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Exakte Abwicklung erspart kostspielige Korrekturen

Blechbearbeitung: Was spezielle CAD-Software können sollte
Exakte Abwicklung erspart kostspielige Korrekturen

Beim Kauf einer Konstruktionssoftware für die Blechbearbeitung, die mehr als nur Standard-Anforderungen erfüllt, muss der Interessent eine Reihe wichtiger Faktoren beachten. Dazu gehört beispielsweise die Durchgängigkeit der Daten der Abwicklung.

Prof. Dr. Ulrich Stein ist Professor für Physik, Mathematik und Maschinenbau-Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Fachbereich Maschinenbau und Produktion

CAD-Systeme haben sich im Vorfeld der Blechteilefertigung als wichtige Rationalisierungsinstrumente etabliert. Für die meisten Anwendungsfälle bieten sie eine ausreichende Funktionalität. Es gibt jedoch Spezialanforderungen, die nur mit Hilfe von Zusatzapplikationen zu erfüllen sind. Softwarehäuser, die sich auf die Blechverarbeitung spezialisiert haben, bieten entsprechende Lösungen an.
Die meisten CAD-Arbeitsplätze sind heute auf PC installiert, und jedes erfolgreiche System besitzt ein zumindest rudimentäres Blech-Programm. CAD-Lösungen mit Blechbearbeitungs-Modulen bieten unter anderem folgende Firmen an:
– die Autodesk GmbH, München, offeriert Inventor und Mechanical Desktop,
– die Solid-Works Deutschland GmbH, Unterhaching, ist mit Solid-Works im Markt vertreten, und
– EDS Germany, Rüsselsheim, liefert mit Solid-Edge eine ausgereifte Lösung.
Diese Systeme liegen im Preisbereich von 8000 bis 10 000 Euro pro Arbeitsplatz.
Wird nur selten eine Blechkonstruktion benötigt, sind die Konstruktionen relativ einfach, und müssen die Daten nicht an andere CAx-Programme weitergegeben werden, reicht ein Standardprodukt aus. Der Interessent sollte dies testen, indem er dem Anbieter im Rahmen eines Benchmarks einige seiner Konstruktionszeichnungen vorlegt und ihn bittet, diese am Bildschirm nachzukonstruieren. Mit einfachen Zeichnungen und einem kompetenten CAD-Applikationsingenieur sollte dies möglich sein. Bei höheren Ansprüchen ist eine Blech-Speziallösung erforderlich.
Der Konstrukteur am Bildschirm und das Programm sollten dieselbe Sprache sprechen, dieselben Fachausdrücke verwenden und die DIN-Normen zur Konstruktion und zur Blech-Abwicklung berücksichtigen. Wichtig ist auch die Möglichkeit, in einer einfach zu konfigurierenden Materialverwaltung eigene Parameter definieren zu können, die optimal an den jeweiligen Maschinenpark und die verwendeten Blechtypen angepasst sind. Nur so steht am Ende der Konstruktion eine exakte Abwicklung, mit der das Teil gefertigt werden kann, ohne dass kostspielige Korrekturen – eventuell erst nach Abschluss der Vorserie – vorzunehmen sind. Der Interessent sollte sich die Materialverwaltung der Blechbearbeitungs-Software vorführen und erklären lassen.
Bei einigen Software-Lösungen kann mit vereinfachten 3D-CAD-Modellen gearbeitet werden. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass eine Blechkonstruktion oft an vielen Ecken komplexe, schwer zu konstruierende Geometrien enthält, dass diese Randbereiche aber weder für die äußeren Abmaße und Anschlüsse noch für die Funktionalität des Bauteils eine Rolle spielen. Diese Bereiche werden in der Konstruktion nur angedeutet. Der wissensbasierte Abwicklungsprozess rekonstruiert aus den vereinfachten 3D-Daten die exakte, vollständige Platine.
Eine solche Vereinfachungsoption ist die „Scharfkantige Konstruktion“, die das Systemhaus SPI GmbH, Ahrensburg, Anfang der 90er-Jahre vorstellte. Dabei werden die Biegezonen nicht als Rundungsbereiche ausgeführt. Die Blechlaschen stoßen direkt in einem Winkel aneinander. Das Modellieren von Freistellungen der Laschen kann entfallen. Hierdurch verringern sich sowohl die Datengröße des CAD-Modells als auch der Konstruktionsaufwand deutlich, zum Beispiel beim Freistellen komplexer Eckausbildungen. Die Software berechnet die Rundungsbereiche und erzeugt in der 2D-Abwicklungskontur automatisch die im 3D-Modell fehlenden Eckfreistellungen.
