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Frische Luft statt Lösungsmittel-Dämpfe

Rommel betreibt vorbildliches Umweltmanagement
Frische Luft statt Lösungsmittel-Dämpfe

Die Gesundheit der Angestellten und eine umweltschonende Produktion haben bei einem schwäbischen Drehteile-Hersteller absolute Priorität.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger – uwe.boettger@konradin.de

Aam Freitag nach der Mittagspause treffen sich die acht Mitarbeiter der Rommel GmbH mit ihrem Chef und reden über Umweltschutz, mindestens eine halbe Stunde. Bei diesem Qualitätszirkel, wie ihn Geschäftsführer Thomas Rommel nennt, wird nicht nur über aktuelle, umwelttechnische Schwierigkeiten im Betrieb diskutiert. Auch private Entsorgungsprobleme der Angestellten dürfen und sollen auf den Tisch. „Es kann nicht sein, dass bei meinen Mitarbeitern der Umweltgedanke erlischt, wenn sie das Firmengelände verlassen“, stellt Rommel klar.
Die regelmäßigen Gespräche sind für Manager Rommel ein unerschöpflicher Fundus für neue Ideen, Sichtweisen und Lösungsansätze. In den Diskussionen werden immer wieder Probleme und Verbesserungspotenziale sichtbar, die vorher keinem so richtig bewusst waren. Was in großen Unternehmen oft als „kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ theoretisiert wird, setzt der schwäbische Hersteller von Präzisionsdrehteilen jeden Freitag in die Tat um.
Soviel Einsatz wird belohnt. Ende letzten Jahres bekam die Rommel GmbH ein Zertifikat nach DIN EN ISO 14001. Das Dokument bescheinigt dem Unternehmen aus Gemmrigheim den Aufbau eines Umweltmanagementsystems, das sich in der Praxis bewährt. Im Vergleich zu den meisten anderen Betrieben ging Thomas Rommel einen Schritt weiter. Er beschrieb seine Umwelt-aktivitäten detaillierter und machte sie öffentlich. Jeder kann heute im Internet nachschauen, was die Rommel GmbH an Drehteilen produziert, wieviel Späne-Abfall entsteht und wie das Unternehmen mit Schmier- und Hydraulikölen umgeht. Alles ist bis ins Detail aufgeschlüsselt.
Für diese Anstrengung gab es zusätzlich eine Validierungsurkunde nach der Öko-Audit-Verordnung EMAS 2. Darin ist festgehalten, dass der schwäbische Drehteile-Produzent „zur kontinuierlichen Verbesserung der Umweltleistung ein Umweltmanagement-System nach EG-Verordnung anwendet“. Die Rommel GmbH ist der einzige Drehteile-Hersteller im Landkreis Ludwigsburg, der die Auflagen von EMAS 2 erfüllt. Es gibt noch einen zweiten Kleinbetrieb in der Nähe von Marbach am Neckar, der das ebenfalls geschafft hat. „Aber der stellt Zahnräder her“, so Rommel.
Auslöser für soviel Engagement war ein Vortrag im Haus der Wirtschaft in Stuttgart, den Thomas Rommel 1996 besuchte. Darin beschrieb der Junior-Chef eines Pforzheimer Galvanik-Betriebes, wie modifizierte Prozesse in seiner Firma dazu führten, dass mit einer Chemikalie das gleiche Ergebnis erzielt werden konnte wie zuvor mit fünf. Nicht nur die Umwelt, auch die Mitarbeiter und Anwohner waren dadurch mit weit weniger Giftstoffen belastet als zuvor. „Das hat mich begeistert“, erinnert sich Rommel. „Schließlich haben wir auch mit Galvanik zu tun. Und wenn die das geschafft haben, dann müssten wir das eigentlich auch packen.“
Rommel führte in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer in seinem Unternehmen einen so genannten Umweltcheck durch. Aus dem konnte er ersehen, wo man was tun konnte und welche Aktivitäten vorrangig zu behandeln waren.
Absolute Prioriät bei den „umweltrelevanten Daten“ – so der Fachjargon – hat das Abfallaufkommen. Thomas Rommel ist es wichtig, Abfall zu vermeiden und konsequent zu trennen. Die Entsorgungsfrage stellt sich ihm erst hinterher.
