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Erst völlig neue Produkte brachten die Wende

Laser-Schneidmaschinen entstehen in Neukirch
Erst völlig neue Produkte brachten die Wende

Ostdeutsche Betriebe sind nicht nur verlängerte Werkbank. Mit einem Forschungsnetzwerk und einem starken Konzern im Rücken spielen Firmen aus den neuen Ländern eine führende Rolle, wie das Beispiel von Trumpf Sachsen zeigt.

Stefan Schroeter ist Journalist in Leipzig

Dichtungen aus Stahl, Schneidblätter für Heckenscheren oder Souveniere aus Edelstahlblech – alles kein Problem für die High-Speed-Laserschneidmaschinen der Trumpf Sachsen GmbH in Neukirch. Geschäftsführer Rainer Strehle ist besonders stolz auf die Arbeitsgeschwindigkeit der Trumatic HSL 2502: Als sie 1997 auf den Markt kam, habe sie die Beschleunigung herkömmlicher Maschinen um das Siebenfache übertroffen.
Zur Messe Euroblech sorgte der Konzern mit dem Nachfolge-Modell noch einmal für einen Paukenschlag in der Fachwelt. Die Trumatic 2502 C ist noch einmal deutlich schneller geworden. Mit den beiden CO2-Lasern mit je 3 kW Leistung ist sie vor allem für die schnelle Feinblech-Bearbeitung geeignet, aber auch, um dicke Stahlbleche bis 20 mm zu bearbeiten. Durch den höheren Teiledurchsatz können die Anwender laut Strehle bis zu 40 % Kosten sparen. „Die neue Maschine ist ein absolutes Spitzenprodukt am Weltmarkt“, zeigt sich der Trumpf-Manager überzeugt.
Seine erste Laserschneidmaschine baute das Neukircher Unternehmen 1986, als es noch so genannte Rationalisierungsmittel für das Landmaschinenbau-Kombinat Fortschritt fertigte. „Wir bekamen damals den Auftrag, eine Laserschneidanlage für Bleche zu bauen“, erinnert sich der Geschäftsführer. „Allerdings konnten wir im gesamten Ostblock keinen geeigneten Laser finden.“ Die Suche führte zum westdeutschen Maschinenbau-Konzern Trumpf, der schließlich die nötigen Laseraggregate lieferte. Diese Geschäftsbeziehung zahlte sich aus, als das Kombinat Fortschritt nach der Währungsunion zerfiel und der bisherige Markt wegbrach. In den ersten Jahren hielt sich das Unternehmen, das damals 380 Mitarbeiter zählte, mit Werkzeug- und Vorrichtungsbau über Wasser. „Damals ist es uns nicht gut gegangen“, erzählt Strehle, „wir mussten vollkommen neue Produkte entwickeln.“
Festen Boden unter die Füße bekam die damalige Sächsische Werkzeug- und Sondermaschinen GmbH 1992 mit dem Einstieg der Trumpf-Gruppe aus Ditzingen. Schon ein Jahr später waren die ersten neu entwickelten Blechbearbeitungs-Maschinen am Markt. Für deren weltweiten Absatz sorgte nunmehr das schlagkräftige Vertriebsnetz des schwäbischen Konzerns. 1995 konnten die Neukircher Maschinenbauer erstmals die Früchte einer jahrelangen Arbeit ernten, als das Unternehmen die Verlustzone verließ. Inzwischen ist der Betrieb zu einem der leistungsstärksten sächsischen Werkzeugmaschinenbauer aufgestiegen.
Die zeitweise auf 150 Mitarbeiter geschrumpfte Belegschaft wuchs wieder auf derzeit 260 Leute, und der Umsatz erreichte im Geschäftsjahr 1999/2000 rund 117 Mio. DM. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Geschäftsführer Reiner Strehle mit mindestens 138 Mio. DM Umsatz.
Das Wachstum verdanken die Sachsen dabei vor allem der Einbindung in den Trumpf-Konzern, der seit Jahren eine vielbeachtete Entwicklung hinlegt. Seit dem vergangenen Herbst, als das Unternehmen zur Trumpf Sachsen GmbH umfirmierte, ist die Struktur auch im Namen sichtbar. Größte Wachstumsträger sind die Automatisierungssysteme, die in Neukirch für alle Maschinen des Konzerns hergestellt werden. Die Sachsen sorgen mit ihren Systemen dafür, dass die Blech-Platinen zügig und genau positioniert in die Maschinen eingelegt und die fertig gestanzten oder geschnittenen Werkstücke schnell weitergeleitet werden.
