Startseite » Allgemein »

Frühzeitig Metallteile mit Serienqualität produzieren

Schulungscenter weist in das Rapid Prototyping (RP) ein
Frühzeitig Metallteile mit Serienqualität produzieren

Vakuumguss und Metal Part Casting sind zwei Verfahren, die schnell Prototypen mit Serieneigenschaften liefern. Das zeigt ein Rundgang im Schulungs- und Democenter des Anbieters MCP HEK

Von unserem Redaktionsmitglied Norbert Berger

Nur wenige Kilometer von Düsseldorf entfernt befindet sich in Kaarst das Schulungs- und Demo-Zentrum der MCP HEK GmbH. Im letzten Jahr konnten sich 289 Gruppen von Kunden mit bis zu fünf Personen einen Eindruck von den RP-Technologien verschaffen. Auf einer Fläche von 1000 m² erhalten die Besucher die Gelegenheit, Rapid Protoyping und Rapid Manufacturing kennen zu lernen.
Die meisten Interessenten, so versichert der Marketing- und Verkaufsleiter Ronald Simmonds, „lassen uns Benchmark-Tests durchführen und überprüfen anhand der Qualität, ob das Verfahren etwas für sie ist“. Alle Besucher erhalten sowohl einen Einblick in die Vakuumgieß- als auch in die Metallgieß-Technik.
Das Vakuumgießen ist ein erprobter Prozess, der beachtliche Ergebnisse aufzuweisen hat. „Veränderungen erfährt das Verfahren vorrangig durch die Entwicklung neuer Werkstoffe“, erklärt Heiner Frohn, Anwendungstechniker der Rheinländer. Derzeit stehen etwa 30 verschiedene Vakuumgieß-Harze zur Verfügung, die in unterschiedlichen Mischungen nahe an die Serieneigenschaften von Kunststoffen heranreichen. Weiche und harte Vakuumabgüsse mit Anforderungen wie UV-Stabilität, Transparenz oder Lebensmittelechtheit – alle Varianten sind realisierbar.
Silikon bildet die Oberfläche des Urmodells genau ab
Dazu wird ein Urmodell, egal ob Kunststoff, Stereolithographie-Muster, Aluminium oder Holz mit Silikon blasenfrei unter Vakuum abgeformt. Nach dem Trennen der Form lässt sich das Zweikomponenten-Gießharz eingießen. Die Aushärtungszeit beträgt zwischen 15 min und 1h. Mit einer Silikonform können nach Ansicht der Kaarster 25 bis 50 Teile abgebildet werden. „Dabei ist von Vorteil, dass Silikon die Oberfläche des Urmodells genau übernimmt und auf den Abguss überträgt“, teilt Frohn mit.
In Bezug auf die Maßgenauigkeit erreicht das Verfahren Werte ±1/10 mm. Vorteilhaft erweist sich, dass auch sehr komplexe Formen realisierbar sind und Hinterschnitte kein Problem darstellen. Die Gäste können sich anhand der Ausstellungsstücke davon überzeugen.
Während diese Technologie in der Industrie etabliert ist und seriennahe Teile hervorbringt, stehen die Kaarster beim Metallguss noch am Anfang. Seit etwa eineinhalb Jahren lassen sich bei MCP HEK die RP-Teile mit Originalmaterial herstellen. So erläutert Simmonds: „In die Köpfe der Konstrukteure muss erst einmal hinein, dass Metallteile genauso schnell hergestellt werden können wie Kunststoffteile. Und das in Serienqualität.“ Auf diese Weise wird die innovative Produktentwicklung beim Anwender gefördert: Werkzeugformen lassen sich nach dem Fertigstellen nicht mehr ändern, eine neue Form kostet viel Geld und Zeit. „Dagegen können Entwickler mit unserer Technik schon im frühen Produktstadium Teile in der Hand halten, die bereits Serienqualität haben. Änderungen lassen sich schnell und kostengünstig durchführen“, betont er.
Auch bei diesem „Metal Part Casting“ genannten Verfahren steht wie beim Vakuumgießen das Urmodell zu Beginn der Verfahrensschritte. Über die Silikonform erhält der Anwender einen Wachsabguss für den nachfolgenden Prozess. Die Wachsmodelle werden am sogenannten Wachsbaum befestigt und unter Vakuum blasenfrei mit Gips ummantelt. Nach dem Trocknen wird bei etwa 700 °C das Wachs wieder ausgebrannt. So entsteht eine Gießform, die zunächst auf Gießtemperatur abgekühlt wird. Das zu vergießende Metall wird induktiv erwärmt und erneut unter Vakuum in die Gipsform abgegossen. Das Ergebnis ist der Abguss des gewünschten Teils, aber noch mit Gips ummantelt.
