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Die Bauherren der neuen Netzwelt machen mobil

Systemintegration fördert Zusammenarbeit im Web
Die Bauherren der neuen Netzwelt machen mobil

Allein mit dem Straffen der Wertschöpfungskette ist es bald nicht mehr getan. Immer öfter werden die ERP-Systeme zur Steuerung interner Geschäftsprozesse mit externen Bereichen verknüpft. Mit welchen Lösungen sich die Anwender im Wettbewerb differenzieren wollen, zeigt die Cebit in Hannover.

Von unserem Redaktionsmitglied Dietmar Kieser

Mehr Umbruch- denn Aufbruchstimmung herrscht derzeit im Markt für Business-Software. Mit dem Vordringen des Internet als Automatisierungs- und Rationalisierungstool zieht das Interesse der Anwender an unternehmensübergreifender Vernetzung und digitalem Business stark an. Grund genug für einige Anbieter der betriebswirtschaftlichen Standardlösungen, ihre Strategie zu ändern, um eine breitere Kundenbasis bedienen zu können. Integrierte Pakete werden aufgeschnürt und einzelne Module als Teillösungen verkauft. So plant Marktführer SAP AG (auf der Cebit in Halle 2, Stand C02), den R/3-Nachfolger Mysap.com in sieben Komponenten aufzubrechen. Wer bislang kein SAP-System einsetzt, soll künftig beispielsweise mit dem CRM-Modul der Walldorfer seine Kundenbeziehungen managen können.
Wer auf Software der Baan Deutschland GmbH (Halle 3, Stand D33) mit Sitz in Langen umrüstet, muss nicht mehr die Komplettlösung erwerben. Erst kürzlich hat Baan-Chef Laurens von der Tang mit I-Baan eine neue Produktfamilie für das Internet-Business angekündigt. I-Baan enthält eine Kundenmanagement-Lösung, die auch als Einzelmodul verkauft werden soll. Technologisch wie wirtschaftlich stehen bei Baan die Zeichen auf Umbruch: Der Eignerwechsel ist der niederländischen Softwareschmiede gut bekommen. Seit der britische Automatisierungsriese Invensys dort das Sagen hat, stimmen auch die Zahlen wieder.
Doch nicht nur die Etablierten sorgen für Gesprächsstoff. Auch Newcomer schreckt das stark umkämpfte Marktfeld nicht ab. Mit Ramco Systems Ltd. hat ein indischer ERP-Anbieter kürzlich seine Deutschland-Strategie verkündet. Bis 2002 sollen von Frankfurt/M. aus 35 Mitarbeiter agieren. Marktanteil statt Greencard könnte die Devise von Ramco-President Lakshmi Narasimhan lauten. Das Unternehmen, das weltweit mit 1300 Mitarbeitern rund 39 Mio. US-$ Umsatz erzielt, will hierzulande besonders Kunden aus dem Mittelstand bedienen. Ein Cebit-Auftritt ist aber erst im nächsten Jahr vorgesehen.
ERP-Neuland betritt die CAD-FEM GmbH aus Grafing. Der Anbieter von Programmen zur rechnergestützten Simulation präsentiert auf der Cebit in Halle 21, Stand C60, erstmals eine Software zur Unternehmensführung: Teraspect (Seite 16) ist auf kleinere und mittlere Betriebe zugeschnitten. CAD-FEM selbst ist seit drei Jahren Anwender dieser Lösung, die eine kleinere Freiburger Softwareschmiede entwickelt hat. Das Programm hat die Bayern derart überzeugt, dass sie sich zur Vermarktung entschieden haben.
Das ERP-Segment hat es auch einem Global Player angetan: Microsoft hat im vergangenen Dezember angekündigt, den ERP-Anbieter Great Plains (Halle 5, Stand E06) zu übernehmen. Die Gates-Company will sich nicht mehr nur mit Basistechnologien wie Betriebssysteme, Datenbanken und Office-Anwendungen zufrieden geben. In Europa ist Great Plains mit Sitz in Hamburg beispielsweise mit Apertum vertreten, einer zugekauften Betriebsführungssoftware für kleine und mittlere Unternehmen. Die Marktbeobachter der Meta Group gehen davon aus, dass Microsoft die Great-Plains-Software in eine neue Initiative integrieren wird, die unter dem Label .Net (sprich Dotnet) promotet wird.
