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Einen Plan für jeden Mitarbeiter entwickeln

Mitarbeitergespräch: Objektives Bewertungssystem bei Etas
Einen Plan für jeden Mitarbeiter entwickeln

Zwischen dem Anspruch, ein qualitatives Mitarbeitergespräch zu führen, und der Wirklichkeit klafft meist eine große Lücke. Anders bei der Stuttgarter Etas GmbH: Dort werden jetzt die Mitarbeitergespräche mit der Zielvereinbarung und mit der Personalentwicklung verknüpft.

Dipl.-Psych. Michael Gestmann ist Fachjournalist in Bonn

Rüdiger Arndt, Personalleiter der Etas GmbH, einem Tochterunternehmen der Robert Bosch GmbH, hat ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen nach dem starken Wachstum und Firmenübernahmen einen weltweit an allen sieben Standorten gültigen Auswahl- und Entwicklungsprozess etablieren, der die gleichen Kriterien für alle 800 Mitarbeiter der Gesellschaft anwendet“, erklärt der Personalchef. Standardisierte Mitarbeitergespräche sind ein Herzstück des so genannten Leadership Development Program (LDP), mit dem der Automobilzulieferer Mitarbeiterpotenziale transparent macht und fördert. Handlungsbedarf sahen die Etas-Verantwortlichen aus mehreren Gründen. Eine Analyse durch das Beratungsunternehmen 4pGroup aus Höslwang am Chiemsee offenbarte etliche Schwächen des bisherigen Vorgehens: Der Prozess war an jedem Standort uneinheitlich, jeder Bereich führte die Mitarbeitergespräche isoliert. Außerdem waren die Ergebnisse der Vier-Augen-Gespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern stark subjektiv gefärbt. Es fehlten Bewertungskriterien und Maßstäbe etwa nach Führungsebene. Ebenso wenig dokumentierten die Personaler die Gespräche schriftlich.
Die Leistungen der Mitarbeiter konnten nicht miteinander verglichen werden. „Wir stellten beispielsweise fest, dass manche Vorgesetzte Mitarbeiter mit Potenzial gar nicht beziehungsweise zu spät für eine Förderung vorschlugen, um den eigenen Bereich nicht zu schwächen“, bestätigt Rüdiger Arndt. Es galt, Antworten auf die Fragen der Personalentwicklung zu finden:
  • Wie finden wir unsere Spitzenkräfte?
  • Wie wählen wir diese aus?
  • Wie entwickeln wir diese persönlich, fachlich und führungsseitig?
  • Wie entwickeln wir Leadership?
Die Etas-Verantwortlichen sind überzeugt, dass jeder Mitarbeiter in seiner Funktion Leadership-Qualitäten – sprich unternehmerisches Handeln – zeigen kann und sich selbst ambitionierte Ziele setzt sowie die Arbeit mit Leidenschaft erledigt. Daher gibt es bei dem schwäbischen Automobilzulieferer neben den Förderprogrammen „Start“ und „Move“ für Führungskräfte auch das Programm „Join“. Daran nimmt jeder Mitarbeiter teil, um sich weiter zu entwickeln. Das Programm „Start“ umfasst Maßnahmen, die auf die erste Führungsrolle vorbereiten. „Move“ verfeinert diese Führungskompetenzen.
Projektleiterin Anke Wolf: „Wir fördern bewusst nicht nur eine kleine Elite, schließlich hängt das Wohl und Wehe eines Unternehmens letztlich davon ab, dass wirklich jeder Mitarbeiter seine Potenziale zu Hundertprozent abruft und einsetzt.“
Die 4p-Group-Berater entwickelten ein mehrstufiges modulartiges Konzept. „Die einzelnen Module sind standardisiert und bauen aufeinander auf“, erklärt Norbert Herrmann, „außerdem werden die Mitarbeitergespräche unmittelbar mit der Personalentwicklung verzahnt.“
Das erste Modul ist das Zielvereinbarungsgespräch, das zwischen Oktober und Dezember erfolgt. Auf der Basis der individuellen Balanced Score Card definieren darin Vorgesetzte und Mitarbeite quantitative und qualitative Ziele für das folgende Jahr. Im nächsten Schritt, dem Employee Performance Review (EPR), besprechen sie die Ergebnisse, die auch Grundlage für die Bonusvergütung sind. Dieser Rückblick findet zwischen Januar und März statt.
Ein weiteres wesentliches Element sind die von Personalern moderierten Management Development Discussions (MDD). Jeder Teamleiter beziehungsweise jeder Abteilungsleiter eines Bereiches führt eine standardisierte Gesprächsrunde, in der sie im Beisein des nächst höheren Vorgesetzten Leistungen, Gestaltungswille und Einsatzmöglichkeiten der jeweils unterstellten Mitarbeiter besprechen. Die Einschätzungen des Vorgesetzten werden ergänzt um die Einschätzungen der Kollegen und des nächst höheren Vorgesetzten sowie des Personalwesens.
„Die Beurteilung eines Mitarbeiters durch mehrere Führungskräfte ist weitaus objektiver und zuverlässiger als durch einen Vorgesetzten allein“, erklärt Personalchef Arndt. Abschließend erfolgt die Einstufung des vorgestellten Mitarbeiters in ein Portfolio. Dann besprechen die Vorgesetzten mögliche Personalentwicklungsmaßnahmen für die Mitarbeiter.
Beurteilt werden die so genannten performance against job requirements, also Leistungen gemessen an den Tätigkeits-Anforderungen. Ebenso wird die performance against leadership, also das unternehmerische Handeln und Denken geprüft. Auf den beiden Achsen einer Matrix wird je eine Beurteilung eingetragen: untererfüllt, erfüllt oder übertroffen.
Im Employee Development Dialogue (EDD), der nächsten Stufe, bespricht jeder Vorgesetzte die Ergebnisse mit den Mitarbeitern und vereinbart konkrete Maßnahmen, unter anderem zur Personalentwicklung. Dem Mitarbeiter dient dieses Gespräch zur persönlichen Standortbestimmung. Er erfährt, wie seine Leistungen und seine Leadership-Qualitäten eingeschätzt werden und welche Entwicklungsmaßnahmen geplant sind.
Bekam er etwa in der Management Development Discussion eine schlechte Einstufung, resultiert daraus ein konsequentes Feedback oder Kritikgespräch, in dem ihm der Vorgesetzte aufzeigt, welchen Anspruch er an den Mitarbeiter hat. Im Dialog mit dem Vorgesetzten kann der Mitarbeiter äußern, wie er selbst seine Leistungen einschätzt, wie er sich seine berufliche Entwicklung vorstellt und welchen Weiterbildungsbedarf er wahrnimmt.
Alle Vereinbarungen werden schriftlich dokumentiert. Die individuellen Entwicklungsaktivitäten werden in weiteren Mitarbeitergesprächen sowie in den jeweils nächsten MDD-Gesprächsrunden evaluiert. „Der Erfolg der Mitarbeitergespräche steht und fällt damit, dass Führungskräfte wie Mitarbeiter den Gesamtprozess als Nutzen empfinden“, weiß 4p-Berater Norbert Herrmann aus Erfahrung. Entscheidend ist nicht nur, dass die Vorgesetzten auf ihre neue Aufgabe gut vorbereitet werden. Sie müssen auch erkennen, dass sich auf diese Weise Abläufe vereinfachen und die Netzwerkbildung gefördert wird. Selbst ein ISO-gerechtes Mitarbeitergespräche-Handbuch, wie es die Etas-Führungskräfte erhielten, nutze nichts, wenn diese nicht bereit sind, das Vorgehen umzusetzen.
In eintägigen Workshops à sechs Teilnehmern vermittelten daher Diplompsychologin Anke Wolf und Norbert Herrmann zunächst den rund 70 Abteilungs- und Teamleitern das neue System. Ende 2003 folgte die zweite Schulungsstaffel. In diesen Seminaren stellten die Trainer den Führungskräften das genaue Procedere anhand des Handbuches vor und trainierten Gesprächsführungs-Kompetenzen.
Im Februar fiel in einer Kickoff-Veranstaltung der Startschuss für das neue Programm. Ein wesentliches Ziel war die ausführliche Information aller Mitarbeiter. Dass dieser Aufwand gerechtfertigt ist, beweist etwa eine aktuelle Studie des Psychologischen Instituts der Universität Tübingen. Demnach sind Mitarbeitergespräche, in denen die Anerkennung der Leistung und die Erwartung seitens des Vorgesetzten im Zentrum stehen, das wichtigste Motivationsinstrument, das auch der inneren Kündigung vorbeugt.
Führungskräfte beurteilen die Mitarbeiter nicht immer objektiv

