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Effiziente Disposition ist eine Frage der Bestände

Flexibilitätsdarstellung hilft, Ziel-Reichweiten zu definieren
Effiziente Disposition ist eine Frage der Bestände

Wer Zukaufteile häufiger bestellt als verbaut, lagert Kapital. Vor allem im Bereich der A-Teile lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. Eine Flexibilitätsdarstellung kann aufzeigen, wo die Hemmnisse liegen. Ein guter Ansatz ist oft die Reduktion der Rüstzeiten.

Dipl.-Wirt.-Ing. Henrik Eyer und Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Hardy Schürfeld sind Geschäftsführende Gesellschafter der Kölner Unternehmensberatung Escon

Materialdisposition im Mittelstand basiert oft auf den Erfahrungswerten, die in den Köpfen langgedienter Mitarbeiter stecken. Ab einer gewissen Größenordnung führt dies jedoch zu Schwierigkeiten bei der Materialversorgung und Lieferfähigkeit. Um zu analysieren, wie erfolgreich bislang die Disposition erfolgt ist, lohnt sich ein Blick auf die Bestandsreichweiten. In einem zweiten Schritt gilt es dann, das Artikelspektrum gemäß seiner Wertigkeit in A-, B- und C-Artikel zu unterteilen.
Nach einer Berechnung der Reichweite je Artikel wird schnell deutlich, welche Positionen sich im betrachteten Zeitraum nicht bewegt haben. Hier ist mit den Verantwortlichen aus Einkauf, Materialwirtschaft oder Vertrieb zu klären, wo die Ursachen liegen. Handelt es sich um echte Lagerhüter, muss überlegt werden, ob es eine alternative Nutzung gibt, ob Lieferanten die Übermengen zurücknehmen oder ob eine Verschrottung sinnvoll ist. Für die gängigen Artikel können nun Mittelwerte für die Reichweite je ABC-Klasse gebildet werden. Leider gibt es keine allgemein gültige Aussage, wie groß die Reichweiten sein sollten. Viele Einflussfaktoren, wie Wiederbeschaffungszeit, Kapazitätsauslastung oder Branche spielen eine Rolle. So wird man in der Automobilindustrie bei A-Teilen eine Reichweite im Stunden- oder niedrigen Tagesbereich finden, während sich dies in anderen Branchen durchaus auch im Wochenrahmen bewegen kann.
Unter Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren müssen vernünftige Ziel-Reichweiten definiert werden. Hier kann eine Flexibilitätsdarstellung hilfreich sein (siehe Grafik rechts oben). Sie zeigt sehr anschaulich, in welchem Verhältnis Beschaffungs- und Verbrauchsrhythmus zueinander stehen. Im dargestellten Beispiel eines metallverarbeitenden Betriebes zeigt sich, dass es 14 Artikel in einer Materialgruppe gibt, die durchschnittlich zwei bis vier Mal pro Monat verbraucht, aber nur ein Mal pro Halbjahr beschafft werden. Gerade aber bei A-Teilen muss eine möglichst verbrauchssynchrone Anlieferung das Ziel sein. Stichworte sind just in time oder Kanban. Für diese Artikel müssten die abgebildeten Kugeln also auf oder zumindest in der Nähe der roten Linie liegen. Befinden sich die Kugeln unterhalb der Linie, so ist dies ein sicheres Anzeichen für reduzierbare Bestände, da seltener eingekauft als verbraucht wird. Bei einigen B- und vor allem C-Teilen kann es wirtschaftlich sein, Halbjahresbedarfe zusammenzufassen. Dies gilt auch für Eigenfertigungsteile.
Aus der Darstellung lassen sich Ziele für vernünftige Bestandsreichweiten ableiten. So sollten A-Teile, die mehr als zwei Mal pro Woche benötigt werden, in einem ersten Schritt nicht mehr als etwa fünf Werktage Bestandsreichweite haben. Späteres Ziel muss es sein, auf unter drei Tage zu kommen, um eine möglichst bedarfsgerechte Versorgung zu erreichen.
Nun ist es aber nicht damit getan, theoretische Ziele zu setzen. Viel schwieriger ist es, den verantwortlichen Mitarbeitern die Notwendigkeit der Zielerreichung zu vermitteln, denn Bestände kosten Geld: Die Addition von Zinsen, Raumkosten, Versicherung, Verwaltung oder Schwund lässt den Lagerhaltungskostensatz schnell auf über 20 % steigen.
Daher sind die Faktoren ausfindig zu machen, welche auf die Höhe der Bestände und die Festlegung der Dispositionsparameter wirken. Je nachdem, ob es sich um Einkaufsteile, Halbfertig- oder Fertigteile handelt, sind differenzierte Lösungsansätze erforderlich. Bei Eigenfertigungsteilen muss der Hebel meist bei den Rüstzeiten angesetzt werden, um flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren zu können. Zudem wird es dadurch möglich, die wirtschaftlich zu produzierenden Losgrößen zu senken, was wiederum die Bestände senkt. Im Einkaufsbereich hingegen ist es die konsequente Suche nach logistisch qualifizierten Lieferanten.
Auch die Optimierung von Schnittstellen zwischen internen Abteilungen spielt eine große Rolle. In aller Regel stellen die Liegezeiten vor und nach der Bearbeitung die größten Anteile an der Gesamtdurchlaufzeit dar, was wiederum zu höheren Beständen führt. Um die Liegezeiten abzubauen, bietet sich eine Vielzahl möglicher Maßnahmen an, beispielsweise der Aufbau einer Fließfertigung, die Einführung von Kanban-Regelkreisen oder visuelles Management. Die Überlegung, in welcher Reihenfolge die Flexibilitätshemmnisse abgebaut werden sollen, kann durch Weiterführung der Flexibilitäts-Darstellung erfolgen. So sieht man im Beispiel des Metallverarbeiters, dass im Bereich des Rohmaterials lediglich 8 % der Teile auch im Verbrauchsrhythmus beschafft werden (Grafik links unten), aber 91 % des gesamten Artikelspektrums in längeren Zyklen beschafft als verbraucht werden. Wenn man davon ausgeht, dass in der Regel rund 20 % der Artikelpositionen A-Teile sind, welche möglichst just in time beschafft werden sollten, so wird hier der Handlungsbedarf deutlich. Wichtig ist, permanent neue Ziele zu stecken, um Bestände sukzessive zu senken und immer flexibler auf die sich ständig schneller ändernden Kundenbedürfnisse reagieren zu können.
Schnittstellen der Abteilungen optimieren
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