Das Abstrahlen des wasserlöslichen Gips mit einem Druck von 90 bar beendet die Bauteilherstellung. Das fertige Modell besitzt eine gute Feingussqualität, wie eine Untersuchung der Esslinger Festo AG ergab. Es konnten außer vereinzelten Poren-Agglomeraten keine markanten Mängel oder Nachteile festgestellt werden, so der Bericht. Im Bauteil wurden Wanddichten bis 0,4 mm und Radien ab 0,04 mm verwirklicht. Bei dem überprüften Werkstoff handelt es sich um eine Al-Si-Legierung mit 11-14 % Silizium.
Die gesamte Maschinenausstattung für den Metallguss (vier Geräte) findet in einem Raum von 50 m² Platz. Alternativ zum Wachs als verlorene Form mit dem Verfahrensschritt über die Silikonform lassen sich Wachsteile auch auf andere Weise herstellen. Der Thermojet der Darmstädter 3D Systems GmbH liefert ebenfalls ein Wachsteil, das rückstandslos verbrennt. „Von großem Vorteil ist hier die schnelle Verfügbarkeit der Modelle aus dem Thermojet“, erklärt Frohn.
Ebenfalls ohne Silikonform und trotzdem kein Wachs – auch diese Variante ist möglich. Ein Beispiel ist der Einsatz von sogenannten Quick-Cast-Modellen. Der Werkstoff von 3D Systems eignet sich genau wie Polystyrol als verlorenes Modell. Letztere verwenden die Lasersinteranlagen der EOS GmbH, Planegg, und DTM GmbH in Hilden. Die Oberfläche ist weniger problematisch als beim Thermojet nachzubearbeiten, jedoch finden sich geringe Rückstände im fertigen Gussteil. Eine Tatsache, die Frohn so kommentiert: „Je nach Anforderung stellt dies aber absolut keinen Nachteil dar. Es kommt darauf an, was der Kunde mit dem Teil anstellen will.“
Auch in Bezug auf Rapid Tooling hat MCP HEK einiges zu zeigen. Der Anwender erfährt in Live-Präsentationen Vieles zu den Neuentwicklungen der Kaarster. In einem Fall stellen sie mit nur einem vorhandenen Datensatz eine Spritzgussform in kurzer Zeit her. Ausgehend von den STL-Files, werden die Formkavitäten auf dem Thermojet produziert. Dem Finishen folgt der Abguss aller vorhandenen Kavitäten. Diese Aluminium-Formen werden mit einer niedrig schmelzenden und recycelbaren Legierung hinterfüllt. „Auf diese Weise entsteht eine Form für Spritzgussmaschinen in nur drei Tagen – einfach rapid eben“, merkt Frohn stolz an.
Ein anderes Beispiel umfasst EP 250, ein Toolingharz für die schnelle Herstellung von Spritzgussformen. Bei dem Werkstoff handelt es sich um ein Zweikomponentenharz mit 80 % Aluminium. Notwendig ist hier wieder ein Urmodell, das am ersten Tag von der einen, am zweiten Tag von der anderen Seite unter Vakuum umgossen wird. Am dritten Tag erfolgt die Wärmebehandlung im Ofen, und nach der Fertigbearbeitung ist die Endform einsatzfähig. Sie hält eine Dauergebrauchstemperatur von 250 °C aus. Mit dem Werkzeug lassen sich je nach Spritzwerkstoff zwischen 500 und 5000 Teile herstellen.
Als letztes Beispiel zeigen die Rheinländer den Gästen die Entwicklung von Elektroden für das Senkerodieren von Formen. Dazu wird Kupfer im zuvor beschriebenen Metal Part Casting-Verfahren in eine Form gegossen.
Der Besuch endet in Kaarst jedoch nicht ohne die ehrlichen Worte von Heiner Frohn: „In einigen Fällen, zum Beispiel komplizierte Formen, ist das Fräsen aus dem Vollen aber günstiger. Es sollte nicht aus den Augen verloren werden.“
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de