Herr Draxler, wie kommt ein Kompressorenhersteller wie Burkhardt Compression auf die Idee, eine Industrial-Metaverse-Lösung zu entwickeln?
Wir haben uns bereits 2019 damit beschäftigt, wie wir unsere Mitarbeiter effizienter einsetzen können und wie sich etwa Service-Arbeiten optimieren lassen. Dann kam Covid und dies hat eine Menge verändert. Vor der Pandemie gab es bei vielen Kunden noch Bedenken in Bezug auf virtuelle Lösungen. Aber danach hat sich diese Denkweise um 180 Grad gedreht. Dann kamen viele Kunden auf uns zu und haben speziell nach Lösungen für Anlagen gefragt, bei denen die Anreise eines Service-Technikers sehr aufwändig ist.
Und wie kommt das Metaverse jetzt bei Ihren Kunden an?
Wir führen die Lösung gerade bei einem ersten Kunden ein – einer Reederei. Unsere Kompressoren sind auf den Schiffen im Einsatz und werden mit Hilfe der Metaverse-Technologie gewartet. Wir haben den Mitarbeitenden dort erklärt, wie das System funktioniert und welchen Nutzen es hat. Dadurch war die Begeisterung relativ schnell da. Denn es ist sehr einfach mit der Technologie zu arbeiten und der Mehraufwand ist sehr gering. Und das Unternehmen profitiert davon, dass die Prozesse sauber dokumentiert sind. Hinzu kommt, dass wir keine Reisezeit für unsere Service-Techniker berechnen müssen.
Häufig scheitert der Remote-Zugriff auf Maschinen oder Anlagen beim Kunden daran, dass die Unternehmen Probleme damit haben, den Dienstleistern oder Maschinenbauern den Zugriff auf ihre Daten zu erlauben. Wie lösen Sie diese Herausforderung?
Dafür verfolgen wir einen ganz einfachen Ansatz: Wir sprechen nur über Data Co-Ownership. Das heißt, wir speichern Daten, dürfen diese aber nur anonymisiert verwerten. Das ist vertraglich festgelegt. Die Kunden befürchten ja meistens nur, dass aus ihren Daten Rückschlüsse gezogen werden könnten. Und wir sorgen durch die Anonymisierung dafür, dass dies nicht geschieht. Die Ursprungsdaten sind immer rechtlich geschützt.
Gab es denn bestimmte Herausforderungen, die Burckhardt Compression überwinden musste, um eine Metaverse-Lösung bereit stellen zu können?
Wir sind ein Maschinenbauunternehmen. Aber wenn man sich mit so etwas wie dem Metaverse beschäftigt, dann muss man wie eine Softwarefirma ticken. Das heißt, man muss zum Beispiel in Versionierungen denken und sich sagen: „Zuerst kommt Version eins, dann Version zwei mit neuen Funktionen, anschließend Version drei mit weiteren Features und so weiter“. Maschinenbau-Ingenieure denken aber anders. Die möchten am liebsten gleich alles in Version eins haben. Das würde natürlich die Entwicklung bremsen, weil man ständig neue coole Ideen hat und die Software nie fertig werden würde.
Für welche Branchen oder Unternehmen ist denn das Industrial Metaverse sinnvoll?
Die Industrien, die darunter leiden, dass sie lange warten müssen, bis ein Techniker vor Ort ist, werden die Technologie am schnellsten adaptieren. Ich denke da zum Beispiel an Standorte, bei denen es sehr schwierig ist, ein Visum zu erhalten oder die nur mit sehr viel Aufwand erreicht werden können – wie zum Beispiel ein Tanker auf dem Ozean. Für das Metaverse gibt es keine geographischen Grenzen. Man muss kein Visum beantragen und braucht keine Flugtickets. Sondern man loggt sich einfach ins System ein und kann in der virtuellen Umgebung mit anderen zusammenarbeiten. Aber die Virtualisierung wird langfristig fast überall stattfinden. Vor allem dort, wo Arbeitskräfte knapp sind. Wir haben den Vorteil, dass wir schon jetzt eine konkrete Lösung vorweisen können. Und das Interesse daran ist sehr groß.
Das Metaverse im Video
Wie das Metaverse bei Burckhardt Compression aussieht und wie das Unternehmen die virtuelle Technologie nutzt, zeigt PTC in einem Video.