Diese Optimierung wird ergänzt durch die Option zum Setzen virtueller Schnitte im 3D-Modell. Oft wird ein Blechteil nach dem Biegen an einigen Kanten zusammengeschweißt. Für die Funktionalität des Teils ist jedoch unwichtig, ob und wo es an Kanten aufgetrennt war. Daher lassen sich bei einigen Software-Lösungen Trennkanten optional nur markieren. An der Geometrie des 3D-Modells sind sie nicht sichtbar, der Abwicklungsalgorithmus „weiß“ trotzdem, wo er den Körper auftrennen soll. Der Anwender kann die Trennkante auch an eine andere Stelle des 3D-Körpers verschieben und sich hierzu die Abwicklung ausrechnen lassen. So ergibt sich oft ein besseres Platinen-Layout.
Ausgereiftes System bietet erweiterbare Werkzeugverwaltung
Wenn die Blechteil-Produktdaten erstellt werden, steht die Konstruktion nicht isoliert da. Nachgeschaltete Abteilungen wie die Arbeitsvorbereitung werden aus den Daten, insbesondere der Abwicklung des Teils, die zugehörigen NC-Programme für den Platinen-Zuschnitt und die Biegemaschinen erstellen. Hier kann eine gute Blech-Software wichtige Vorarbeit leisten.
Zentraler Aspekt integrierter Lösungen im Sinne der Prozesskette Blech ist die Durchgängigkeit der Daten der Abwicklung, die anschließend mit NC-Software bearbeitet werden können. NC-Dateien werden in Formaten wie DXF, DWG, Iges, SAT, Step oder VDAFS erzeugt. Programme zum Schachteln und zur Verschnittoptimierung steigern den Nutzen der Platine. Erhältlich sind integrierte NC-Applikationen, mit denen sämtliche Bearbeitungsverfahren wie Stanzen, Laser- oder Wasserstrahlschneiden vorbereitet werden. So werden Konstruktion und Fertigung sehr gut integriert.
CAD-Systeme, die in die Prozesskette Blech eingebunden sind, sollten für die Stanz- und Prägestempel eine anpassbare Bibliothek zur Verfügung stellen. So wird sichergestellt, dass konstruierte Teile auch zu fertigen sind. Beim Fertigen von Biegeteilen sollte zudem konstruktionsnah geprüft werden, ob das Blech während des Biegevorgangs mit dem Maschinenkörper oder dem Werkzeug kollidiert, und ob eine bestimmte Abfolge von Biegungen an der Maschine möglich ist.
Mit speziell für die Blechbearbeitung entwickelten CAD-Systemen kann die korrekte Abwicklung jederzeit erzeugt werden – selbst während der Konstruktion. So lässt sich rechtzeitig feststellen, ob Überlappungen entstanden sind, Freistellungen fehlen, Biegezonen mit Werkzeugen kollidieren oder minimale Biegeradien eingehalten werden. Produktive Konstruktionssysteme wickeln maschinenspezifisch ab und berücksichtigen dabei Abkantfaktoren und verfügbare Werkzeuge.
Die Abwicklung wird an das Programmiersystem für die Flachbearbeitung übergeben. Solange Standardwerkzeuge eingesetzt werden, ist der Aufwand relativ gering. Komplizierter wird es, wenn Umformungen hinzukommen. Eine optimale Prozessdurchgängigkeit ergibt sich, wenn der Konstrukteur und das eingesetzte CAD-System die tatsächlich an der Maschine verfügbaren Werkzeuge verwenden können. Ein ausgereiftes Konstruktionssystem bietet eine vom Anwender erweiterbare Werkzeugverwaltung. Damit lassen sich – über die vorhandenen Standard-Stanz- und -Prägewerkzeuge hinaus – eigene Werkzeugkonturen generieren, die per Knopfdruck in die Konstruktion eingefügt und vom NC-System erkannt werden können.
Die aus der Blechtafel gestanzten oder geschnittenen Teile werden oft noch gebogen. Eine Abwicklung sollte die Daten für den Biegeprozess – Anzahl der Biegungen, Biegefolge, Radius und Öffnungswinkel – enthalten. Mit einer Software zur Biegesimulation lässt sich die Wirtschaftlichkeit weiter steigern.
Beim Kauf einer Software für die Blechbearbeitung sollte die Entscheidung auf den nachfolgenden Kriterien basieren:
– Vorführung der allgemeinen Funktionalität der Software
– Benchmark zu je einem firmeneigenen Blechteil mit einfachem, mittlerem und komplexem Schwierigkeitsgrad
– Nennung verschiedener Referenzkunden mit ähnlichem Produktspektrum, eventuell Firmenbesuch
– Nennung von Referenzkunden zur CAM-Anbindung
– Optionale Hilfe bei der Installation vor Ort, beispielsweise bei der Integration in Netzwerke und der Zusammenarbeit mit Datenbanken, Zeichnungsverwaltungs- und PDM-Systemen
– Schnelle Unterstützung bei Problemen
– Schulungen, speziell auch im Blech-Umfeld
– Update-Optionen auf künftige Versionen sowohl des CAD-Systems als auch des Blech-Moduls
– Erfahrungen beim Konvertieren von Altzeichnungen von Vorgänger-CAD-Systemen
– Zusammenarbeit mit anderen CAD-Systemen, beispielsweise zum Datenaustausch mit Kunden und Zulieferern
– Fragen zum Archivieren und zu Back-up-Systemen
– Anbindung von Zeichnungsverwaltungs- und PDM-Systemen
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