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Drachen spucken kein Feuer mehr

Keine Angst vor dem fernen Osten
Drachen spucken kein Feuer mehr

Trotz Asien-Krise und politischer Widrigkeiten – für deutsche Unternehmen ist Präsenz in Fernost ein Muss.

Von unserem Redaktionsmitglied Iris Frick

Drachen, Tiger, kleine Tiger – Fabelwesen und wilde Tiere. Sie stehen als Symbol für Stärke, Kraft, Angriffslust, Unberechenbarkeit, Unbekanntes, und sie gelten als Synonym für Länder oder Ländergruppen. China, Japan, oder Malaysia und Thailand, Länder in Fernost sind weit weg, haben eine andere Kultur und eine andere Tradition, die sich von denen Europas in allen Lebensbereichen drastisch unterscheidet. Und, wenn die Marktpotenziale nicht so riesig wären, wer weiss, ob außer ein paar Abenteurern auch heutige Unternehmer in diese Länder gingen. Doch die Welt hat sich zum globalen Dorf gewandelt, und wer in diesem Dorf keinen Marktstand aufschlägt, wird keine erfolgreichen Geschäfte machen. In dem Bewusstsein, dass die fernöstlichen Volkswirtschaften die sogenannte Asien-Krise über- winden und wieder zu einem der bedeutendsten Kraftzentren der Weltwirtschaft werden, haben deutsche Firmen die Chancen genutzt und ihr Engagement in der Region ausgebaut. Doch nicht nur wirtschaftliche Faktoren bestimmen die Zukunft. Nach wie vor hängt das Schicksal der Region von den politischen Gegebenheiten ab. Doch mit der politischen Stabilität ist es in manchen asiatischen Ländern noch nicht weit her. Sie ist allerdings die Grundvoraussetzung für eine dauerhafte Geschäftsbeziehung.
Statement
„Unserer Erfahrung nach muss man mit ungefähr fünf Jahren Anlaufzeit im japanischen Markt rechnen. Ein langer Atem ist also die Grundlage für ein Engagement. Eine meiner interessantesten Erkenntnisse ist, dass die japanischen Kunden mindestens ebenso akribisch und perfektionistisch sind, wie wir es von Deutschland her gewohnt sind.“
Japan
Das Land des Lächelns gilt bei den pragmatischen Germanen wegen seiner ungewohnten Kultur, Traditionen und Rituale eher als schwierig – ein Eindruck, den die Unternehmen mit Japan-Erfahrung allerdings nicht unbedingt teilen. Mit Unterstützung der Stiftung Industrieforschung hat das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln 243 Unternehmen zu ihren Erfahrungen im Japan-Geschäft befragt.
Vor allem das Vorurteil der angeblich so ungewöhnlichen japanischen Geschäftsgepflogenheiten entbehrt offenbar jeglicher Grundlage. Wenn unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen hilft, nicht nur in Japan, oft ein Lächeln weiter. Auf einer Skala von 1 (kein Problem) bis 4 (großes Problem) jedenfalls bekommen die vermeintlichen Markteintritts-Hemmnisse wie tarifäre Handelshemmnisse, unlautere Konkurrenz und administrative Willkür im Durchschnitt Noten zwischen 1,6 und 2 – nur 3 bis 5 % der Unternehmen haben hier Probleme.
Ganz anders sieht es bei den Kriterien Personalbeschaffung und Konkurrenz aus. Mit jeweils 19 % ist der Anteil der Unternehmen, die mit „sehr problematisch“ antworten, hier am höchsten.
Als bedeutenster Vorteil des japanischen Marktes betrachten die deutschen Unternehmen das große Marktvolumen. Auf einer Skala von 1 (sehr positiv) bis 4 (sehr negativ) geben sie hier mit 1,5 die beste Note. Umgekehrt gelten die japanischen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren (3,0) sowie die Sprache und Kultur (3,1) als größte Markteintrittsbarrieren. Dennoch: Fast 60 % der deutschen Unternehmen ohne Niederlassung wollen ihr Engagement in Japan ausbauen. Rund 40 % davon denken über eine Koopoeration mit einem Partner vor Ort nach, ein weiteres Drittel will seinen Außenhandel verstärken, und jedes zehnte Unternehmen sucht die Beteiligung an einem Firmenpool. 43 der befragten Unternehmen haben eine Niederlasung in Japan. Der durchschnittliche Japan-Anteil am Umsatz ist mit 7 % mehr als doppelt so hoch wie bei den Betrieben ohne Niederlassung.
Bei den Kosten hält das Land der aufgehenden Sonne fast alle Superlative. In kaum einer Sparte, so die vor Ort tätigen deutschen Unternehmen, ist der Standort Japan günstiger als Deutschland. Jeweils drei Viertel sagen, dass Büromieten und Immobilien in Japan teurer sind als in Deutschland – meistens sogar um mindestens 25 %.
