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Direkt messen, sobald die Führung montiert ist

Integriertes Mess-System sichert Präzision in Drückwalzmaschinen
Direkt messen, sobald die Führung montiert ist

Drückwalzmaschinen bringen präzise Geometrien und gleichmäßige Wanddicken am Werkstück hervor. Programmierbare Maschinenachsen tragen wesentlich dazu bei. Die erforderliche Genauigkeit sichert ein robustes, in die Linearführung integriertes Mess-System.

John Großpietsch ist freier Fachjournalist in Zell am Harmersbach

Die Industrie versucht immer häufiger, komplexe Zerspanungsprozesse durch relativ einfaches und schnelles Umformen zu ersetzen. Das gilt vor allem für die Automobilindustrie. Auf dem Gebiet der Kaltverformung beispielsweise lassen sich durch moderne Drückwalztechnik die Kosten deutlich senken, und auch das Gewicht und die Qualität der Teile können erheblich verbessert werden.
Herkömmliches Tiefziehen oder andere Umformmethoden sind allerdings mit den Ansprüchen an die Teile häufig überfordert. Anlagen, die den Forderungen gerecht werden, müssen mit gesteuerten Achsen und entsprechenden Wegmess-Systemen ausgestattet sein. Ein Beispiel für solche Präzisionsanlagen ist der von der Leico GmbH + Co. im westfälischen Ahlen entwickelte Kolben-Sicken-Automat, der Sicken und Nuten in Hohlkolben oder andere rohr- und topfähnliche Teile drückt. Seine Linearachsen laufen auf Star-Rollenschienenführungen mit integriertem Mess-System, die der Geschäftsbereich Linear Motion and Assembly Technologies der Bosch Rexroth AG in Schweinfurt herstellt.
„Mit dieser Lösung sind hervorragende Wiederhol- und Positioniergenauigkeiten zu erreichen“, lobt Leico-Konstruktionsleiter Wolfgang Römpp, „und das ist für den Umformprozess entscheidend.“ Die Genauigkeiten lägen in Bereichen, wie sie heute in komplexen Werkzeugmaschinen üblich sind.
Das Schwierige an der hier zu bewältigenden Aufgabe war es, beim Einziehen der Sicken in Bremskolben die Materialausdünnung zu vermeiden. Üblicherweise werden Sicken in einfachen Verfahren zwischen Rollenpaaren eingerollt. Dabei dünnt die Wandstärke im Bereich der Sicke aus, was zwangsläufig die Festigkeit beeinträchtigt. Um dies zu vermeiden, muss das Werkstück an beiden Seiten fest eingespannt und gleichzeitig axial nachgedrückt werden, sobald die formgebende Rolle radial eindringt.
Adaptionen und ein Montageschritt können entfallen
Das exakte Nachschieben von Material in axialer Richtung erhält die Wanddicke. Dafür setzt Leico auf dem symmetrischen Maschinenbett des neuen Automaten zwei Z-Achsen ein: eine für die Hauptspindel und eine für den Reitstock mit Spannfutter, der das Werkstück spannt. Die erforderlichen Schlitten laufen auf Rollenschienenführungen mit integriertem Mess-System.
Beide Achsen drücken gegeneinander und schieben so das Werkstück nach. Der Support mit der Sickenrolle ist mit dem gleichen Führungs- und Antriebssystem aufgebaut. Alle Achsen sind frei programmierbar. Ein Mess-System ist hier in jeder Achse notwendig, um simultane, positionsgeregelte Bewegungen zu ermöglichen.
Da wegen der hohen erforderlichen Anpresskräfte Hydraulikzylinder mit Servoventilen eingesetzt werden, war trotz einer Vielzahl technischer Möglichkeiten zur Wegmessung die Auswahl begrenzt. Drehgebersysteme schieden aus, weil die Zylinder ausschließlich lineare Bewegungen ausführen. Sonst hätten die Maschinenbauer den Aufwand in Kauf nehmen müssen, den zusätzliche Kugelrollspindeln mit Drehgebern als reine Messspindeln mit sich gebracht hätten. Als weitere, ebenfalls separat anzubauende Variante kamen Längenmess-Systeme wie beispielsweise Glasmaßstäbe in Frage. Entsprechende Erfahrungen waren allerdings negativ, da deren Schockfestigkeit zu gering war: Besonders beim Einrollen von Verzahnungen traten hochfrequente Vibrationen sowie hohe Beschleunigungen auf und störten die Messungen.