Speziell bei der Späneaufbereitung hat Rommel eine negative Erfahrung hinter sich. Die Aufgabe war das Entölen der Metallabfälle bei gleichzeitiger Volumenreduzierung. „Wir hatten zuerst ein System aus dem Holzentsorgungsbereich ausprobiert“, berichtet Rommel. „Mit der Maschine wollten wir unsere Abfälle pressen.“ Dem Firmen-Chef war klar, dass sich Metall und Holz nicht vergleichen lassen, doch diverse Versuche im Vorfeld waren vielversprechend. Rommel: „Ich habe die Maschine mit einem guten Gefühl bestellt.“
Umso größer war die Enttäuschung, als im Laufe der Erprobungsphase unter Serienbedingungen die Presswerkzeuge regelmäßig zu Schrott gingen. Die Gemmrigheimer mussten Drücke bis 50 t fahren, damit das Öl beim Pressen abgeschieden wurde. Das war zuviel für eine Maschine, die ursprünglich für Holz konzipiert war und lediglich auf die Anforderungen im Metallbereich umkonstruiert wurde.
Inzwischen hat Rommel eine professionelle Späne-Entsorgungsanlage in Betrieb genommen. Sie zerkleinert im ersten Schritt den Abfall mit einem Schneidwerk und reduziert dann das Volumen auf ein Fünftel bis ein Sechstel. Die Gemmrigheimer verwenden teilweise Materialien, bei denen die Späne beim Drehen nicht brechen. So entstehen knäuelartige, großvolumige Abfälle, die von der Struktur an Holzwolle erinnern. Rommel: „Vom In-halt eines Abfall-Behälters, der 100 Liter fasst, bleibt ein Häuflein von 10 bis 20 Litern übrig.“ Nach dem Zerkleinern kommt der Rest in den Schleudergang, wo das Öl mit Zentrifugalkraft herausgetrieben wird. Rommel: „Unsere Abfälle haben einen Restöl-Gehalt von drei Prozent. Laut Gesetzgeber sind fünf Prozent zulässig.“
Auch bei der Teilereinigung stehen grundlegende Änderung an. Die Tage der offenen Anlage für diese Anwendung sind bei Rommel gezählt. Im Spätsommer sollen die offenen Behälter durch eine gekapselte An-lage ersetzt werden. Die Maschine, deren Bauzeit sechs Monate beträgt, ist bereits bestellt. Dann gehören wabernde Lösungsmittel-Dämpfe in der Fertigungshalle der Vergangenheit an. Rommel: „Die zu reinigenden Teile kommen in die Maschine, das Ganze wird luftdicht verriegelt. Dann erfolgt die Reinigung, ohne dass irgendwas austreten kann.“
Die Maschine kostete Thomas Rommel 130 000 Euro. Für einen Kleinbetrieb ist das viel, zumal die Anlage auf den ersten Blick nicht produktiv ist. Trotzdem verspricht sich der Geschäftsführer einiges von der Neuanschaffung: Umwelt und Mitarbeiter werden nicht weiterhin belastet, dem Kunden können bessere Teile angeboten werden, weil die Reinigung professioneller ist und zudem ist das Abfall-Problem gelöst. Mit der alten Anlage brauchten die Schwaben bis zu 3000 l Reinigungsmittel pro Jahr. Bei der neuen Anlage ist der Verbrauch gleich Null, da das Reinigungsmittel in einem internen Kreislauf destilliert und wieder verwendet werden kann. Einmal im Jahr kommt der Hersteller vorbei und tauscht das Lösungsmittel komplett aus.
Thomas Rommel weiß, wie wichtig saubere Luft in der Halle ist. Er hat selbst lange Zeit in der Fertigung gearbeitet, fast zehn Jahre. „Da schwebt was in der Luft und man weiß, das ist auf Dauer nicht gut“, ist er sich heute sicher. Mit seinen Mitarbeitern redet er Tacheles: „Ich will nicht, dass ihr 30 Jahre bei mir arbeitet, in Rente geht und krank werdet. Und dann heißt es: Beim Rommel sind wir krank geworden. Das kann nicht sein.“
Auch vor Lärm will Thomas Rommel seine Mit-arbeiter optimal schützen – aber nicht mit dem üb-lichen Gehörschutz wie Wachs oder Watte. Von jedem Arbeiter ließ er einen Abdruck der Ohren machen und dann ein Gehörschutz aus Plastik anpassen. Das Besondere an den High-Tech-Stöpseln: Nur schädliche Frequenzen werden herausge-filtert, eine Unterhaltung ist weiterhin möglich.
Die Belegschaft empfand den Gehörschutz am Anfang störend und „im Grunde unnötig“. Aber nur so lange, bis der Chef einen Arzt mit in die Firma brachte. Mit Tonbandaufnahmen demonstrierte der Mediziner den erschrockenen Mitarbeitern, was sie mit 60 Jahren noch hören, wenn sie weiterhin ohne Gehörschutz arbeiten.
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