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Fabrikstruktur muss sich rasch wandeln können

Dynamische Märkte erfordern flexible Fertigungsstätten
Fabrikstruktur muss sich rasch wandeln können

Die Fertigung der Zukunft soll sich schnell an neue Produkte anpassen können. Dazu müssen Layout, Steuerung und Logistik einfacher werden. Die Fabrikplanung wird damit zu einer ganzheitlichen Aufgabe.

Dr.-Ing. Thomas Klevers ist einer der Geschäftsführenden Gesellschafter der Unternehmensberatung Gepro mbH in Aachen

Fabrikplaner haben es nicht einfach: Der Absatz schwankt ständig, die Produkte werden immer komplexer und leben immer kürzer. Die Anzahl der produzierten Varianten nimmt zu, und die Entwickler haben immer weniger Zeit, neue Produkte zu konzipieren. Das alles bei rasant wachsendem Globalisierungsdruck und verschärftem Kostenwettbewerb mit anderen Standorten. Die Planung neuer wie auch die Umplanung bestehender Produktionen muss sich daran messen lassen und ausrichten. Denn die Fertigungseinrichtungen sollen auch in Zukunft überlebensfähig sein.
In Konzepten der Fabrikplanung müssen aber nicht nur die bestehenden, sondern auch zukünftige Randbedingungen berücksichtigt werden. Dabei steht für Planung und Umsetzung nur wenig Zeit zur Verfügung. Zeiträume von 14 Monaten vom detaillierten Konzept bis zur Inbetriebnahme, einschließlich Gebäudeneubau, sind keine Seltenheit mehr. Dabei geht es gar nicht mehr anders, als beim Planen der Fabrik die Produktentwicklung ebenso zu berücksichtigen wie die Gebäudegestaltung. Dies führt zu ganzheitlichen Lösungen mit deutlich reduzierten Zeiten für Erarbeitung und Umsetzung.
– Worauf bei der Planung zu achten ist
Im ersten Schritt ist der Produktaufbau und die Auftragsstruktur, sind Mengengerüste sowie die benötigten Produktionsschritte und -einrichtungen zu analysieren.
So wurde etwa bei der Planung der neuen Fertigung des Geschäftsbereiches Automobilsysteme der Artur Fischer GmbH & Co. KG, die am Standort Horb im Schwarzwald entstanden ist, zunächst eine ausführliche Analyse der entsprechenden Daten und Informationen durchgeführt, um die notwendigen Planungsparameter zu erhalten. Zu diesen Daten gehören erwartete Stückzahlen, Auftragsgrößen und Lieferzeiten, aber auch Produktstruktur, Produktionsmengen und -zeiten sowie sinnvolle Bestandsdaten. Dabei sind exakte Werte gar nicht bedeutend. Vielmehr bedarf es einer „Zielkorridor-Rechnung”, bei der Schwankungsbreiten und Genauigkeiten der Daten eingerechnet werden. Dadurch lassen sich zu erwartende Abweichungen und Grenzwerte ermitteln und somit der Gültigkeitsbereich der Planung bestimmen. Der Aufwand für eine solche Betrachtung macht sich später mehr als bezahlt, denn hier wird der Grad an Flexibilität festgelegt.
Aus einer detaillierten Analyse entsteht ein Gesamtkonzept
So hat beispielsweise Schott Glas, Landshut, mit ihrem Geschäftsbereich Electronic Packaging über eine solche „Sensitivitätsrechnung” ein Konzept erarbeitet, das auch bei starken Marktausschlägen noch Gültigkeit besitzt.
Dabei ist durch die Orientierung an einem Zielkorridor statt an exakten Werten die Empfindlichkeit der Planung gegenüber Veränderungen überprüft und deutlich reduziert worden. Eingerechnet wurden dabei mögliche Schwankungen in den Absatzzahlen, aber auch Marktverschiebungen und Veränderungen der Produktionsparameter, wie sie durch neue Fertigungstechniken entstehen könnten.
Die Produktionsstruktur wurde entsprechend gestaltet und ist dadurch außerordentlich flexibel. Auch die O&K Orenstein und Koppel AG hat in ihrem Baggerwerk in Berlin entsprechende Untersuchungen angestellt. Die darauf basierende Produktionsstruktur ermöglicht es dem Unternehmen, unterschiedliche Produkte und Produktgruppen über ein und dieselbe Fertigungslinie abzuwickeln.
