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Fototermin fürs Cockpit

Robot-Vision: Automatische Bauteilprüfung bei Johnson Controls
Fototermin fürs Cockpit

Beim Automobilzulieferer Johnson Controls wird die Qualität von Cockpits automatisch sichergestellt. Ein Roboter bewegt die komplexen Bauteile in das Blickfeld von 8 Kameras, die in wenigen Sekunden rund 70 Merkmale überprüfen.

Die meisten Automobilhersteller lassen ihre Interieurbauteile von Zulieferern produzieren, um die Qualität zu steigern und die Kosten zu senken. Die Johnson Controls GmbH ist eines der führenden Unternehmen in der automobilen Innenausstattung und Elektronik. Am Standort Lüneburg werden Cockpits und Innenverkleidungen für Türen gefertigt. Die Bauteile liefert Johnson Controls direkt an das Band der Autobauer. Das setzt voraus, dass die Produkte das Lüneburger Werk fehlerfrei verlassen. Um den Erwartungen der Kunden immer einen Schritt voraus zu bleiben, verbessert Johnson Controls kontinuierlich die Produktqualität und feilt an der Qualitätssicherung.

Bei Cockpits werden die Anforderungen an Sicherheit und Qualität immer höher geschraubt. Das hat dazu geführt, dass viele qualitätsrelevante Details, die auch für die Weiterverarbeitung wichtig sind, vor der Auslieferung geprüft werden müssen. Hierzu zählen Clipse, Federhalter, Anbauteile und Baugruppen. Aber auch die Nieten speziell im Airbagbereich müssen vor der Auslieferung gecheckt werden. Die Prüfung umfasst rund 70 wechselnde Merkmale. Diese Zahl wird durch die beiden Varianten „Linkslenker“ und „Rechtslenker“ noch erhöht.
In der Vergangenheit wurde ein Großteil der Merkmale manuell durch Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb überprüft. Um diesen Vorgang zu automatisieren, brauchten die Lüneburger ein flexibles und erweiterbares System für eine kontinuierliche Hundertprozent-Prüfung, das außerdem alle Checks dokumentiert. Auch verschiedene Farbkombinationen und Oberflächen muss das System verarbeiten können, denn eine Vorgabe des Typs und der Farbe ist nicht möglich. Eine weitere Anforderung war, dass fehlerhafte Cockpits in eine Nacharbeitsstation ausgeschleust werden und dass dem Mitarbeiter klar angezeigt wird, an welcher Stelle welcher Fehler vorliegt.
Eine taktile Lösung kam nicht in Betracht, weil die Merkmale auf dem Bauteil teilweise schwer erreichbar sind. Mechanische Systeme sind zudem nicht flexibel genug und lassen sich nicht ohne weiteres einem erweiterten Prüfumfang anpassen. Gelöst wurde die Aufgabe mit Hilfe der industriellen Bildverarbeitung. Die VMT Bildverarbeitungssysteme GmbH mit Hauptsitz in Weinheim und die Dieffenbacher Automation GmbH aus Seevetal bei Hamburg entwickelten in enger Zusammenarbeit ein passendes Konzept.
Zum Einsatz kam das Visionsystem VMT IS in Mehrkameraversion, das mit zusätzlichen Bildverarbeitungs-Komponenten der Stemmer Imaging GmbH und einem ABB-Roboter ergänzt wurde. Komplettiert wird die Prüfzelle durch zwei Bänder. Das erste Band führt die fehlerfreien Cockpits dem weiteren Produktionsprozess zu, das zweite Band transportiert fehlerhafte Cockpits an einen Nacharbeitsplatz.
„Komponenten wie Kameras, Objektive und Bilderfassungs-Karten beziehen wir von Stemmer“, berichtet VMT-Geschäftsführer Harald Mikeska. „Und mit der Basis-Software des gleichen Partners ergänzen wir unsere eigenen Programm-Tools.“ Stemmer Imaging mit Sitz in Puchheim bei München ist ein Vertriebshaus für Vision-Komponenten und Entwickler des universellen Software-Pakets „Common-Vision-Blox“ mit den zugehörigen Werkzeugen.
Der neu geschaffene Arbeitsablauf bei Johnson Controls funktioniert schrittweise. Zunächst legt der Mitarbeiter das Cockpit in einer Aufnahme ab und startet den Prozess. Das Bauteil wird vom Roboter gegriffen und den acht Kameras, die in der Prüfzelle montiert sind, in fünf Positionen präsentiert. Die Zahl der Kameras war notwendig, da in einer kurzen Zykluszeit zwischen 60 und 70 Prüfungen durchgeführt werden müssen.
Im ersten Schritt wird der Cockpit-Typ identifiziert und die zugeordnete Prüfung gestartet. Danach werden die Merkmale in fünf Roboterpositionen gecheckt. Ist die jeweilige Position erreicht, startet der Roboter eine Teilmessung über die Profibus-Schnittstelle und erhält unmittelbar danach das Signal zur Weiterfahrt. In jeder Position erfasst das Bildverarbeitungssystem von VMT mehrere Merkmale gleichzeitig und wertet sie aus. Die Merkmale befinden sich dabei an allen Seiten des Cockpits. Ist die letzte Position geprüft, übergibt das System den gesamten Mess-Status an die Roboter-Steuerung. Die komplette Auswertung eines Cockpits dauert inklusive der Roboterbewegung rund 8 s.
Im Fehlerfall wird das Cockpit dem Nacharbeitsband zugeführt. Gleichzeitig werden dem Werker auf einer Großbildanzeige die Fehlerpositionen an einem „digitalen“ Cockpit präsentiert.
Johnson Controls hat mit der neuen Anlage bislang positive Erfahrungen gesammelt. Vor allem die einfache und intuitive Bedienung des Vision-Systems ist für Herfried Winkenwerder ein entscheidender Punkt: „Bereits nach zwei Tagen Schulung konnten die Mitarbeiter mit dem System arbeiten und selbstständig neue Merkmale anlegen“, umschreibt der Projektleiter von Johnson Controls seine Eindrücke. Erfreulich sei auch, dass sich die im Vorfeld kalkulierten Kosteneinsparungen bestätigt haben.
Andreas Tarnoki, Leiter Niederlassung Nord, VMT GmbH in Weinheim

Einrichten ohne Programmieren
Das Herz des Prüfsystems bei Johnson Controls ist die Bildverarbeitungs-Software von VMT. Das Produkt ist mittlerweile bei rund 500 Anwendern in der Automobil- und Zuliefererbranche im Einsatz und wurde über Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Großen Wert legten die Vision-Spezialisten aus Weinheim stets auf die Bedienerführung. Jeder Anwender sollte bereits nach wenigen Tagen in der Lage sein, Prüfungen eigenständig durchzuführen. Die Einrichtung des Systems erfolgt komplett über eine grafische Oberfläche ohne Programmierung. Dabei macht es für den Nutzer keinen Unterschied, ob er zum Beispiel eine Robotersichtführung oder eine Vollständigkeitsprüfung anlegen muss. Die prinzipielle Vorgehensweise bleibt immer die gleiche.
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