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Die Deutschen und die Angst vor der E-Mobilität Reichweitendilemma und Ökobilanz – was dran ist an ist an der Zurückhaltung in Deutschland

Serie Recht: Elektromobilität
Die Deutschen und die Angst vor der E-Mobilität

Die Deutschen und die Angst vor der E-Mobilität
Nachhaltig hält sich das Gerücht, E-Autos seien gerade in der Herstellung deutlich umweltschädlicher als Verbrennermotoren. Dass das Gegenteil der Fall ist, beweist die Studie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zur Ökobilanz von PKW mit verschiedenen Antriebssystemen. Bild: Spuno/stock.adobe.com
Über Reichweitendilemma und Ökobilanz – was wirklich dran ist an ist an der vermeintlichen Zurückhaltung im Land der Autoliebhaber.

» Dr. Marcel Vietor, Anwalt und Partner bei GSK Stockmann, und Andrea Nowak, Anwältin bei GSK Stockmann

Immer noch hartnäckig halten sich zum Thema E-Mobilität die stereotypen Vorbehalte, wie „für die Reise nach Italien würde ich mich aber nicht darauf verlassen, dass es ausreichend Ladesäulen gibt“ und „die CO2 Bilanz ist doch gerade bei der Herstellung von E-Autos total schlecht“.

Doch was ist wirklich dran an den bekannten Vorurteilen und wie lässt sich die vermeintliche Zurückhaltung der Deutschen perspektivisch beurteilen? Der Marktanteil von Elektroautos mit batterieelektrischem Antrieb (BEV) liegt in Deutschland im europäischen Vergleich gerade einmal im Mittelfeld. Im März 2024 betrug laut ADAC der Anteil der Neuzulassungen bei den E-Autos lediglich 11,9%, während der Anteil klassischer Benziner 37,8% ausmachte. Und das, obwohl das meistverkaufte Auto der Welt und mit 251.604 Einheiten auch Europas im Jahr 2023 ein E-Auto ist, das Model Y von Tesla. Der Marktanteil des amerikanischen Riesen liegt in Deutschland (Stand: März 2024) aber bei gerade einmal spärlichen 1,5%. Vom größten E-Autobauer weltweit, dem chinesischen Hersteller „BYD“, hat hierzulande kaum jemand gehört.

Ein Grund für die zaghafte Nachfrage an E-Autos dürfte das plötzliche Aus der Umweltprämie sein, wonach bis zum 17.12.2023 BEV-Fahrzeuge noch von einer staatlichen Förderung profitieren konnten.

Doch auch die bereits in den Duden aufgenommene „Reichweitenangst“ spielt bei der Wahl des Fahrzeugs eine nicht zu unterschätzende Rolle. Schließlich besteht beim E-Auto im Notfall nicht die Möglichkeit, wie beim Verbrenner, bei der nächstgelegenen Tankstelle eine Art „Ersatzkanister“ zu beschaffen. Doch diese Angst ist, zumindest bezogen auf das Bundesgebiet, unbegründet. Ein Blick in das Ladesäulenregister der Bundesnetzagentur zeigt, dass die Ladesäulen-Infrastruktur mit 93.261 sog. „Normalladepunkten“ sowie 22.047 „Schnellladepunkten“ ausgestattet ist (Stand: 11/2023). Damit kommen auf ca. 1,4 Mio. zugelassene E-Autos (Stand: 01/2024) rund 115.000 Ladesäulen, Tendenz steigend. Ausgenommen diejenigen, die eine Ladestation zu Hause installiert haben. Doch was ist mit der besagten Reise nach Italien? – Die Karte der Ladestationen in Europa vom ADAC zeigt, dass auch hier bei der Infrastruktur ordentlich aufgestockt wurde. So sind gerade in den beliebten Urlaubsländern wie Italien, Österreich und der Schweiz ausreichend Ladesäulen vorhanden, um einfach „drauf los“ zu fahren. Wer lieber auf Nummer sicher gehen möchte oder für Fahrten in entlegenere Gebiete bietet sich eine gewisse Vorplanung sicherlich an. Die Suche auf dem Smartphone dauert hierfür womöglich eine Millisekunde länger. Doch was tut man nicht alles, für das „grüne Gewissen“?