„Bei einzelnen Systemen haben wir Produktions-Steigerungsraten bis zu 70 Prozent“, berichtet Rainer Strehle. Auch die qualitativen Anforderungen der Abnehmer wachsen ständig. Die Anwender möchten ihre Maschinen möglichst über das ganze Wochenende ohne Bedienung laufen lassen und fordern entsprechende Automatisierungssysteme. Derzeit ist das erst über eine Nacht problemlos möglich. „Wir müssen unsere Produkte deshalb ständig weiter entwickeln“, sagt Strehle und wagt einen Blick in die Zukunft: „Wir werden weiter Quantensprünge in der Produktivität erleben.“
Keine der in Neukirch produzierten Maschinen, zu denen auch Wasserstrahl-Schneidanlagen für Bleche bis zu 100 mm Dicke gehören, ist älter als drei Jahre. Forschung und Entwicklung haben – typisch für den Trumpf-Konzern – einen hohen Stellenwert in Neukirch: Die Abteilung umfasst derzeit 40 Mitarbeiter und soll noch ausgebaut werden. Mit 6 % bis 8 % des Umsatzes liegen die F&E-Ausgaben deutlich über dem Branchen-Durchschnitt.
Insgesamt hat das Unternehmen seit 1992 etwa 70 Mio. DM in neue Produkte, Ausrüstungen und Gebäude investiert. Der Musterbau bezieht in diesem Geschäftsjahr sein neues Gebäude, die Konstrukteure sollen im kommenden Jahr noch ihre neuen Räume in Besitz nehmen können. Grundlagenforschung für Neukircher Maschinen betreiben die Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden und das Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik in Chemnitz. In der Fertigung achtet Strehle darauf, weitere Produktivitätsreserven zu erschließen. Als Beispiel nennt er die Montage des Handlingsystems Liftmaster, wo eine neu eingerichtete Fließanlage den Durchsatz um 80 % steigern half. „Wir arbeiten kontinuierlich daran, Umsatzsteigerungen zu realisieren, auch ohne uns sofort extensiv zu erweitern“, so lautet die Devise des Geschäftsführers.
Dazu gehört, dass sich Trumpf Sachsen mehr und mehr Zulieferer in der eigenen Region sucht. Das fördert nicht nur die Konzentration aufs Kerngeschäft, sondern zuweilen auch den Absatz der eigenen Maschinen: Inzwischen haben die Neukircher in Sachsen fünf Zuliefer-Unternehmen, die Blechteile auf den Trumpf-Maschinen herstellen. Eine dieser Firmen ist die Käppler und Pausch GmbH in Neukirch, die 1993 von zwei ehemaligen Trumpf-Mitarbeitern gegründet wurde. Inzwischen haben sie die Belegschaft auf 46 Mitarbeiter aufgestockt und beliefern ihren ehemaligen Arbeitgeber und die sächsische und tschechische Automobilindustrie mit Blechteilen. Die Auto-Zulieferer im nahen Nachbarland sind zudem gute Kunden für die Maschinen und Automatisierungssysteme von Trumpf Sachsen. Die Hauptmärkte sind allerdings nach wie vor Deutschland, Westeuropa, die USA und Asien.
In der ostsächsischen Region, die nach der Währungsunion hart vom wirtschaftlichen Strukturwandel betroffen war, ist der erfolgreiche Werkzeugmaschinenbauer ein Lichtblick. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften, der die Maschinenbauer im Chemnitzer Raum zunehmend plagt, macht sich dort weniger gravierend bemerkbar. „In den letzten Jahren haben andere Unternehmen Mitarbeiter abgebaut, die wir aufnehmen konnten“, berichtet Rainer Strehle. Um in Neukirch arbeiten zu können, nehmen die Mitarbeiter weite Anfahrtswege aus Dresden, Weißwasser oder Görlitz in Kauf. Inzwischen werde die Decke jedoch bei NC-Technikern, Software-Experten und Service-Technikern dünn. Die eigene Zukunft sollen 15 Lehrlinge sichern, die das Unternehmen derzeit ausbildet. Auch Studenten von der TU Dresden und der Berufsakademie Bautzen bleiben immer wieder als Mitarbeiter in Neukirch.
Steckbrief: Trumpf Sachsen
Im Landmaschinenbau-Kombinat Fortschritt war der Neukircher Betrieb für Rationalisierungsmittel zuständig. Nach der Währungsunion hielt die Sächsische Werkzeug- und Sondermaschinen GmbH den Betrieb mit Werkzeug- und Vorrichtungsbau aufrecht. Seit der Privatisierung 1992 durch die Trumpf-Gruppe entwickelt und baut das Unternehmen Automatisierungssysteme für Trumpf-Blechbearbeitungsmaschinen, Laser-Schneidanlagen und Wasserstrahl-Schneidanlagen. Mittlerweile zur Trumpf Sachsen GmbH umfirmiert, wird es im Geschäftsjahr 2000/2001 mit 260 Mitarbeitern voraussichtlich 138 Mio. DM Umsatz erzielen.
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