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Forscher bieten Eignungstest für Automatisierer an

Montage: Wo lohnt sich der Einsatz von Maschinen?
Forscher bieten Eignungstest für Automatisierer an

Forscher bieten Eignungstest für Automatisierer an
Ob bestehende Anlage oder Planungsphase: Die Software aus dem IPA analysiert und bewertet die komplexen Zusammenhänge in der Automatisierung (Bild: Stäubli)
Systematisch, mit fundierter Datenbasis und relativ schnell entscheidet ein Software-Tool, ob und wo sich Automatisierung in einem Prozess lohnt. Forscher vom Stuttgarter Fraunhofer IPA haben die Methode entwickelt und bereits erprobt.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann – birgit.oppermann@konradin.de

Detailfragen zur Automatisierung lassen sich manchmal recht einfach beantworten: Natürlich lohnt es sich nicht, eine Sondermaschine bauen zu lassen, um dem Mitarbeiter das Fügen in einem schwer zugänglichen Bauteil-Winkel aus der Hand zu nehmen. Meist sind die Entscheidungen aber kniffliger, und in diesen Fällen hilft ein Software-Tool, das Forscher am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) entwickelt haben. Auch bei komplexen Anlagen reduziert es das ganze Für und Wider auf eine einzige Zahl: den Automatisierung-Eignungsgrad (AEG). Liegt er über 1, haben die Maschinen gute Karten, weitere Aufgaben zu übernehmen. Alle Werte darunter weisen darauf hin, dass stärkere Automatisierung die Herstellkosten für das betrachtete Produkt nicht senken wird.
Der Vorteil, den das Tool für den Planer bringt, liegt auf der Hand. Seine Entscheidung lässt sich jederzeit nachvollziehen, da sie auf objektiven und systematischen Analysen beruht. An einigen Beispielen, die hauptsächlich aus dem Bereich der Elektrogeräte kamen, hat das Tool seine Praxistauglichkeit bereits unter Beweis gestellt. „Die Art der Montageanlage oder des Produktes spielt für die Analyse aber überhaupt keine Rolle“, hebt Jochen Spingler hervor, der die Gruppe Montagesysteme am IPA leitet und das Programm mit entwickelt hat. „Da wir den Prozess in Einzelschritte untergliedern, funktioniert das Prinzip unabhängig davon, ob wir es mit einem zehn Kilogramm schweren Werkstück oder einem Mini-Bauteil zu tun haben.“
Für die systematische Analyse braucht die Software zunächst eine Reihe von Daten über die manuellen Prozesse, die nach den verwendeten Techniken klassifiziert werden, sowie über den Einfluss, den die einzelnen Arbeitsschritte auf die Wirtschaftlichkeit haben.
In den bisherigen Projekten haben die Forscher diese Informationen an der bestehenden Anlage aufgenommen. Sie haben die Fähigkeiten der Mitarbeiter genauso berücksichtigt wie die Eigenschaften der Werkstücke, des Prozesses und die Zuführung des Materials. Sind die Werkstücke beispielsweise biegeschlaffe Kabel? Die kann ein Mensch gut greifen – wer den Vorgang automatisieren will, müsste allerdings spezielle Vorrichtungen einsetzen. Gibt es schwer zugängliche Stellen am Werkstück? Welche Toleranzen sind beim Fügen zu beachten? Wird das Material bisher so zugeführt, dass sich das Verfahren prinzipiell für eine Automatisierung eignet, oder müsste dafür der ganze Ablauf im Betrieb umgekrempelt werden?
Die meisten dieser Fragen sind mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“ nicht genau genug beantwortet. Daher bewerten die Wissenschaftler jede Angabe anhand einer definierten Skala, und in den weiteren Berechnungen wird der entsprechende Wert verwendet. Ihn gewichtet die Software je nachdem, wie stark sich ein Faktor auf die Automatisierung auswirkt – an dieser Stelle fließt die Erfahrung der Wissenschaftler in das Programm ein. Schließlich gibt der Rechner als Ergebnis den Eignungsgrad aus, der für jeden einzelnen Montagevorgang abgerufen werden kann und prinzipiell für eine manuelle oder eine maschinelle Lösung spricht.
Software berechnet, ab wann sich die Investition lohnt
Dieses Entscheidungsverfahren eignet sich nach Auskunft der Wissenschaftler auch für die Planungsphase und liefert schon früh eine Antwort auf die berechtigte Frage nach den Kosten – zumindest als grobe Schätzung. Denn für Prinziplösungen haben die Stuttgarter die zu erwartenden Investitionskosten in einer Datenbank hinterlegt. Auf diese greift die Software zurück und berechnet, was ein Unternehmen für die Automatisierung einer Arbeitsstation oder eines Teilschrittes investieren müsste. Wenn Daten für die Kostenstruktur des Unternehmens vorliegen, wird sogar ein Blick in die Zukunft möglich: Aus neuen Taktzeiten und frei werdender Kapazität der Mitarbeiter lässt sich vorhersagen, wann sich die Ausgaben amortisieren.
Bei den bisher betrachteten Projekten hätte es in den Fällen, in denen das Programm für eine Automatisierung sprach, zwischen einem und drei Jahren gedauert, bis sich die Umstellung gelohnt hätte. Die Stuttgarter sehen jedoch eine Dauer von maximal zwei Jahren bis zum Return on Investment als sinnvoll an.
Ihre Erfahrungen haben die Entwickler in einer mehrjährigen Praxis mit ähnlichen Analysen erworben. „Potenzialanalysen bieten wir schon länger als Dienstleistung an“, berichtet Spingler. Mit dem neuen Tool für die Automatisierung haben die Wissenschaftler nun ihr Service-Spektrum in dem Bereich Montage und Handhabung erweitert und beraten Interessenten aus den verschiedensten Branchen. Wie schnell sie eine Bewertung vorlegen können, hängt von der Komplexität der Anlage ab. „Realistisch sind Zeiträume zwischen zwei und acht Wochen“, schätzt Spingler. Das Programm liefert dann zwar keine konkreten Handlungsvorschläge, aber wichtige Anhaltspunkte, wo es etwas zu verbessern gibt. Und der Projektleiter betont: „Die Beratung übernehmen immer noch wir.“
Dass die Ergebnisse der Automatisierungspotenzialanalyse so gut nachvollziehbar sind, haben die bisherigen Auftraggeber seinen Angaben zufolge besonders gelobt – und die meisten waren Mittelständler.
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