Mit .Net will der Softwareriese mit Deutschland-Sitz in Unterschleißheim auf der Cebit zeigen, wie der Weg in die Online-Zukunft aussehen könnte. Auf dem Microsoft-Hauptstand in Halle 2/D02 können sich die Messegänger einen Einblick verschaffen in dieses Architekturmodell, das ein Softwarefundament für die neue Netzwelt legen soll. Dort werden auch zwei der Kernkomponenten der .Net-Strategie zu sehen sein: der Biztalk Server 2000 und der Commerce Server 2000. Während das Biztalk-Programm die Abwicklung von Geschäftsprozessen, die sich hinter dem Kauf im Web verbergen – also etwa Bestellung oder Versand – automatisiert, organisiert die Commerce-Software den elektronischen Handel.
Beide Lösungen sind Teil der Produktreihe .Net Enterprise Server. Zurückhaltung hingegen ist beim Windows-Nachfolger angesagt: Das unter dem Codenamen Whistler entwickelte Betriebssystem Windows XP wird auf dieser Cebit nicht zu sehen sein. Dafür reiht sich in die Riege der Neuheiten das Office-Paket ein, das jetzt ebenfalls den Namenszusatz XP trägt. Auch der unter dem Codenamen Tahoe angekündigten Share Point Server 2001 feiert Messepremiere.
Mit Lösungen, die auf die neue Plattform für Internet-basierende Anwendungen aufsetzen, ist Microsoft auf der Cebit nicht allein. Mit der AP AG (Halle 4, Stand C49) präsentiert einer von zwei deutschen Entwicklungspartnern eine Unternehmenslösung, die eigenen Angaben zufolge reif für .Net sei. Die Karlsruher haben ihr ERP-System P2plus nicht nur durchgängig auf Internet-Technologie getrimmt – also Funktionalitäten integriert wie etwa E-Commerce, das Lieferkettenmanagement (SCM) und die Kundenbeziehungspflege (CRM). Als Teilnehmer an Microsofts weltweitem .Net Early-Adopter-Programm setzen sie im Rahmen des P2plus-Pakets Windows 2000 ebenso ein wie die Lösungen des .Net Enterprise Servers (SQL Server und Exchange Server). Zudem nutzt die ERP-Lösung alle Technologien aus dem Internet-Umfeld wie HTML, DHTML, XML, Active Server Pages oder Soap.
Weiteren Entwicklungsschub gibt es auch bei der E-Business-Software Troja zu vermelden. Die Lösung der Abas Software AG (Halle 20, Stand C16) will Mittelständler für das Internet wappnen. Die Plattform verfolgt den Anspruch, alle Geschäftspartner eines Unternehmens via Internet zusammenzubringen. Für den Aufbau ihrer Software verwenden die Karlsruher Standards wie die Enterprise-Javabeans-Technologie (EJB), das Datenformat XML und die Programmiersprache Java. Wie es heißt, könnten Unternehmen mit diesen Basistechnologien die vielfältigen künftigen E-Business-Anforderungen bewältigen. Neben Troja hat der Cebit-Aussteller auch die ERP-Software Abas-EKS im Messegepäck, die um etliche Neuerungen erweitert worden ist.
Den Trend zur besseren Unterstützung von Prozessen von mehreren beteiligten Firmen (Kollaboration) greift auch J.D. Edwards auf. In den Mittelspunkt seines Cebit-Auftritts in Halle 5, Stand A18, rückt der ERP-Anbieter aus Langen die Lösung One World Xe. So lautet Collaborative Commerce über Firmen hinweg das Stichwort. In der Praxis könnte folgendes geschehen: Die Bestellung eines Kunden via Internet führt im Produktionsplan des Herstellers automatisch zu einer Änderung, was dann wieder Aufträge und Bestellungen bei dessen Zulieferern auslöst. C-Commerce heißt in der Diktion von J.D. Edwards die Internet-basierte, vernetzte Zusammenarbeit aller Beteiligten einer Wertschöpfungskette. Ziel ist es, mit Hilfe des Internet unternehmensübergreifende Prozesse zu automatisieren.
