Arbeitgeber können eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung nicht nur auf den Umstand stützen, dass die Aufgaben eines Arbeitnehmers auf andere Mitarbeiter verlagert werden sollen. Für langjährige Beschäftigungsverhältnisse erhöhen sich zudem die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers. Dies bestätigt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Der Kläger war bei der Beklagten über 23 Jahre beschäftigt und zuletzt Leiter eines Standortes. Im September 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. In dem Verfahren trug sie vor, dass der Aufgabenbereich des Klägers auf andere Mitarbeiter verlagert worden sei. Die Position des Standortleiters sei damit weggefallen.
Der Kläger hielt dem entgegen, dass sein Arbeitsplatz bei gleich bleibenden Aufgaben lediglich neu besetzt worden sei. Eine Verlagerung der bisher durch ihn erledigten Aufgaben auf andere Arbeitnehmer sei zudem nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen.
Das BAG gab der Klage statt. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die ordentliche Kündigung mangels eines dringenden betrieblichen Erfordernisses sozial ungerechtfertigt sei. Nach Auffassung des Gerichts müsse der Arbeitgeber seine Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Daran fehle es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führt.
Laufe die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus – verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben –, müsse der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Die Darlegungslast des Arbeitgebers unterliege insbesondere dann erhöhten Anforderungen, wenn der er das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändere, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt seien.
Die Entscheidung liegt auf der bisherigen Linie des Bundesarbeitsgerichts. Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass die unternehmerische Entscheidung, die vorhandenen Arbeiten mit weniger Personal abzuarbeiten, nur auf Unsachlichkeit, Unvernünftigkeit oder Willkür überprüft werden kann. Allerdings ist für die Arbeitsgerichte voll überprüfbar, ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich getroffen worden ist. Im streitigen Verfahren muss deshalb der Arbeitgeber aufzeigen, wie die Arbeit verteilt und von welchen Arbeitnehmern sie in Zukunft bewältigt werden soll. Dabei muss der Arbeitgeber detailliert darlegen, weshalb diese Arbeitnehmer die zusätzlichen Tätigkeiten mit erledigen können. Denn die Einsparung durch die Verlagerung muss ferner realisierbar sein. Das ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Arbeitnehmer mit ihrer bisherigen Tätigkeit bereits ausgelastet sind.
Rechtsanwalt Klaus-Dieter Franzen, Bremen
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