsvertrages befragt und aufklärt.
Arbeitgeber sind berechtigt, ihre geringfügig beschäftigten Aushilfen nach anderweitigen Beschäftigungsverhältnissen und nach einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zu fragen. Verschweigt der Arbeitnehmer eine von ihm ausgeübte Beschäftigung oder teilt er diese, trotz vertraglicher Verpflichtung nicht mit, so liegt darin eine arglistige Täuschung. Die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung kann der Chef als Schaden gegenüber dem Arbeitnehmer geltend machen.
Bei geringfügiger Beschäftigung gilt:
Prüfen Sie vor dem Abschluss eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses, ob eine Tarifbindung vorliegt.
Berechnen Sie den jährlichen Gesamtvergütungsanspruch (tariflicher Lohn, tarifliche Zuschläge und Sonderzahlungen), teilen Sie die Summe durch zwölf und prüfen Sie, ob diese Zahlungen die Grenze von 630 DM überschreitet.
Verwenden Sie einen Arbeitnehmerfragebogen, in dem der Arbeitnehmer neben seinen Daten auch Angaben zu weiteren Beschäftigungsverhältnissen machen muss.
Vereinbaren Sie im Arbeitsvertrag eine Mitteilungspflicht des geringfügig Beschäftigten für weitere Beschäftigungen.
Probleme gibt es häufig auch mit der Beschäftigung von Studenten. So genannte Werkstudenten sind versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, wenn sich ihre Beschäftigung im Rahmen der 20-Stunden-Grenze hält. Dann ist allein der Beitrag für die Rentenversicherung zu zahlen.
Der Arbeitgeber muss aber darauf achten, dass es sich tatsächlich um einen ordentlich Studierenden handelt. Allein die Immatrikulation an einer Hochschule reicht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht aus. Die Betriebsprüfer der Rentenversicherungen überprüfen, ob das Studium auch die Zeit und die Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch genommen hat. So tritt die volle Sozialversicherungspflicht ein, wenn ein Arbeitnehmer ein Studium aufgenommen hat, seinen bisherigen Beruf aber weiterhin als Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung ausübt. Immer dann, wenn der Student bereits vor Beginn seines Studiums als Arbeitnehmer beschäftigt war, soll, so das Bundessozialgericht, keine Beschäftigung als Student vorliegen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Tätigkeit unter der 20-h-Grenze liegt. Dies müssen Unternehmer besonders berücksichtigen, wenn sie einem Arbeitnehmer ein Studium dadurch finanzieren, dass sie ihn in den Semesterferien oder neben dem Studium weiterbeschäftigen.
Checkliste: Betriebsprüfung durch Sozialversicherungsträger: Was tun, wenn der Prüfer kommt?
  • 01. Eine Betriebsprüfung muss mindes-tens 14 Tage vorher angekündigt werden, informieren Sie rechtzeitig Ihren Steuerberater.
  • 02. Der Betriebsprüfer darf Ihre gesamte Finanzbuchhaltung einschließlich aller Verträge, auch von freien Mitarbeitern, und die Bescheide der Lohnsteuerprüfungen des Finanzamtes überprüfen: Bereiten Sie alle Unterlagen mit Ihrem Steuerberater vor.
  • 03. Bereiten Sie auch die Software vor: Der Betriebsprüfer darf auch die EDV-Daten Ihrer Finanzbuchhaltung einsehen.
  • 04. Bei Unsicherheiten in der Beurteilung von Sozialversicherungspflicht bei Scheinselbstständigkeit, geringfügiger Beschäftigung oder Studenten, schalten Sie bereits vor der Betriebsprüfung einen im Betriebsprüfungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Sozialrecht ein und lassen Sie die Fragen klären. Dies erleichtert Ihnen die Argumentation in der Betriebsprüfung.
  • 05. Sie haben Anspruch auf ein Schlussgespräch. Verlangen Sie ein solches und tragen Sie dem Prüfer alle für Sie günstigen Gesichtspunkte vor.
  • 06. Wenn Sie einen Beitragsbescheid erhalten und Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen sollen, legen Sie unbedingt Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein.
  • 07. Schalten Sie spätestens jetzt einen im Betriebsprüfungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt ein, damit Sie im Widerspruchsverfahren richtig argumentieren können. Eine falsche Argumentation kann in einem späteren Prozess vor dem Sozialgericht nicht mehr korrigiert werden und wirkt sich zu Ihren Lasten aus.
  • 08. Weisen Sie die Rentenversicherungsträger darauf hin, dass Ihr Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, wenn es um die Feststellung der Sozialversicherungspflicht eines Beschäftigungsverhältnisses geht! Obwohl die Beitragsbescheide eine sofortige Zahlung verlangen, müssen Sie dann die rückständigen Beiträge nicht sofort zahlen. Dies schont die Liquidität.
  • 09. Nehmen Sie über Ihren Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren Akteneinsicht. Tragen Sie spätestens jetzt alle für Sie günstigen Argumente vor. Klagen Sie auch gegen einen für Sie ungünstigen Widerspruchsbescheid.
  • 10. Zum Schluss: Denken Sie auch an die Prüfung durch das Finanzamt. Eine für Sie günstige Beurteilung des Finanzamtes muss auch der Prüfer der Rentenversicherung beachten!
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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