Zwar sehen gut 60 % der Firmen den Absatzmarkt durch die Wirtschaftskrise in den nächsten Jahren beeinträchtigt. Doch nur jedes fünfte will deshalb seine Pläne verschieben, einschränken oder aufgeben. Alle anderen führen ihre Strategie unverändert fort.
China
Wer es schafft, in China erfolgreich zu sein, hat sein Meisterstück gemacht. Denn unter Fachleuten gilt China als der schwierigste asiatische Markt für Europäer. Das Problem ist und bleibt das Verständnis für das Land, für die Andersartigkeit und damit für die Chancen und Risiken einer geschäftlichen Unternehmung.
Die Wachstumszahlen der vergangenen Jahre, erreicht trotz Asienkrise und Absatzflaute auf dem Binnenmarkt, sind beachtlich. Kaum ein anderes Land dieser Welt weist eine solche Dynamik auf. Auch für dieses Jahr gehen die Prognosen von neuen Zuwächsen aus. Demnach soll das Bruttoinlandsprodukt um mehr als 7 % zulegen, so die optimistischen Erwartungen in Peking. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die chinesische Wirtschaft vor ernsthaften Problemen steht, die dringend gelöst werden müssen. So müssen die Industrieunternehmen ihre Wirtschaftlichkeit deutlich erhöhen, das Rechtssystem bedarf dringend der Stärkung und die Rolle des Staates im Wirtschaftsprozess muss deutlich reduziert werden. Ein Beispiel: Getätigte Investitionen, sind kaum wieder nach Deutschland zurückzuholen. Die Auflösung eines verlustreichen Joint Ventures ist häufig komplizierter als dessen Gründung und in jedem Fall von der Zustimmung des Partners und der lokalen Behörden abhängig.
Obwohl sich die bilateralen Wirtschaftsbedingungen in den letzten Jahren weiter intensiviert haben, sehen sich deutsche Unternehmen in China mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. So sind verlässliche Marktinformationen nach wie vor schwierig zu erhalten, so dass oft das Marktpotenzial falsch eingeschätzt wird. Weiterhin herrscht ein starker Wettbewerbsdruck auf allen Märkten, und für Einsteiger in den chinesichen Markt sind die Kosten extrem hoch. Die Asienkrise hat außerdem für deutsche Unternehmen, die vor Ort produzieren, aufgrund der nicht devaluierten Währung Wettbewerbsnachteile gegenüber den asiatischen Anbietern mit sich gebracht.
Deshalb sind gerade für mittelständische Unternehmen die deutschen Außenhandelskammern sowie günstige Büro- und Ausstellungsflächen in China, wie sie beispielsweise das Deutsche Industrie- und Handelszentrum in Peking zur Verfügung stellt, besonders wichtig.
Statement
Nach den Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten Jahre zeigen die asiatischen Märkte deutliche Anzeichen der Erholung – dieses Jahr hat in fast allen Ländern der Region das Wirtschaftswachstum wieder eingesetzt. Auch Japan scheint allmählich wieder Tritt zu fassen.
Zwar sind die bestehenden Probleme erst zum Teil gelöst, das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Asien nach den „reinigenden Gewittern“ wieder überdurchschnittlich wachsen wird. Hier liegen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau mit seinen technologisch führenden Produkten hervorragende Chancen. Die Unternehmen müssen allerdings am Ball bleiben. Das derzeit dynamisch wachsende Westeuropa-Geschäft darf nicht zum Anlass genommen werden, Asien zu vernachlässigen. Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau braucht Märkte mit langfristigem Wachstumspotenzial, und er braucht eine breitere regionale Risikostreuung, um vor den zyklischen Schwankungen einzelner Märkte weniger abhängig zu sein.
Die asiatischen Märkte gelten u. a. auf Grund ihrer kulturellen Eigenarten als schwierig. Ich meine: Die Märkte in Asien sind grundsätzlich nicht schwieriger als die in Europa und Amerika, sie sind allerdings anders. Aber darauf müssen wir uns einstellen. Denn: Einfache Märkte gibt es im weltweiten Wettbewerb sowieso nicht mehr. Feststeht: Asien wird in den nächsten Jahren eine der dynamischsten Wachstumsregionen der Welt bleiben. Ich bin davon überzeugt, dass insbesondere China die Weichen noch stärker in Richtung Marktwirtschaft stellen und damit zu einem neuen Wachstumssprung ansetzen wird, der auf ganz Asien ausstrahlen wird. Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist gefordert, die sich hier bietenden Chancen konsequent zu nutzen.
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