Mit einjähriger Verzögerung wurde die Neuordnung der Ausbildung für Industriekaufleute im letzten Moment verabschiedet. Sie ist am 1. August im Kraft getreten.
Peter Becker ist Journalist in Berlin
Die Kuh kam erst am 28. Juni vom Eis. An jenem Tag einigten sich die Beteiligten auf den vorliegenden Kompromiss für die Neuordnung. Damit können vom 1. August an die Industriekaufleute nach modernisierten Bestimmungen ausgebildet werden. Die Neuordnung betrifft etwa 57 000 Auszubildende in rund 15 000 Betrieben.
Im Mai 2000, als die Vorarbeiten begannnen, hatte zunächst alles so gut ausgesehen. Denn die Beteiligten, also Bund, Länder sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer, waren sich einig, dass die Modernisierung dringend notwendig war. Einvernehmen bestand auch über die Leitlinien (siehe Interview).
Dann entwickelte sich die Gestaltung der Prüfungen zu einem Streitpunkt, und es kam sogar zeitweilig zu einem Stillstand der Beratungen. Die Positionen schienen unvereinbar: Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer sprachen sich für eine „gestreckte“ Prüfung aus, was die Zwischenprüfung zu einem sozusagen vorgezogenen Teil der Abschlussprüfung gemacht hätte. Die Befürworter wollten erreichen, dass die Azubis sich in der letzten Etappe ihrer Ausbildung ganz dem künftigen Einsatzgebiet im Betrieb widmen konnten und dass ihnen zudem das Auffrischen von längst abgeleistetem Stoff für den einen entscheidenden Tag erspart blieb.
Dagegen wehrten sich vehement die Ländervertreter und ihre Wirtschaftslehrer. Sie befürchteten, dass der Lernort Berufsschule ganz oder zumindest weitgehend aus dem dritten Ausbildungsjahr hinauskatapultiert würde. Insider berichten, dass sich die Schulen auch nicht in der Lage gesehen hätten, angesichts des Mehraufwands für die neuen Lehrpläne nun auch noch bis zum Zieltag 1. August den Mehraufwand für eine neue Zwischenprüfung zu leisten.
Schließlich wurde als Kompromiss die sogenannte „gedehnte“ Prüfung gefunden und verabschiedet. Sie behält die Zwischenprüfung in ihrer bisherigen Form bei, bringt aber bei der Abschlussprüfung eine Dehnung: ihr schriftlicher Teil wird vom Mai in den März vorverlegt. Die Monate bis zu ihrem letzten Teil (mit Arbeitsaufgabe und Präsentation) im Juni stehen dann voll der Einübung in das künftige betriebliche Aufgaben- und Einsatzgebiet zur Verfügung.
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