Die Gespräche
Das Zielvereinbarungsgespräch Vorgesetzter und Mitarbeiter legen auf Basis der individuellen Balanced Score Card quantitative und qualitative Ziele für das Jahr fest.
Employee Performance Review
Vorgesetzte und Mitarbeiter besprechen die jeweils erreichten Ergebnisse, die auch Grundlage für die Bonusvergütung sind.
Management Development
Discussions
Die Teamleiter diskutieren Leistungen, Gestaltungswille und Einsatzmöglichkeiten ihrer Mitarbeiter, beurteilen diese und besprechen Personalentwicklungsmaßnahmen.
Employee Development
Dialogue
Der Vorgesetzte bespricht mit jedem Mitarbeiter, wie er eingeschätzt wird und welche Entwicklungsmaßnahmen geplant sind.

Die Beurteilungen
Standardisierte Beurteilungen ermöglichen es, die Leistungen in einem Portfolio zu vergleichen. Beurteilt werden einerseits die Leistungen, gemessen an den Anforderungen, und andererseits unternehmerisches Handeln und Denken.
Die möglichen Beurteilungen:
  • Verantwortungsumfang niedriger, Maßnahmen zur Problemlösung vereinbaren
  • Überprüfung, ob der Mitarbeiter richtig eingesetzt ist
  • Anerkennung und Halten der Leistung, Entwicklung von Leadership-Qualitäten
  • Anerkennung der Leistung, Entwicklung von Leadership-Qualitäten
  • Intensive Förderung des vorhandenen Leadership oder der Leistung, Entwicklungsperspektiven klären
Anhand der vorgenommenen Positionierung besprechen die Verantwortlichen konkrete Personalentwicklungsmaßnahmen.
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