Wenn ein Kugelgewindetrieb heiß wird und sich ausdehnt, droht ein frühzeitiger Lagerschaden. Ein Fest-Lager, das zwischendurch locker lässt, gleicht diesen Effekt aus.
Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de
Wenn man eine intelligente Spanneinheit einsetzt, lässt sich die Leistung von Kugelgewindetrieben in Werkzeugmaschinen erheblich verbessern. „Ich bin überzeugt, dass wir damit noch bessere Ergebnisse erreichen als mit einer angetriebenen Mutter oder einer hohlgebohrten Spindel”, sagt Gordana Michos. Am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (Faps) in Erlangen betreut die Ingenieurin ein Projekt, das eine beidseitig festgelagerte mechatronische Vorschubachse hervorbringen soll.
Die entscheidenden Elemente hierfür sind eine neu zu entwickelnde Spanneinheit, die das Lagergehäuse klemmt, ein Microcontroller, der die Spanneinheit steuert, sowie ein Lagerüberwachungssystem. Sobald sich die Spindel durch Reibung erwärmt und über einen Grenzwert hinaus ausdehnt, gibt der Microcontroller das Kommando, die Spannung an dem speziellen Fest-Lager kurz zu lockern. So kompensiert das System die Wärmeausdehnung. Sonst wäre das Lager in Gefahr, da die länger werdende Spindel hohe Druckkräfte aufbringt.
Um das zu vermeiden, arbeiteten Konstrukteure bisher mit einem Fest-Los-Lagersystem und nahmen Nachteile in Kauf. Denn ein an beiden Seiten festgelagerter Kugelgewindetrieb ermöglicht grundsätzlich höhere Drehzahlen und macht das Gesamtsystem steifer – „ein wichtiges Argument bei Werkzeugmaschinen”, wie die Ingenieurin betont. Im Fest-Fest-Lagersystem kann die Erwärmung auch durch ein Vorrecken der Spindel teilweise ausgeglichen werden. Lagersysteme, die die erforderlichen Zugkräfte aushalten, sind bereits auf dem Markt, kompensieren laut Michos aber nur Schwankungen bis zu 8 K.
Wie gut das neue System mit der Erwärmung fertig werden wird, kann die Forscherin noch nicht mit einer Maximalgeschwindigkeit belegen. Sie gibt einen Anhaltspunkt: „Im Vergleich zu herkömmlichen Kugelgewindetrieben mit Fest-Los-Lager lässt sich die biegekritische Drehzahl in unserem System um bis zu 40 % steigern.” Und sie geht davon aus, dass die neue Achse die Spindelgeschwindigkeiten, für die Hersteller heute zwischen 120 bis 200 m/min angeben, übertreffen wird.
Der Wettbewerb mit Linearmotoren ist beabsichtigt: Auch diese sind für lange Achsen in großen Maschinen interessant, wo Geschwindigkeit und Dynamik zählen. Um die Möglichkeiten der Direktantriebe auszureizen, sind aber konstruktive Änderungen in den Maschinenn erforderlich. „Wegen der mechatronischen Spanneinheit müsste sich der Konstrukteur hingegen überhaupt nicht umstellen”, hebt die Faps-Expertin hervor. „Hier wird nur ein Teil um das Lager herum eingebaut.” Interesse an diesem Ansatz belegen Anfragen, die beim Projektpartner, der Herzogenauracher Ina-Schaeffler KG, eingegangen sind. Trotzdem rufe die Idee, ein weiteres System mit komplexen Funktionen in die Maschine zu bringen, nicht überall Begeisterung hervor. Die Bedenken gehen in Richtung Inbetriebnahme und Wartung. Michos hält dagegen: „Damit sich der Maschinenbauer gar nicht um die Mechatronik kümmern muss, wollen wir die Spanneinheit automatisieren.” Ein weiterer Punkt: Um maximale Sicherheit zu erreichen, soll in das Lager ein Überwachungssystem integriert werden.
Noch arbeiten die Forscher an der intelligenten Achse. „Wir haben hydraulische und mechanische Möglichkeiten geplant, um die Spanneinheit zu gestalten”, erzählt Michos. Die Kosten wollen die Erlangener möglichst weit unter dem Preis für Linearmotoren halten. Interessenten aus der Werkzeugmaschinenbranche sind als zusätzliche Projektpartner willkommen.
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