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Ein Stich und aufwendige Konturen sind fertig

Formdrehwerkzeuge liefern reproduzierbare Werkstückqualitäten
Ein Stich und aufwendige Konturen sind fertig

Komplexe Konturen sind mit Formdrehwerkzeugen schnell und qualitativ hochwertig herzustellen. Die Fertigungszeit lässt sich um über 30 % reduzieren. Dazu fällt der Aufwand für das Einrichten der Werkzeuge und für die Qualitätssicherung erheblich geringer aus.

Hans-Martin Schurer ist Journalist in Denkingen

Um qualitätiv hochwertige Teile wirtschaftlich produzieren zu können, sah sich Ingo Dreher gezwungen, eingefahrene Pfade zu verlassen. Nach einer eingehenden Analyse der Situation beschloss er, für die Fertigung von Garnführungsrädern Formdrehwerkzeuge einzusetzen. Mit dieser Entscheidung verkürzte der Geschäftsführer der gleichnamigen Präzisionsdrehteile GmbH im schwäbischen Balgheim die Bearbeitungszeit der Aluminiumteile um 19 auf 33 s. Dabei dürfen die Räder, die in industriellen Spinnmaschinen verbaut werden, wegen der hohen Laufgeschwindigkeit der Anlagen keine Unwucht aufweisen. Und um die dünnen Garne nicht aufzuscheuern, ist zudem eine hohe Oberflächengüte der Werkstücke unerlässlich.
Dreher hatte die Teile zunächst konventionell mittels Kopierdrehen hergestellt. „Natürlich denkt man zuerst an die Auswahl der Maschine, mit der diese komplexen Bauteile möglichst in einer Aufspannung von der Stange hergestellt werden können“, schildert er seine ersten Schritte auf dem Weg zur geeigneten Lösung. Mit 52 s Fertigungszeit war das Werkstück auch mit klassischer Technik kalkulatorisch im Rahmen. Das dicke Ende zeigte sich jedoch bei den Rüst-, Folge- und Qualitätssicherungskosten. Die komplexe Kontur erforderte eine Vielzahl von Werkzeugen, die stimmig aufeinander eingerichtet werden mussten. Das brauchte Zeit. Zudem fiel diese Arbeit bei jedem Werkzeugwechsel erneut an. Noch schwieriger gestaltete sich das Thema Qualitätssicherung. Ein enormer Aufwand mit zehn Messpunkten schien unvermeidbar und drohte, die durch neue Maschinentechnik gewonnenen Vorteile wieder zunichte zu machen.
Diese fertigungstechnisch wie wirtschaftlich unbefriedigende Situation gab schließlich den Ausschlag, nach alternativen Fertigungsmethoden zu suchen. „Die Investitionen in komplexe Messtechnik hätten das Problem des zeitaufwendigen Einrichtens beim Werkzeugwechsel nicht gelöst“, erläutert Dreher. Bei der ZWT Zisterer Werkzeugtechnik GmbH & Co. KG im benachbarten Spaichingen fand er eine andere Lösung: Formdrehwerkzeuge. Was zunächst als ein Wagnis erschien – der Hersteller der eingesetzten Bearbeitungsmaschinen hatte die Technik in diesem Fall für nicht anwendbar gehalten –, gelang. „Die Rückseite mit einem Formdrehwerkzeug anzustechen, hielten die Fertigungsberater schlichtweg für unmöglich“, erinnert sich der Unternehmer. Heute bearbeiten die Schwaben fast die gesamte Kontur mit Formdrehwerkzeugen. Lediglich ein Standardwerkzeug ist am Prozess noch beteiligt, bei dem sich vier Tools simultan im Eingriff befinden, .
Zahl der Messpunkte sinkt drastisch
Die eigentliche technologische Herausforderung bildete das Stirnwerkzeug. Die engen Toleranzen, die besonders die vielen kleinen Übergangsradien problematisch machen, werden inzwischen mühelos eingehalten. Und noch ein entscheidender Vorteil: Die Zahl der Messpunkte sank drastisch. Wo vorher an zehn Stellen gemessen werden musste, genügen jetzt zwei Messpunkte. „Viele Lohndreher sehen bei der Fertigungsplanung nur auf die reinen Zerspanungs- und Werkzeugkosten und vergessen dabei den Aufwand fürs Einrichten und die Qualitätssicherung“, sind sich Ingo Dreher und ZWT-Chefin Bettina Bernhard einig.
Die Einspareffekte, die die Balgheimer erzielten, verteilen sich auf sämtliche Aspekte des Einsatzes der Tools. So ergeben sich 10 bis 15 % kürzere Fertigungszeiten allein daraus, dass nur noch die Formplatte zu wechseln ist. Zudem müssen die Werkzeuge grundsätzlich seltener ausgetauscht werden. Und wenn dann doch mal ein Wechsel fällig wird, sei er weit schneller erledigt als bei konventionellen Tools. Unterm Strich produziert Ingo Dreher die Werkstücke heute gut 30 % schneller. „Aber das funktioniert nur, wenn man jemanden hat, der qualitativ hochwertige Werkzeuge liefert“, betont der Lohnfertiger.
