Präzise gefertigte Gleitlager sind in der Regel kostengünstiger als Kugellager. In manchen Anwendungen leisten sie jedoch mindestens genauso viel, wie Tests an Gerätelüftern zeigen. Und sie bieten über die gesamte Lebensdauer einen leisen Lauf.
Dr.-Ing. Siegfried Harmsen ist Entwicklungsleiter i. R. der EBM-Papst GmbH & Co. KG in St. Georgen Ellen-Christine Reiff ist Fachjournalistin in Stutensee
Gleitlager zeichnen sich durch extreme Laufruhe aus, die über die gesamte Lebensdauer erhalten bleibt. Solche Lager setzt beispielsweise die EBM-Papst GmbH & Co. KG, St. Georgen, in Gerätelüftern ein. Die Lebenserwartung dieser Lüfterlager ist hoch und mit der von Kugellager-Ausführungen vergleichbar: In Dauerversuchen ergaben sich Lebenserwartungen von bis zu 60 000 h. Bei solchen Tests waren die Prüflinge in unterschiedlichen Lagen montiert und wurden teilweise sehr hohen Umgebungstemperaturen ausgesetzt.
Von der Qualität des Lagers hängen Lebensdauer und Laufruhe von Gerätelüftern ab. Weit verbreitet sind bei diesen Anwendungen wartungsfreie Rillenkugellager mit Deckscheiben, die üblicherweise als Paar angeordnet und durch eine Feder verspannt sind. Ihre Lebenserwartung liegt nach Berechnungen gemäß ISO 281 bei mehreren hunderttausend Betriebsstunden. Das ist jedoch Theorie. In der Praxis hängt die Lebenserwartung ausschließlich von der Auswahl des Schmierstoffes ab. Wie lange ein Kugellager hält, zeigen Dauerlauftests: Bei 40 °C Umgebungstemperatur sind etwa 100 000 Betriebsstunden (L10 nach DIN 622) ein typischer Wert für einen kugelgelagerten DC-Lüfter. Bei steigenden Temperaturen hingegen nimmt die Lebenserwartung ab. Bei 70 °C beträgt sie beispielsweise nur noch 50 000 h, denn die Schmierstoffe altern bei höheren Temperaturen schneller. Ihre prinzipbedingte Langlebigkeit können Kugellager daher bei Lüfteranwendungen kaum ausspielen.
Vor allem bei langsam laufenden Gerätelüftern kann die Entscheidung für Gleitlager laut Hersteller von Vorteil sein. Darüber hinaus kostet die Fertigung von Gleitlagern nur etwa die Hälfte der Herstellung von Kugellagern. Das wirkt sich auf den Geräteendpreis positiv aus.
Gleitlager: Aufbau und Funktion
Bei den Sintec-Kompaktlagern, die in Lüftern alternativ zu Kugellagern eingesetzt werden, handelt es sich um sogenannte Sinterlager. Sie werden aus Metallpulver gefertigt, das unter Druck in die gewünschte Form gepresst und bei hohen Temperaturen gesintert wird. Gegenüber massiven Gleitlagern bietet dieser Werkstoff einen Vorteil: Er ist porös. Das Porensystem nimmt etwa 15 bis 30 % des Lagerkörpers ein, wird mit Schmierstoff gefüllt und verbessert als zusätzliches Ölreservoir die Lagereigenschaften.
Sobald sich die Welle im Lager dreht, entstehen Druckdifferenzen, die den Schmierstoff in Bewegung setzen. Dabei baut sich zum engsten Lagerspalt hin ein Schmierkeil auf, der bei steigender Drehzahl einen hydrodynamischen Zustand herbeiführt: Welle und Lager berühren sich nicht mehr. Dieser Vorgang ist bei allen Gleitlagern gleich. Beim Sintec-Kompaktlager wird jedoch im Bereich des engsten Lagerspalts, wo der größte Öldruck herrscht, Schmierstoff in die Poren gedrückt. In den Bereichen mit niedrigerem Öldruck fließt dagegen Öl aus den Poren in den Lagerspalt. So bildet sich der Schmierfilm besonders schnell aus. Messungen haben ergeben, dass bei Sinterlagern schon etwa 0,02 s nach dem Anlauf der Ölfilm vorhanden war, gegenüber 0,1 s bei Massivlagern.
Damit Sinterlager ihre Vorzüge ausspielen können, müssen die Elemente sorgfältig aufeinander abgestimmt und gefertigt sein. Bei den Lüftern liegt das Lagerspiel beispielsweise bei nur 4 µm. Da der Schmierfilm in Sinterlagern nur wenige Mikrometer dick ist, darf auch die Oberflächenrauigkeit der Stahlwelle etwa 0,8 µm nicht überschreiten.
Teilen: