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Die unbeschreibliche Leichtigkeit des Wechsels

Modulare Montage: Flexibilität zeigt sich in Anwendungsbeispielen
Die unbeschreibliche Leichtigkeit des Wechsels

Die unbeschreibliche Leichtigkeit des Wechsels
Bis zu 16 Module, in denen zum Teil mehrere Schritte ausgeführt werden, umfasst eine Montage- und Prüfanlage für Diesel-Hochdruckpumpen. Die Mehrzahl der Anwender setzt jedoch nur vier oder fünf Module zu einem Ganzen zusammen – oder ergänzt einen Handarbeitsplatz mit einem automatischen Prüfmodul. Selbst Lasertechnik lässt sich heute in die modularen Systeme integrieren (Bild: Sitec)
Schneller Austausch von Prozessen: Davon profitieren die Anwender modularer Montagesysteme, auch wenn eine Anlage aus nur wenigen Einheiten besteht. Die richtigen Module auszuwählen, ist die Kunst.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Kopfschüttelnde Besucher auf der Münchner Messe Automatica waren für Christian Merz, Verkaufsleiter bei der Paro AG im schweizerischen Subingen (Halle 3, Stand 3203), ein gutes Zeichen. Der Grund für ihr Staunen: „Ich hatte meine Sonntagskleider an und habe ohne Werkzeug weniger als zwei Minuten gebraucht, um ein Modul aus unserem Montagesystem auszutauschen.“ Mit solchen Demonstrationen lenken nicht nur die Schweizer die Aufmerkdamkeit auf das größte Pro modularer Montagesysteme: Sie sind außergewöhnlich flexibel. Der rasche Wechsel von Zellen, in denen zumeist automatisch gefügt, geprüft oder gehandhabt wird, beschleunigt die Produktion von Varianten. Das gilt auch für kleine Systeme, die ein Mittelständler aus nur wenigen Modulen zusammenstellt. Trotz aller Begeisterung für die theoretischen Möglichkeiten ist jedoch zu beachten: Welches System oder welche Module eine Aufgabe am besten lösen, lässt sich in der Regel nur mit intensiver Beratung klären.
Die Teamtechnik Maschinen und Anlagen GmbH, ein Vorreiter mit Erfahrung, setzt auf die direkte Anschauung. Jedes Jahr bieten die Freiberger den Interessenten bei Technologietagen, wie sie in diesem Jahr im Oktober stattfinden, Informationen zum System, einen Blick in die Fertigung, Referate von Institutsmitarbeitern – und die Möglichkeit, aus Erfahrungsberichten von Anwendern zu lernen. Zahlenbeispiele zeigen, was dort zur Sprache kommt:
  • Mehrmals am Tag lasse sich eine modular aufgebaute Anlage in wenigen Minuten auf eine neue Ventilvariante umstellen.
  • Soll ein zusätzlicher Prozess wie das Fügen oder Prüfen in eine Linie eingebaut werden, dauere das unter zwei Stunden.
  • Die Kapazität einer Anlage lasse sich kurzfristig steigern, wie eine Anwendung bei einem Hausgerätehersteller zeigt: Beim Serienanlauf im Sommer waren 200 000 Einheiten als Jahreskapazität geplant, während im Herbst des Folgejahres die ausgebaute Anlage schon 1,2 Mio. Teile schaffte.
„Wenn die Anwender nicht in direktem Wettbewerb zueinander stehen, organisieren wir darüber hinaus auch Besichtigungen der Anlagen vor Ort“, ergänzt Teamtechnik-Mitarbeiterin Uta Straube.
Von einem Vertrieb im herkömmlichen Sinne kann bei den modularen Anlagen nicht die Rede sein, wie auch Dr. Dieter Fischer betont, Projektmanager Forschung bei der Sitec Industrietechnologie GmbH, Chemnitz (Halle 1, Stand 1236). „Unsere Ingenieure diskutieren mit Anwendern verschiedene Szenarien und beraten sie bei der Planung“, sagt der Experte für modulare Montagesysteme. „Denn ob es die Technik war, die bisher die Stückkosten in die Höhe trieb, oder ob vor allem an der Organisation etwas verändert werden muss, ist nicht leicht zu bewerten.“
Auch wenn von Anfang an klar ist, dass eine modulare Anlage Verbesserungen bringt, seien Systemunterschiede erst zu erkennen, wenn eine Montageaufgabe detailliert umgesetzt wird:
  • Passen die zu montierenden Objekte von der Größe her in die Anlage?
  • Wieviel Bauraum steht in der Halle oder im Reinraum zur Verfügung?
  • Welche Flexibilität wird wirklich benötigt: Wie oft und unter welchen Bedingungen ist ein Modul auszutauschen, wie oft und in welchem Umfang wird umgerüstet?
  • Welche Montage- und Prüftechnologien sind zu integrieren?
  • Welche Genauigkeiten und Prozesskräfte werden verlangt?
  • Muss eine Rückverfolgbarkeit der Produkte gegeben sein?
„Auswechseln lassen sich die Module in allen Anlagen“, sagt Fischer. Um aber auch größere Umbauten – wie den Austausch einer Schraubstation gegen eine Schweiß- oder Klebestation – so einfach zu gestalten, dass selbst angelernte Kräfte ihn bewältigen, sei eine Menge Entwicklungsarbeit erforderlich. An dieser Stelle müsse ein Systemanbieter eine heikle Gratwanderung antreten. „Einfachste Austauschtechnik kann von Vorteil sein. Aber das wird nicht jeder Kunde brauchen und daher auch nicht bezahlen wollen.“
Aus den gleichen Gründen beschränke sich in der Regel auch die Baugröße der Produkte, die in einer Anlage montiert werden können. Das Modularsystem von Sitec beispielsweise ist für Objekte bis zu einer Größe von 200 mm x 200 mm x 200 mm optimiert, wobei ein Modul 1,5 m² Grundfläche benötigt – was vor allem für Anwendungen im Reinraum zählt, „wo jeder Kubikmeter kostet“. Die etwas größeren Anlagen von Teamtechnik wiederum eignen sich für Objekte bis zu einer Kantenlänge von 300 mm. Andere Anbieter hätten sich auf kleinere Teile und damit Anwendungen in der Elektronikindustrie oder erheblich größere Teile spezialisiert. Weitgehend standardisierte Module vereinfachen auch die Kooperation mehrerer Hersteller, wie Fischer berichtet: „Einen solchen Fall hatten wir gerade für ein Joint Venture in Sachsen, wo drei Anbieter zusammen die komplette Automatisierung für ein Werk der Zulieferindustrie realisiert haben.“
Besonders die Abnehmer aus der Automobilindustrie fordern die lückenlose Erfassung des Montagefortschritts, um eine Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. „Unsere MDE-BDE-Systeme sind als effizientes Traceability-Werkzeug sehr gefragt“, sagt Fischer.
Auch wenn die meisten Anwendungen modularer Montagesysteme bisher in der Automobil- und Elektronikbranche zu finden sind, sehen die Anbieter auch Mittelständler als künftige Kunden. „Flexibilität ist gerade für die mittleren Betriebe das Thema“, so Teamtechnik-Mitarbeiterin Straube. Und in den Systemen der Anbieter sind auch Handarbeitsplätze als Modul eingeplant, die einen Produktionsstart bei kleinen Stückzahlen ermöglichen – und deren Komponenten später für eine Automatisierung weiterverwendet werden können.
Hakt die Technik oder hakt die Organisation?
Drei Anbieter rüsten Zulieferwerk gemeinsam aus