Bei der Web-Präsenz muss die Infrastruktur mitwachsen, sowohl bei internen Vorgängen als auch im Umgang mit Geschäftspartnern. Standardsoftware allein reicht hierfür oft nicht aus. Ein Bindeglied zwischen unterschiedlichen Systemen ist von Nöten, beispielsweise das Software-Tool E-Collaborator, das ERP-Anbieter Intentia Deutschland GmbH in Hannover erstmals im Rahmen seines integrierten Paketes Movex zeigt. Interessenten müssen auf dem Messestand (Halle 5, Stand A36) jedoch noch mit einem Prototyp vorlieb nehmen. Nach Angaben der Schweden mit Deutschland-Sitz in Hilden können Unternehmen, die verschiedene ERP-Systeme einsetzen, damit reibungslos miteinander kommunizieren. Die Software nutzt elektronische APIs, die als Schnittstelle fungieren, für den selbstständigen und automatischen Datenaustausch. Auch intern warten auf Movex-Anwender zahlreiche Neuerungen, etwa ein funktionsorientiertes Portal. Diese Anwendung listet dem einzelnen Mitarbeiter auf einer Bildschirmseite alle Informationen und Applikationen, die er für seine tägliche Arbeit benötigt.
Die Steuerung des Informationsflusses zwischen Unternehmen verfolgt auch der Ende letzten Jahres fusionierte ERP-Systemhersteller Navision-Damgaard mit Sitz in Hamburg und Böblingen (Halle 5, Stand A08). Lösen wollen die Dänen diese Aufgabe mit Commerce Gateway (siehe auch Industrieanzeiger Nr. 9/2001). Die Software sei vor allem dann interessant, betont der Anbieter, wenn Dokumente zwischen zwei unterschiedlichen Systemen kostengünstig ausgetauscht werden sollen. Als eine Art „Universalübersetzer“ auf Basis des Microsoft Biztalk Server 2000 wird dieses Kommunikationstool gesehen, das zugleich das erste gemeinsame Produkt von Navision-Damgaard ist. Es wird sowohl für Navision Financials als auch für Damgaard Axapta verfügbar sein.
Für Firmenchefs, die sich ihr Electronic Business schrittweise aufbauen wollen, bietet die Unternehmenssoftware IFS Applications 2001 zahlreiche integrierte Lösungen. Die deutsche IFS-Dependance mit Sitz in Erlangen zeigt das aktuelle Release auf dem Stand B21 in Halle 20 mit zahlreichen Partnern. Mittels des modularen Informationssystems sollen sich Abläufe der Web-Anwendungen direkt mit den betriebswirtschaftlichen Prozessen verbinden lassen: Wie es heißt, fließen Informationen aus Portalen, B2B-Marktplätzen und drahtlosen Anwendungen automatisch in Ressourcenplanung, Logistik, Produktion und Rechnungswesen ein. Neu ist auch das Komplettpaket Engage, das den Anwender bei der E-Business-Einführung unterstützt.
Das Topthema Integration prägt den Messeauftritt der Münchener SoftM AG in Halle 5, Stand B36. Zur Cebit fällt für die neue Produktfamilie SoftM Suite der Startschuss für den Verkauf. Der Nachfolger des ERP-Pakets Basis/400 erhebt den Anspruch, das gesamte Spektrum geschäftskritischer Anwendungen in einem integrierten System vorzuhalten. Der Wechsel markiert den Übergang von einer hostbasierten Lösung zur Client/Server-Architektur. Eine neuentwickelte E-Business-Technologie verhilft dazu, den vorhandenen Backend-Server mit Applikationslogik und Datenbank vollständig im Internet einzusetzen. Dabei kommunizieren Web-Frontend und Server über die Internetsprache XML. Als Standardanwendung bieten die Münchener einen Web-Shop für das B2B-Geschäft sowie ein Portal, das Informationen aus allen SoftM-Modulen, aber auch aus anderen Applikationen zur Verfügung stellen kann. Das CRM-Modul als integrierter Bestandteil der SoftM Suite soll auch als Einzellösung erhältlich sein.