Robust und gleichzeitig genau genug ist das letztlich verwendete integrierte Mess-System. Seine Basis ist eine Maßverkörperung, die in eine Nut der Führungsschiene eingearbeitet ist. Dieses Stahlband mit präziser Teilung ist durch ein dicht verschweißtes Edelstahlband geschützt. Damit wird laut Hersteller weder die Form der Schiene verändert, noch die Lebensdauer der Schiene oder des ganzen Linearsystems beeinflusst.
Ein Lesekopf am Führungswagen tastet die Maßverkörperung induktiv ab. Er enthält die Sensorik und die Elektronik für die Signalkonditionierung. Da er direkt am Führungswagen verstiftet ist, verändern sich Justagen und Einstellungen nicht. Darüber hinaus bleibt die Austauschbarkeit erhalten, da Führungswagen und Sensor eine Einheit bilden.
Je nach Anwendung und Anforderung können voreingestellte Leseköpfe mit Auflösungen von 10, 5, 1 oder 0,25 µm eingesetzt werden. Die vollständige Integration in die Kugel- oder Rollenschienenführungen sowie das berührungslose Abtasten machen das System unempfindlich gegen Verschleiß und Verschmutzung.
Im Vergleich zu anderen Messmethoden ist dieses integrierte Mess-System für den neuen Kolben-Sicken-Automaten technologisch und wirtschaftlich die optimale Lösung, fasst Römpp zusammen. „Wir sparen damit den Konstruktions-, Herstellungs- und Bearbeitungsaufwand für mechanische Adaptionen und Anbauflächen“, so der Konstruktionsleiter. Außerdem entfalle Montageaufwand, da Führungsschiene und -wagen ohnehin montiert werden müssen. Sobald der Führungswagen mit dem verstifteten Lesekopf auf die Schiene geschoben wird, sei dieses System schon fertig und gleichzeitig justiert.
Auf Grund der positiven Erfahrungen sollen künftig auch in anderen Drückwalz-maschinen verstärkt die Rollenschienenführungen mit integriertem Mess-System eingesetzt werden. Dies betreffe nicht nur neue Maschinenkonzepte, wie Römpp mitteilt. Es werde auch daran gearbeitet, Standardkomponenten nach und nach umzu-rüsten, um die bisher zusätzlich eingebauten Systeme einzusparen.
Leico: Anwender im Profil
Die Ahlener Leico GmbH & Co. ist auf dem Gebiet der Drückwalztechnik weltweit führend. Seit Mitte der 80er Jahre baut das Unternehmen auch Streckmaschinen zum Abstrecken von Rohren. Aus diesem Produktspektrum entstand der komplette Bereich der Drückwalztechnik, der in drei Schwerpunkte gegleidert ist.
– Erster Schwerpunkt: präzise Formgebung anspruchsvoller Antriebselemente für die Automobilindustrie (komplexe Bauteile aus Ronden sowie aus gegossenen, tiefgezogenen oder geschmiedeten Vorformen in einer Aufspannung, zum Beispiel innen- und/oder außenverzahnte Lamellenkörper, Hohlräder für Planetengetriebe oder Riemenscheiben in allen Variationen)
– Zweiter Schwerpunkt: Bau von Maschinen für die Radherstellung, vom Stahlrad für landwirtschaftliche Fahrzeuge bis hin zu Magnesium-Hochleistungsfelgen für Formel-1-Rennwagen
– Dritter Schwerpunkt: Fertigung von Einziehmaschinen, mit denen Gasflaschen und Druckbehälter aus Rohren hergestellt werden.
Obwohl es sich bei all diesen Aufgaben um Umformtechnik handelt, sind die heutigen Anlagen konzeptionell eher von Werkzeug- und Drehmaschinen abgeleitet. Verstärkungen und spezielle Auslegungen ermöglichen auch große Umformkräfte.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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