„Modulare Montage lohnt sich, selbst wenn sich die Vorteile nicht sofort zeigen“

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Nachgefragt

Weil modulare Montagesysteme komplex sind, brauchen die Anwender im Vorfeld intensive Beratung. Dafür ermöglichen die Systeme gerade kleinen Betrieben, mit Flexibilität zu punkten.
Wie nehmen Anwender in kleineren Betrieben modulare Montagesysteme auf?
Das Konzept trifft auf großes Interesse und wird verstärkt eingesetzt. Aus Kostengründen muss allerdings gerade ein kleineres Unternehmen die Alternativen intensiv prüfen, wie beispielsweise konventionelle Transporteinrichtungen mit Teilautomaten und Handmontageplätzen.Dafür ist eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Bewertung geboten. Denn die Vorteile modularer Systeme wie die höhere Zuverlässigkeit, der schnellere Montageablauf und die höhere Wiederverwendbarkeit zeigen sich zumeist nicht kurzfristig. Eine detaillierte Beratung kann aber den Nutzen sichtbar machen, der sich auf mittlere Sicht ergibt, auch wenn die Investitionskosten etwas höher ausfallen.
Abgesehen von der Beratung durch die Hersteller: Was hilft beim Planen eines modularen Montagesystems?
Rechnergestützte Planungswerkzeuge haben inzwischen auch für die Montage einen hohen Standard erreicht. So lassen sich durch CAD-Modelle mit Simulation die technischen und betriebswirtschaftlichen Aspekte alternativer Systeme sehr fein gegenüberstellen. Analysen für unterschiedliche Szenarien mindern das Investitionsrisiko erheblich. Bei der Bewertung helfen auch Forschungsinstitute wie das FAPS.
Sind die komplexen modularen Systeme verschiedener Anbieter vergleichbar?
Der Vergleich fällt oft insofern schwer, weil sich die Systeme vor allem in komplexen Aspekten wie der Umrüstbarkeit, der Einkopplung neuer Module oder der schnellen Verknüpfung mit der Systemsteuerung unterscheiden.
Welches sind die wichtigsten Kriterien, die der Anwender betrachten muss, wenn er ein modulares System in Erwägung zieht?
Die voraussichtlichen Montageprofile müssen klar sein. Gerade kleinere Unternehmen haben ihre Stärken dort, wo viel Flexibilität gefordert ist. Dies betrifft gleichermaßen die Varianten-, die Nachfolge- und die Mengenflexibilität. Und genau da sind modulare Montagesysteme von Vorteil: Sie ermöglichen den schnelleren Serienanlauf mit erprobten Modulen, die vereinfachte Umstellung bei Varianten sowie neue Ansätze zur Mengenanpassung.
Wo gibt es Verbesserungsbedarf an den modularen Montagesystemen?
Die Systeme haben in den vergangenen zehn Jahren einen hohen Standard erreicht. Verbesserungen sind aber selbstverständlich möglich. Dies beginnt bei kostengünstigeren Einheiten, erweiterter Softwareunterstützung sowie vereinfachter Integration ergänzender Steuerteile. In Zukunft müssen die Anbieter solcher Systeme ihr Augenmerk vor allem darauf lenken, dass mehr mechatronische Produkte montiert werden müssen. op
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