Auf die Kundenbeziehungspflege via Internet konzentriert sich die Ulmer Softwareschmiede Wilken GmbH (Halle 3, Stand D25). Ihr neues CRM-Modul ist als Internet-Applikation Bestandteil der hauseigenen ERP-Lösung. Der Vorteil für Innen- und Außendienstmitarbeiter: Per Web-Browser können sie orts- und zeitunabhängig Informationen über ihre Kunden einholen. Auf deren Anfragen kann sodann schnell und sicher reagiert werden. Auf der anderen Seite erlaubt die E-CRM-Lösung autorisierten Kunden, sich direkt über den Stand ihrer Aufträge zu informieren oder Änderungen in ihrer Adresse vorzunehmen.
B2B-Marktplätze: Neues Franchise-Konzept soll den Einstieg in die Portal-Welt erleichtern
Wie mittelständische Unternehmen einen Online-Marktplatz betreiben können, etwa für das Service- und Ersatzteilwesen, zeigt die B-Gate AG auf der Cebit am Stand der Bäurer AG aus Hüfingen (Halle A5, Stand A34). Anhand konkreter Beispiele wollen die Münchener ihr Konzept des Business-Process-Networking (BPN) verdeutlichen. Hierbei wird auch die Möglichkeit geboten, alle gängigen ERP-Systeme nahtlos mit dem jeweiligen Marktplatz zu verknüpfen. Wie es heißt, könnten dadurch etwa Transaktionen vom Marktplatz direkt in die Warenwirtschaftssysteme übernommen werden. Im Gegenzug würden sich Beschaffungen aus den ERP-Systemen direkt tätigen lassen, ohne Daten manuell zu übertragen. Zudem werden alle von B-Gate erstellten Portale untereinander sowie mit Portalen Dritter vernetzt. Durch dieses Geflecht können sich die Nutzer ein großes Angebot erschließen. Künftig wollen die Münchener ihre BPN-Technologie auch Dritten per Franchise-Programm zugänglich machen. Statt teuer zu investieren, überweisen die Franchise-Nehmer monatlich eine Gebühr. Auch sollen sie vom Verknüpfen aller B-Gate-Plattformen profitieren.
Nachgefragt: ASP im Mittelstand
Mietsoftware gilt als erstrangiges Trendthema.
Doch der Markt muss sich erst noch entwickeln.
?Wie steht der Mittelstand zu ASP, der kostengünstigen Alternative beim Softwarebezug?
! Das Thema Application Service Providing wird derzeit viel diskutiert, aber für die mittelständische Fertigungsindustrie – und das ist nun einmal unsere Klientel – ist ASP noch nicht das herausragende Thema. Da gibt es Vorbehalte, die auch damit zusammenhängen, dass der typische Mittelständler seine IT- Lösung lieber im eigenen Haus hat. Trotzdem arbeiten wir an diesem Thema. Experten gehen von einem Nachfrageboom in den nächsten Jahren aus. Wenn dem so ist, werden wir als einer der Anbieter natürlich dabei sein. Wir haben unsere Produktentwicklung immer an den Bedürfnissen und Anforderungen unserer Kunden ausgerichtet. Sobald unsere Kunden ASP verstärkt nachfragen, werden wir unser Konzept präsentieren. Mit der Erfahrung aus 3400 realisierten Projekten sind wir, glaube ich, in einer sehr guten Position.
Gastkommentar: Neue Aufgaben für ERP-Systeme
Das vielbeschworene elektronische Business nimmt im Unternehmensbereich (B2B) langsam Konturen an. Der Grund: Die Initiatoren, die heute überwiegend in der Großindustrie zu finden sind, erwarten sich gigantische Kosteneinsparungen.
B2B im Internet wird aber nur dann funktionieren, wenn auch die hochspezialisierten Hersteller im Mittelstand in die Lage versetzt werden, ihr Produktangebot in die Internet-Marktplätze zu integrieren. Auch die neu entstehenden Geschäftsmodelle im B2B müssen in den Firmen erst technisch umgesetzt werden. Mit einem simplen Web-Shop ist es nicht getan. Es wird aber nicht einfach sein, eine 1991 installierte ERP-Lösung auf Nixdorf-Basis per XML ins Web zu integrieren. Hier kommt auf Anwender und Systemanbieter viel Arbeit zu. Und es wird wenig Zeit bleiben, unsere Hausaufgaben zu machen. Denn die Langsamen werden von den Schnellen gefressen.
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