Die hochkomplexe Formplatte der ZWT-Tools mit ihrer breiten Kontur hat aber noch weitere Vorteile. Die geläppte Oberfläche und die feinstgeschliffenen Freiwinkel sorgen dafür, dass der entstehende breite Span problemlos läuft und die bearbeitete Oberfläche keine Vorschubrillen aufweist. All das trägt zur Güte der Werkstücke bei und verbessert deren Qualität entscheidend.
„Was in der Drehteilfertigung jeweils am wirtschaftlichsten ist“, resümiert Ingo Dreher, „muss natürlich von Fall zu Fall entschieden werden.“ In der Gesamtbetrachtung seien die Formdrehwerkzeuge bei dieser Anwendung trotz des höheren Anschaffungspreises jedoch eindeutig die wirtschaftlichere Lösung gewesen.
„Einricht- und Messaufwand fallen erheblich geringer aus“
Mit Formdrehwerkzeugen lassen sich komplexe Konturen wirtschaftlich fertigen. Die Sondertools liefern reproduzierbare Werkstückqualitäten. Bettina Bernhard, Geschäftsführerin der ZWT Zisterer GmbH & Co. KG, erläutert, worauf es bei Auswahl und Einsatz ankommt.
Frau Bernhard, Sie definieren Formdrehwerkzeuge als Instrument zur Kostensenkung in der Serienfertigung – welche Praxisvorteile gleichen die höheren Werkzeugkosten aus?
Vielfach werden in der Kalkulation nur die primären Daten wie Maschinenlaufzeit oder Werkzeugkosten betrachtet. Doch gerade bei komplexen Konturen treten die Folgekosten erst bei der Nachkalkulation so richtig ans Licht. Statt mehrere Standardwerkzeuge auf einander abstimmen zu müssen, bietet das Formdrehwerkzeug den All-in-One-Effekt bei absolut reproduzierbarer Qualität. Kürzere Rüstzeiten, höhere Produktivität und somit eine wirtschaftlichere Fertigung komplexer Konturen sind die Argumente pro Formdrehwerkzeuge.
Worauf basiert dieser reduzierte Einrichtaufwand?
Durch eine hochpräzise Positionierung des Profils zur radialen Referenzfläche und zur axialen Fixiernut sowie durch die geläppten Spanflächen gewährleisten wir, dass nach einem Schneidenwechsel bereits das erste Teil ein Gutteil ist. Diese Präzision im µm-Bereich erreichen wir durch ein eigenentwickeltes System von der Bearbeitung der Profilplatten bis zur integrierten Qualitätssicherung.
Welchen Einfluss haben Formdrehwerkzeuge auf die Qualitätssicherung beim Anwender?
Gerade komplexe Konturen sind mit klassischen Messmitteln schwer oder gar nicht zu erfassen. Hier kann durch den Einsatz von Formdrehwerkzeugen der Messaufwand deutlich reduziert werden, weil die Kontur durch das Tool selbst präzise vorgegeben ist. Das Werkstück kann mit wenigen Messpunkten geprüft werden und vielfach erübrigen sich Investitionen in aufwendige Messtechnik. Gerade hier zeigt die Erfahrung, dass bei der Neuauslegung von Formdrehwerkzeugen das gesamte Spektrum des Fertigungsprozesses zu berücksichtigen ist.
Wie kann ZWT den Anwender hierbei unterstützen?
Basierend auf der Teilezeichnung bieten wir innerhalb kurzer Zeit eine Werkstückauslegung. Kriterien, die die Stückkosten beeinflussen – dazu gehören Fertigungs-, Qualitäts- und Einrichtaufwände –, optimieren wir dabei. Gerade auch bei kundenspezifischen individuellen Problemlösungen können wir mit unserem Engineering-Team eine fundierte Unterstützung und eine schnelle Verfügbarkeit der Formdrehwerkzeuge bieten.
Individualität und Verfügbarkeit – ist dies inEinklang zu bringen?
Wir konzentrieren uns als Spezialist im Profilschleifen auf die Herstellung von Formdrehwerkzeugen. Dabei sind wir so strukturiert, dass wir kurzfristig reagieren können. Aber auch im laufenden Kundenservice ist Flexibilität wichtig. Für das Nachschärfen bieten wir einen 24-Stunden-Service und bei Nachbestellungen können wir in der Regel innerhalb einer Woche liefern.
Das Interview führte Hans-Martin Schurer
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
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