Ökobilanz – VDI-Studie spricht für E-Autos

Nachhaltig hält sich das Gerücht, E-Autos seien gerade in der Herstellung deutlich umweltschädlicher als Verbrennermotoren. Dass das Gegenteil der Fall ist, beweist die Studie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zur Ökobilanz von PKW mit verschiedenen Antriebssystemen. Bei einer angenommenen Laufleistung von 200.000 km verbrennen Benziner im Schnitt 37t CO2, während E-Autos bei gerade einmal 24,2t CO2 liegen. Zwar startet das E-Auto insbesondere bei der Herstellung der Batterie tatsächlich erst mal mit einem produktionsbedingten „CO2-Rucksack“, den es dann in der Nutzungsphase aber wieder „einfährt“. Grund hierfür sind vor allem die bei der Batterieproduktion entstehenden Treibhausgase (THG). Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Herstellung der Batterien ebenfalls mit regenerativer Energie erfolgt. „Wir brauchen daher mehr Batterieproduktion Made in Germany, ein besseres Batterierecycling sowie den schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien – sowohl in Form von grünem Strom als auch grünen Kraftstoffen.“, so Dr.-Ing. Joachim Damasky, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik.

Offen bleibt die Frage, wie die häufig beschworene Mobilitätswende gerade im Hinblick auf die Autoindustrie realisierbar ist. Fakt ist, dass dem Endverbraucher die Entscheidung zugunsten der Elektromobilität am Standort Deutschland trotz „grüner“ Argumente aktuell nicht gerade leicht gemacht wird: So sind die Preise für Elektroautos immer noch astronomisch und lassen preiswertere Modelle auf sich warten. Nicht gerade förderlich dürfte auch der von Volker Wissing ausgerufene „Wettbewerb der Technologien“ sein, wonach der Markt selbst das Problem regeln soll. Ebenso rückschrittlich ist die Behauptung von Sahra Wagenknecht, Deutschland solle „wieder zum Hotspot einer neuen Verbrennergeneration“ werden.

Mit derartigen Aussagen spricht man der Politik ihr Lenkungspotenzial ab. Insbesondere und gerade, weil Deutschland unstreitig seit Jahrzehnten Hotspot für Verbrennermotoren ist, bereits Milliarden in die Mobilitätswende investiert wurden und ein Richtungswechsel längst beschlossene Sache war, lässt sich die plötzliche Bewegungslosigkeit nicht erklären.

Die Verantwortung allein auf den Verbraucher abzuwälzen, indem man mit dem „moralischen grünen Zeigefinger“ winkt und erwartet, er werde allein deshalb zur vergleichsweise teureren Elektrovariante greifen, kann ebenfalls nicht die Lösung des Problems sein. Vielmehr fehlt es an echten Maßnahmen, die den Kauf eines Elektrofahrzeugs gegenüber dem „altbewährten Verbrenner“ attraktiv machen, wie z.B. die bereits angesprochene Umweltprämie. Aber auch für die angeschlagenen heimischen Autobauer müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sie erschwingliche Modelle für den Endverbraucher auf den Markt bringen können, um mit der Konkurrenz aus China und den USA beim Thema E-Mobilität mithalten zu können.

Dann gewinnt der angeschlagene Wirtschaftsstandort Deutschland auch langfristig wieder an Attraktivität und die Versprechen der Mobilitätswende können endlich eingelöst werden. Denn Eines lässt sich nicht bestreiten: Die Grundpfeiler für den Ausbau der E-Mobilität sind gesetzt, jetzt muss nur noch bei der Umsetzung auf den Beschleuniger (früher das „Gaspedal“) gedrückt werden.

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