Ein weiterer Schritt, um die genannten Rahmenbedingungen zu erfüllen: Die Komplexität in Steuerung, Logistik und Materialfluss muss reduziert werden, um eine hohe Zuverlässigkeit zu erreichen. Denn je einfacher das Layout der Anlage aufgebaut ist und je simpler Werkstücke und Produkte ihren Weg durch die Fabrik finden, umso weniger Fehler passieren.
Das Schaffen von Layouts, in denen abgeschlossene, sich selbst regulierende Regelkreise realisiert werden können, ist dabei der Weg in diese Richtung. So wird etwa bei der Juwel Aquarium GmbH & Co. KG in Rotenburg an der Weser in der neuen Fertigung von Aquarien nach diesem Prinzip ein Zwangsfluss geschaffen, in dem mehrere Arbeitsschritte gekoppelt und in sich komplett ablaufen. Die Abläufe funktionieren störungsfrei, die hergestellten Produkte erreichen einen hohen Qualitätsstandard.
Die Forderung nach Flexibilität in Bezug auf Mengen und Zeiten, aber auch nach möglichem Reagieren auf Marktveränderungen führt dazu, dass die Produktionsstrukturen entsprechend veränderbar sein müssen. Die geplanten Strukturen müssen so aufgebaut sein, dass sie schnell und ohne großen Aufwand verändert werden können. Wenn es beispielsweise einem Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz zu eng wird, sollten ihn fehlende Steckdosen nicht daran hindern, ein paar Schritte weiter zu ziehen.
Auch die örtliche Veränderbarkeit einer Produktion könnte gefragt sein. In vielen Branchen wird schon von der „mobilen Fabrik” gesprochen, die so einfach gestaltet ist, dass sie schnell in Richtung neuer Märkte verlagert werden kann.
Doch so einfach ist das freilich nicht. Die Fabrik, die wie ein Wochendhaus auf einem Truck über Amerikas Highways transportiert wird, ist sicherlich noch in weiter Ferne. Mobilität heißt derzeit in erster Linie noch innere Mobilität, also Strukturen verändern zu können.
NACHGEFRAGT
? Auch in der Fabrik der Zukunft werden Menschen arbeiten. Welche Rolle spielen das Personal bei der Planung der Fabrik?
! Die äußeren Einflüsse und der Markt erzwingen, dass sich die Fabrik schon heute ständig verändern und anpassen muss. Häufige und schnelle Umplanungen sind die Folge. Klassische Planungsabteilungen können dies nicht mehr bewältigen, zumal sie in vielen Unternehmen reduziert worden sind. Die Mitarbeiter müssen daher unbedingt frühzeitig in die Planung ihrer Arbeitsumgebung eingebunden werden. Dies erfordert jedoch neue Vorgehensweisen und Werkzeuge.
? Was lässt sich mit dieser frühen Einbeziehung der Mitarbeiter konkret erreichen?
! Eine modern gestaltete Fabrik schafft Kundenbindung und ist ein Motivationsfaktor für die Mitarbeiter. Dies gilt auch hinsichtlich der Struktur und des Erscheinungsbildes. Wenn die Mitarbeiter frühzeitig und ernsthaft in die Planung einbezogen werden, identifizieren sie sich mit den Zielen der Fertigung und des Unternehmens. Erfahrungsgemäß schafft dies eine stärkere Motivation und bindet stärker an das Unternehmen. Auf diese Weise ist es möglich, kürzere Zeiten der Umsetzung zu realisieren.
?Gegenwärtig herrscht in vielen Bereichen ein starker Mangel an Fachkräften. Kann eine geschickte Fabrikplanung Mitarbeiter locken?
! Fabriken stehen im Wettbewerb zu scheinbar attraktiveren Berufen im Bereich der I&K-Branche und sonstigen Dienstleistungen. Diese gelten als flexibler, interessanter und attraktiver. Sie bieten meist angenehmere Arbeitsumgebungen und bessere Verdienstmöglichkeiten. Dem können die Unternehmen durch die äußere und innere Gestaltung ihrer Fabriken begegnen. Der High-Tech- und Fortschrittsanspruch des Unternehmens muss im Gebäude sichtbar werden.
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