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Flexibler Stromeinkauf spart Kosten

Vollversorgung ist mit Risiken behaftet
Flexibler Stromeinkauf spart Kosten

Ein Vollversorgungsvertrag ist nach der Meinung von Experten die risikoreichste Art des Stromeinkaufs. Für größere Unternehmen lohnt es sich, eine strukturierte Beschaffung mit Portfoliomanagement aufzubauen. Für kleinere Betriebe ist es besonders wichtig, den Markt genau zu beobachten.

Jürgen Clemens ist Fachredakteur in Bonn

Unternehmen, die ihre Stromkosten optimieren wollen, sollten sich über das Risiko bewusst sein, wenn sie ihre gesamte Jahresbezugsmenge bei den bislang üblichen Vollversorgungsverträgen zu einem einzigen Zeitpunkt kontrahieren. Wichtig ist es, den Markt genau zu beobachten. Bei mehreren Abschlüssen über das Jahr verteilt lässt sich das Preisrisiko beim Energiebezug zudem wesentlich reduzieren.
Diese Empfehlung gaben jetzt die Referenten der gemeinsamen Vortragsveranstaltung Energieeinkauf 2005 des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) und des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) auf der diesjährigen Fachmesse E-World Energy & Water in Essen.
„Ein Vollversorgungsvertrag ist heute nicht mehr, wie es viele Verbraucher immer noch verstehen, die risikoärmste Art des Stromeinkaufs, sondern an sich die risikoreichste“, erklärt Dr. Annette Loske, Referentin für Grundsatzfragen der Energiewirtschaft und Energiepolitik beim VIK, und betont: „Insofern sollten Unternehmen, wie bei einer Kapitalanlage, auch beim Energieeinkauf besonders vorsichtig sein, wenn sie alles auf eine Karte setzen, oder ihren Bezug entsprechend diversifizieren.“
Dr. Loske weist darauf hin, dass es im Strombereich durch die derzeit herrschenden Marktbedingungen nur relativ geringfügige Möglichkeiten gibt, durch den Stromeinkauf Optimierungspotenzial zu erschließen. Denn wesentliche Bestandteile des Abnehmerpreises seien nicht verhandelbar, argumentiert die Expertin.
So der Netzanteil am zu bezahlenden Strompreis, der einem festen Tarif für die Transportkosten des Stroms gleichkommt. Dieser wird von den Netzbetreibern veröffentlicht und differiert lediglich nach der jeweiligen Abnahmestruktur des Kunden. Auch die staatlichen Abgaben stehen im Prinzip fest. Sie unterscheiden sich für industrielle Verbraucher nur leicht, je nachdem ob ein Unternehmen unter bestimmte Härtefallkategorien fällt oder nicht.
„Der eigentliche Energiepreis ist heute im Grunde genommen auch unverhandelbar“, stellt Loske fest, weil die Großhandelspreise durchgängig als Maßstab bei der Preisbildung herangezogen werden. „Dies ist eine Folge der Liberalisierung des Marktes, in dem sich ein Preis für ein Produkt bildet. In Deutschland veröffentlicht zum einen die Strombörse einen jeweiligen Marktpreis. Daneben gibt es den bilateralen Handel, den so genannten OTC-Markt, dessen Preise sich von denen an der Börse aber nur geringfügig unterscheiden.“
Dies bedeutet für den Energiekunden: Ein großer Anteil der Stromkosten ist heutzutage nicht mehr größenabhängig. „Es ist egal, ob Sie 2000 oder 2 Millionen Kilowattstunden kaufen, der Preis am Markt ist pro Kilowattstunde definiert, darauf hat die Menge keinen Einfluss mehr“, verdeutlicht sie. In früheren Jahren hingegen konnten große Kunden – wie in anderen Märkten auch – beim Energiebezug Rabatte aushandeln. Das fällt heute weg.
Es gibt mehr oder weniger einen Marktpreis, der auf die Verbrauchsstruktur des Kunden angelegt wird. „Dieser Preis variiert allerdings mit der Zeit sehr deutlich, da sich der Großhandelsmarkt bewegt“, berichtet die VIK-Expertin. Daraus ergeben sich erhebliche Differenzen zwischen dem Minimal- und dem Maximalpreis in einem Jahr. Im vergangenen Jahr lag der Minimalpreis bei 4,75 Euro/MWh. Bei einem Maximalpreis von rund 35 Euro/MWh ist das immerhin knapp ein Siebtel.
Der vierte Anteil am Strompreis, die Marge, ist heute eigentlich das einzige verhandelbare Element. Allerdings macht die Marge etwa 1 – 3 % des Gesamtpreises aus, ist also sehr gering. In diesem Bereich könne sich der Bezugspreis bei verschiedenen Lieferanten durchaus unterscheiden, so Loske. Nach ihrer Ansicht muss die Strategie von Unternehmen vor diesem Hintergrund darin bestehen, die Spielräume bei der Marge sowie die oben genannten Einsparmöglichkeiten durch die Marktentwicklung von rund einem Siebtel für sich zu erschließen. „Dazu ist es entscheidend, den richtigen Zeitpunkt für den Einkauf zu finden“, weiß sie.
Dementsprechend haben unterdessen eine Reihe von Stromanbietern auch in ihre Vollversorgungsverträge die Möglichkeiten zu aufgesplitteten Kontrahierungszeitpunkten, etwa drei oder vier Mal im Jahr, eingearbeitet. Damit lassen sich die Nachteile der Vollversorgung etwas kompensieren. „Dies ist ein erster Schritt, nicht unbedingt zu einem besseren Strompreis, aber zu einem risikoärmeren Strombezug“, rät die Expertin. Die andere Strategie besteht darin, dass Unternehmen selbst auf dem Großhandelsmarkt aktiv werden und dort ihren Strombedarf decken – entweder über die Börse oder den OTC-Markt. Das bedeutet, eine strukturierte Beschaffung mit Portfoliomanagement aufzubauen.
Dies lohne sich aber erst ab einem Jahresbezug von 100 bis 200 GWh, betont Loske. Daher komme diese Strategie auch nicht als Alternative für kleinere Verbraucher in Betracht. Die VIK-Expertin empfiehlt solchen kleineren und mittleren Unternehmen jedoch, die Risiken der Vollversorgung angemessen zu beurteilen und auf eine gute Marktbeobachtung zu bauen.
Großer Teil der Stromkosten ist nicht mehr größenabhängig
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